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Über jeden Verdacht erhaben

Über jeden Verdacht erhaben

Titel: Über jeden Verdacht erhaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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zögernd. »Ein Gerücht wie so viele andere. Es ist ja durchaus möglich, daß er mit diesem Job besser fertig würde. Im Gegensatz zu uns ist er ja kein Journalist, wie du weißt.«
    »Er sagte, du hättest ihn permanent provoziert«, unterbrach ihn der Intendant.
    »Ach so«, sagte Erik Ponti. »Nun ja, ich bin überzeugt, daß er diesen oder jenen Einwand gegen das, was er seinen Führungsstil nennt, als ein wenig gemein empfunden hat. Aber du weißt ja, wie es ist: Wir haben ständig Arbeit, die auf uns wartet. Immer gibt es Dinge, die erledigt werden müssen. Wir können nicht ständig auf Konferenzen herumsitzen und uns die unwichtigen Überlegungen eines leidenden Chefs über seine Karriereprobleme anhören. Hat er nun diesen Job bekommen?«
    »Ja«, sagte der Intendant ein wenig irritiert. »Lustigerweise. Doch bevor wir weitergehen: Stimmt es, daß du ihn provoziert hast?«
    »Ja, das stimmt«, gestand Erik Ponti mit gespielter Nachdenklichkeit. »Zumindest muß er es so aufgefaßt haben.
    denklichkeit. »Zumindest muß er es so aufgefaßt haben. Der Mann war ja völlig unfähig, er ist, glaube ich, nie Journalist gewesen, nicht mal Chefredakteur. Er dachte, wir wären ein Industriebetrieb, den er führen könnte. Na ja, du verstehst schon.«
    »Hmm«, murmelte der Intendant, in dessen Blick so etwas wie Einverständnis zu erkennen war, ob gespielt oder nicht.
    »Ich glaube, ich verstehe das. Jetzt brauchen wir also einen neuen Chef. Ich will die Karten auf den Tisch legen. Ich hatte vorhin Thomas Hempel hier. Er hat abgelehnt. Er hat dich vorgeschlagen. Kommentar?«
    »Ich glaube, Thomas wäre an und für sich ein sehr guter Chef geworden«, sagte Erik Ponti langsam, überzeugt, sein entscheidendes Argument gleich anbringen zu können. »Es wäre jedoch ein journalistischer Verlust. Er ist nämlich unser bester Interviewer. Niemand geht besser mit Politikern um als er, und so was zieht man nicht einfach aus dem Ärmel.«
    »Und was bist du, ein unentbehrlicher Leiter des Auslandsressorts?« sagte der Intendant anzüglich.
    »Nein, aber hoffentlich ein guter«, entgegnete Erik Ponti schnell. »Sicher bin ich da viel besser, als ich als Verwalter sein könnte. Wir Journalisten vereinen diese beiden Fähigkeiten nicht immer in uns, wie du weißt.«
    Der Intendant betrachtete ihn mißtrauisch und suchte nach Anzeichen von Ironie; er selbst war vom Journalisten zu einem Chefposten mit Fallschirm-Berechtigung aufgestiegen, und zwar gerade wegen seiner angeblichen Fähigkeit, als Verwalter noch besser zu sein.
    »Aber was hältst du von Thomas’ Vorschlag, daß du den Job übernimmst?« fragte der Intendant und richtete sich dabei auf. Er sah aus, als würde er jeden Moment wieder damit anfangen, sich auf die Brust zu trommeln.
    »Ich freue mich natürlich, daß Thomas Vertrauen zu mir hat«, begann Erik Ponti vorsichtig. Er ahnte eine Falle.
    »Und wie lautet deine Antwort, wenn du das Angebot bekommst?« fragte der Intendant ungeduldig. Er wartete eifrig darauf, zum Angriff überzugehen.
    »Sie lautet nein«, sagte Erik Ponti. »Ich habe zwei Gründe, vielleicht drei. Erstens bin ich ein besserer Journalist als Chef. Zweitens habe ich einen Chef vorzuschlagen, der viel besser ist als ich selbst, außerdem ein guter Verwalter, aber ohne abstruse Vorstellungen von Führungseigenschaften und Managerkursen auf der Insel Södertörn. Außerdem ist es eine Frau. Lisa Söderberg.«
    »Das ist ein interessanter Vorschlag«, sagte der Intendant, ohne eine Miene zu verziehen. Das gab Erik Ponti das Gefühl, eine Sekunde, nun, nicht gerade vom Tod entfernt zu sein, so zumindest kurz vor einer offenen Konfrontation; der Intendant machte jetzt auf ihn den Eindruck eines Dracula, der jetzt verlegen die Reißzähne einklappte.
    »Ja, ich glaube auch, daß es ein sehr interessanter Vorschlag ist«, sagte Erik Ponti. »Den Vorteil, daß sie auch noch eine Frau ist, brauche ich nicht zu erklären. Die Ernennung einer Frau ist zeitgemäß, oder wie wir das nennen sollen. Diese Entscheidung würde jedenfalls nicht auf Kritik stoßen, und du vermeidest jede Diskussion darüber. Sie arbeitet schon lange hier und ist als Antreiberin immer besser gewesen denn als Reporterin. Außerdem hat sie schon jetzt eine Führungsposition, so daß es nicht nach Quotenfrau riecht.«
    »Das ist wirklich ein sehr interessanter Vorschlag«, wiederholte der Intendant nachdenklich. Die drohende Haltung, die Erik Ponti geahnt hatte, war wie

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