Über jeden Verdacht erhaben
weggeblasen.
Als Erik Ponti den Intendanten verließ, war er ausgesprochen guter Laune. Er war überzeugt, daß die Besprechung mit einer totalen Konfrontation hätte enden können. Die Auseinandersetzung wäre dann in Schockwellen zur Redaktion hinuntergewandert. Es hätte zu einem Kampf für und gegen ihn selbst kommen können, dazu gegen einen Intendanten, dem es sehr darum zu tun war, sich als tatkräftig zu erweisen. Das wäre ganz und gar nicht gut gewesen.
Jetzt hatte der Intendant in aller Freundschaft einen interessanten Vorschlag erhalten. Lisa Söderberg war zwar eine Frau, doch das bedeutete wahrlich nicht, daß sie der Typ der Quotenfrau war. Im Gegenteil, sie war hochqualifiziert und tüchtig.
Außerdem war da noch etwas, und er war überzeugt, daß der Intendant keine Ahnung davon hatte, und ziemlich sicher, daß Lisa Söderberg es nicht allzuoft erwähnte. Sie hatte in den sechziger Jahren dem gleichen Kollektiv angehört wie er. Ein ehemaliges Altersheim in Julita war damals, als es noch eine geeinte Linke gab, zu einem kollektiven Sommervergnügen umgebaut worden. Die ersten Mitglieder waren nach dem sowjetischen Einmarsch in der Tschechoslowakei ausgeschlossen worden; es waren einige Figuren gewesen, die in der Zeitschrift Kommentar geschrieben hatten, der Einmarsch in der Tschechoslowakei sei eine gute Sache, da die zionistische Weltverschwörung dabei gewesen sei, die Macht im Land zu übernehmen. Da diese Schreiberlinge sich unmittelbar danach in einem nagelneuen Moskwitsch eingefunden hatten, waren sie als sozialimperialistische Verschwörer ausgeschlossen worden. Vermutlich mit Recht.
Lisa Söderberg war nie ausgeschlossen worden. Einmal aus dem Grund, daß sie niemals für das eingetreten war, was man damals, zumindest in jenem Kollektiv, Sozialimperialismus nannte. Zum anderen, weil es ihr leichtfiel, mit Menschen zurechtzukommen.
Die Kampagne gegen die Massendeportation von Bosnien-Flüchtlingen hätte ihr gefallen. Sie würde niemals den Vorschlag machen, mit der Führungsgruppe zu einem weißen Schloß des Arbeitgeberverbands nach Sörmland zu fahren, um dort um die Wette Kartenhäuser zu bauen, sich auf dem Fußboden zu wälzen und einander zu umarmen oder sich auf andere Weise darin zu üben, eine moderne schwedische Führungspersönlichkeit zu werden.
Er hatte gewonnen. Nur eins grämte ihn ein wenig – daß er nicht einmal ahnen konnte, was der Intendant in der Hinterhand gehabt hatte, falls er zufällig so dumm gewesen wäre, auf Thomas Hempels Vorschlag einzugehen. Vielleicht hätte man ihn zum Korrespondenten in der Äußeren Mongolei gemacht?
Er würde es nie erfahren. Doch das war nicht so wichtig. Der Griff der Handelshochschule um das Echo des Tages hatte sich gelockert. Es würde nicht mehr lange dauern, dann würde man das Wirtschafts-Echo einstellen, das Sprungbrett der Krawattenträger unter den Reportern zu ihrem ersten Job als Leiter einer Abteilung für Informations und Öffentlichkeitsarbeit.
Es hätte gar nicht besser laufen können.
Der Mord an Mahmoud Saadani erregte zunächst keine größere Aufmerksamkeit, weder in den Medien noch im Polizeiapparat. Das lag nicht allein an der ersten, sehr naheliegenden Schlußfolgerung, daß es sich um eine interne Auseinandersetzung unter Einwanderern handelte, folglich um etwas, was auf der Mordskala der Medien nur eine höchst geringe Punktzahl gab, im Gegensatz etwa zu einem Mord an einer Studentin im Sommer, was immer viele Punkte brachte.
Es lag auch daran, daß die Mordquote der Medien an diesem Montag Ende März schon prall gefüllt war. Einmal begann jetzt der Prozeß gegen die Bande junger Leute, die als schuldig galten, Ende des vergangenen Jahres vor dem Restaurant Sturecompagniet ein Massaker angerichtet zu haben. Zum andern hatte ein siebzehnjähriger Skinhead vor dem Fryshuset einen neunundzwanzigjährigen Mann ausgeraubt und anschließend zusammengeschlagen. Der Mann war so übel zugerichtet worden, daß er zwischen Leben und Tod schwebte. Folglich handelte es sich um einen Mordversuch. Das war viel auf einmal.
Als Rune Jansson am Montag nachmittag beim allgemeinen Ermittlungsdezernat der Sicherheitspolizei anrief, erhielt er auch den Bescheid, daß der Mord an einem gewissen Saadani in Södertälje vermutlich schon bald aufgeklärt sein werde. Der Täter müsse sich nämlich, wenn alles logisch zugegangen sei, in einem kleinen Kreis von Kanaken finden, die alle anwesend gewesen seien, als es
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