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Über jeden Verdacht erhaben

Über jeden Verdacht erhaben

Titel: Über jeden Verdacht erhaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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karierten Küchentuch aus Leinen und legte sie dann wieder in ihre Etuis zurück. Er nahm sie mit nach oben, legte sie auf den Schreibtisch und wählte eine Telefonnummer in London, die er in seinem Adreßbuch fand.
    Doch dann ging ihm auf, daß es in London jetzt schon nach sieben war und daß somit das letzte Detail des Aufräumens bis zum nächsten Morgen warten mußte.
    Er ging durch die Hintertür hinaus und schlenderte langsam zum Bootshaus hinunter. Er gab den Türcode ein und trat ein. Draußen lag immer noch Eis auf dem Wasser, grau, matschig, brüchig und nicht mehr zu betreten. Das leere Becken unten im Bootshaus war jedoch eisfrei. Das Ruderboot hing an seinen Stahlkabeln unter der Decke.
    Er fühlte sich innerlich immer noch rein , als er die Ausrüstung aus den soliden Stahlschränken nahm und sich langsam ankleidete. Sein Kopf leerte sich. Die Gedanken verschwanden gleichsam. Dann ging er automatisch die technische Prüfliste durch, während er sich die Ausrüstung anzog. Mit den Schwimmflossen in der Hand bestieg er das kleine Becken, setzte sich in das kalte Wasser, ließ sich sinken und kauerte sich wie ein Embryo zusammen, damit die letzte Luft aus dem Taucheranzug gepreßt wurde. Dann suchte er mit dem Kompaß die gewünschte Richtung und schwamm unter dem Eis mit ruhigen, gleichmäßigen Zügen in die Dunkelheit.
    Tony Fernandez war mitten in Marbella im Kofferraum seines eigenen Wagens aufgefunden worden, drei Kilometer von seiner erst vor kurzem bezogenen weißen Villa entfernt. Die Tatsache, daß er tot war, war für die spanischen Polizeibeamten nicht das aufsehenerregendste. Sie hatten schon geahnt, was sie finden würden, als sie mit ihren Werkzeugen den Kofferraum zu öffnen begannen, denn der Gestank war schwer zu ertragen gewesen.
    Der aufsehenerregendste erste Eindruck bestand darin, daß der Mann sein Geschlechtsteil im Mund hatte. Das war ein sehr spezielles lateinisches Signal: die übliche Strafe für den, der zuviel geredet hatte, was entweder an Südamerika oder Sizilien denken ließ.
    Seine schwedische Freundin brach schnell zusammen, als man sie vernahm, denn weder die Polizei noch der diensthabende Staatsanwalt sah irgendeinen offenkundigen gesetzlichen Grund dafür, daß sie sofort über sein Geld verfügen sollte. Sie hatte auf das schwedische Gesetz über zusammenwohnende unverheiratete Paare verwiesen und dabei den schwedischen Ausdruck für Lebensgefährte verwendet; doch da sambo im Spanischen eher so etwas wie ein Schimpfwort für Neger war, war den spanischen Beamten der juristische Inhalt ihrer Ansprüche höchst unklar.
    Erst da erklärte sie, Tony Fernandez sei Schwede und heiße eigentlich Pontus Tardell. Und aus diesem Grund müsse das schwedische Gesetz über zusammenwohnende Paare gelten.
    Nachdem die Nachforschungen über das Interpol-Netz angelaufen waren, trafen blitzschnell Informationen ein, da Pontus Tardell auf der Liste der zehn gesuchtesten Verbrecher in Europa stand. Er wurde des Mordes an einer schwedischen Frau verdächtigt – was angesichts ihres Vornamens, Teresia Maria Corazon Hamilton, ein lustiger Gedanke war – und deren minderjährigem Sohn Ian Carlos.
    Pontus Tardells Verlobte , wie die spanischen Polizisten die Frau schließlich bezeichneten, wurde umgehend festgenommen. Man teilte ihr mit, sie sei einer langen Reihe von Verbrechen verdächtig, die ihr juristisch fremd zu sein schienen, obwohl ihr durchaus klar war, worauf es hinauslief. Sie habe sich, so wurde ihr erklärt, zusammen mit einem gesuchten Verbrecher auf der Flucht vor dem Gesetz befunden, habe Geld ausgegeben, das durch Verbrechen erworben worden sei, habe den Einwanderungsbehörden absichtlich irreführende Angaben gemacht. Überdies habe sie sich in ihrem Heimatland eventuell der Beihilfe zum Mord schuldig gemacht, unter Umständen auch der Beseitigung ihres »Sambo«, da sie offenbar in dem Glauben gelebt habe, ohne weiteres über sein Geld verfügen zu können.
    In der regionalen Niederlassung der französischen Bank Crédit Lyonnais hatte Fernandez alias Tardell ein Konto, auf dem mehr als fünfzig Millionen Peseten deponiert waren.
    Lisa-Stina Fjärdemo mußte fünf Tage in einer Polizeizelle verbringen, was wohl durchaus ihren schlimmsten Vorurteilen über spanischen Standard entsprach, bevor die nach Marbella gereisten schwedischen Polizeibeamten sie sehen durften.
    Sie fanden sie sehr kooperationsbereit, nachdem sie erklärt hatten, daß die Verbrechen, deren man sie

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