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Über jeden Verdacht erhaben

Über jeden Verdacht erhaben

Titel: Über jeden Verdacht erhaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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bei uns angestellt, bei der Sicherheitspolizei.«
    »Und alle drei werden der Spionage verdächtigt. Das bedeutet, daß sie illegal für eine fremde Macht gearbeitet haben?«
    fragte der Echo -Reporter nach einem kurzen Zögern, das er ohnehin wegschneiden würde; er hatte seine erste große Nachricht schon bekommen, mußte sich aber zusammennehmen, um alles in der richtigen Reihenfolge abzuhandeln.
    »Ja, das stimmt«, erwiderte Carl. »Alle drei sind jetzt wegen Spionage beziehungsweise Spionage in einem besonders schweren Fall vorläufig festgenommen.«
    »Wie empfindest du es als Säpo-Chef, einen deiner eigenen Angestellten als Spion einer fremden Macht festnehmen zu müssen?« fragte Thomas Hempel ruhig weiter. Inzwischen hatte er Zeit gehabt, sich zu sammeln.
    »Genauso wie du oder sonst jemand es empfinden würde«, erwiderte Carl. »Es ist natürlich immer traurig, wenn Bürger unseres Landes sich an eine fremde Macht verkaufen. Besonders traurig ist es, wenn einer von ihnen beruflich die Aufgabe hat, Spionage zu bekämpfen, dann aber selbst zum Spion wird.«
    »Für welches Land haben die Festgenommenen spioniert?«
    »Ich bin leider nicht befugt, das zu sagen.«
    »Habt ihr die Ausweisung von Diplomaten verlangt?«
    »Ja, von dreien.«
    »Bist du gehindert zu sagen, aus welchem Land?«
    »Nein, bemerkenswerterweise nicht.«
    »Wie bitte?« sagte Thomas Hempel verblüfft und notierte sich gleich den Zeitcode, an dem er das Band schneiden mußte.
    »Verzeihung, das Ganze noch mal. Aus welchem Land kommen die Diplomaten, deren Ausweisung ihr verlangt?«
    »Das wird möglicherweise aus den folgenden Namen hervorgehen«, begann Carl leicht ironisch. »Es sind drei Botschaftsangehörige. Der Erste Botschaftssekretär Jurij Andrejewitsch Timofejew, der Zweite Botschaftssekretär Alexander Konstantinowitsch Schistschew sowie der Zweite Botschaftssekretär Ilja Jewgenewitsch Repin.«
    »Das hört sich an, als wären es russische Namen«, sagte der Reporter mechanisch.
    »Für mich hört es sich genauso an«, bemerkte Carl trocken.
    »Wie sicher seid ihr, daß… daß die Leute, die ihr festgenommen habt, tatsächlich schuldig sind?« fragte der Reporter weiter. Er suchte im Augenblick nach der cleveren Frage, da Hamilton bisher tatsächlich im Übermaß der Erwartung entsprach, auf alle Fragen knapp und direkt zu antworten.
    »Wir haben hochkomplizierte Spionageausrüstung gefunden und verfügen über sichere Indizien dafür, daß zwei dieser drei Personen schon früher für eine fremde Macht gearbeitet haben. Außerdem ist es uns gelungen, alle drei zu ihrem jeweiligen Führungsoffizier zurückzuverfolgen.«
    »Welches war die fremde Macht, für die zwei der drei früher gearbeitet haben?«
    »Die DDR.«
    »Woher wißt ihr das?«
    »Nach dem Zusammenbruch der DDR sind viele Informationen zu uns in den Westen gelangt. Das war jedoch nicht der interessanteste Umstand, interessanter war vielmehr die Frage, ob eine andere Macht die Agenten übernehmen würde. Was in diesen beiden Fällen geschehen ist.«
    »Sind euch noch mehr ehemalige DDR-Agenten bekannt?«
    »Ja.«
    »Warum schnappt ihr nicht auch die?«
    »Das hat mehrere Gründe. Ein Aspekt ist die Zeitfrage. Zahlreiche Agenten wurden in den sechziger und siebziger Jahren von der DDR angeworben. Das bedeutet, daß der Ablauf der Verjährungsfrist jetzt bevorsteht. Ein anderer Umstand ist die Tatsache, daß die DDR nicht mehr existiert, und das schafft weitere juristische Komplikationen, mehr, als man zunächst glauben könnte. Darüber hinaus gibt es noch weitere Gründe, über die ich mich nicht äußern darf.«
    »Ist es ein Zufall, daß diese Festnahmen gerade jetzt erfolgen, nachdem du Säpo-Chef geworden bist?« fragte Thomas Hempel ein wenig einschmeichelnd, da er davon ausging, daß das Interview jetzt beendet war.
    »Nein«, erwiderte Carl knapp.
    »Könntest du das bitte erläutern? Worin besteht der Unterschied? Ist es deine Erfahrung als Mann des Nachrichtendienstes?« fragte Thomas Hempel nach einigem Zögern; er hatte geschwankt, welches Wort er für Spion wählen sollte. Irgendwie hatte er das Gefühl, daß die eigenen Leute niemals Spione sein könnten.
    »Das könnte man annehmen«, erwiderte Carl, »aber so verhält es sich nicht. Es ist eine Änderung unserer Politik. Von jetzt an hat die schwedische Sicherheitspolizei die Absicht, die Spione fremder Mächte zu schnappen.«
    »Woher dieser Sinneswandel?« fragte Thomas Hempel verwirrt; er hatte

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