Über jeden Verdacht erhaben
Palme bezeichnet worden war und sich dieser Mord mit einer Formulierung des damaligen Fahndungsleiters Hans Holmér auf dem »Ameisenpfad zwischen dem kurdischen Buchcafé und der Hötorgs-Halle« ereignet habe (in der die Kanaken gemeinhin ihr Hammelfleisch einkaufen), bestand jetzt die Gefahr chaotischer Spekulationen. Zu allem Überfluß waren die beiden neuen Morde mit der gleichen Munition ausgeführt worden wie der Mord an Olof Palme, der sich nur ein paar Straßenblocks weiter ereignet hatte.
Auf der Pressekonferenz, die von der Stockholmer Polizei am nächsten Tag um elf Uhr angesetzt worden war, ging es jedoch etwas zurückhaltender zu, zumindest im Verhältnis zu dem, was man hätte erwarten können. Jan Köge war bedeutend reservierter, als ein großer Teil der entzückten Journalisten – die Pressekonferenz war sehr gut besucht – erhofft hatte.
Er hielt keine Revolver der Marke Smith & Wesson hoch, präsentierte kein von deutschen Geräten hergestelltes Phantombild, das von den schwedischen Beamten so auf Türken eingestellt war, daß auf den Bildern fast immer ein Türke herauskam, unabhängig davon, woran sich die Zeugen zu erinnern versuchten. Jan Köge deutete zwar an, man habe gewisse Spuren, worauf er aus fahndungstechnischen Gründen jedoch nicht näher eingehen wolle.
Er wies auch mit einiger Emphase daraufhin, daß eins der Opfer im Verdacht gestanden habe, einer der Männer hinter der Organisation zu sein, die für den Mord an Olof Palme verantwortlich sei. Überdies könne man nicht ausschließen, daß man hier eine Person zum Schweigen gebracht habe, die »zuviel gewußt habe«.
Als es um die Mordwaffe ging, drückte er sich mit einiger Vorsicht aus. Da er sich verschiedener Theorien, die im schwedischen Fernsehen schon öfters vorgebracht worden waren, sehr wohl bewußt war, sagte er, man gehe vorläufig davon aus, daß die Mordwaffe ein Revolver des Kalibers .357 Magnum gewesen sei, da die Kugeln für einen solchen Revolver gedacht seien.
Das führte dazu, daß der erste Teil des wesentlicheren Abschnitts der Pressekonferenz, bei dem die Journalisten Fragen stellen dürfen, mit einer komplizierten theoretischen Diskussion ausgefüllt wurde. Ein Reporter des Fernsehmagazins Pin-Up meinte, es sei durchaus möglich, eine Kugel von einer Patrone in .357 Magnum in eine leere Hülse des Kalibers .38 Special zu überführen, da die Kugeln die gleiche Größe hätten. Bei der Untersuchung der Polizeispur bei der Jagd nach Olof Palmes Mördern habe Pin-Up dies als denkbare Übertragungsmöglichkeit nachgewiesen.
Der Reporter, der den Bericht recherchiert hatte, begnügte sich jedoch nicht mit einigen vorsichtig reservierten Antworten von Kommissar Jan Köge, sondern ließ sofort durchblicken, es könne sich um eine neue Polizeiverschwörung handeln, eine falsche Fährte, mit der die Aufmerksamkeit von Pin-Ups Enthüllungen in der Polizeispur abgelenkt werden solle. Es war nicht möglich, diesem Reporter den Mund zu stopfen. Nicht einmal die besseren Journalisten von Rapport , Aktuellt und Echo des Tages brachten ihre Fragen an den Mann. Schließlich wurde der Pin-Up- Reporter von zwei kräftigen Ordnungspolizisten an die Luft gesetzt, obwohl er schrie und mit den Armen herumfuchtelte und wilde Beschuldigungen ausstieß. Als letztes hörte man von ihm, daß er es für bewiesen halte, daß ein Polizeibeamter des Einsatzkommandos auf Södermalm, ein Mann mit rechtsextremistischen Neigungen, früher ganz in der Nähe von David Bagares gata gewohnt habe.
Der Rest der Pressekonferenz verlief relativ undramatisch. Jan Köge hatte nur noch eins von Interesse hinzuzufügen: daß Mehmet Rehmsa, wenn auch auf ewig als Terrorist abgestempelt, möglicherweise als Überläufer der kurdischen Terroristenorganisation PKK angesehen werden könne. Es sei ja wohlbekannt, daß die PKK ihre Überläufer ermorde.
Diese Überläufertheorie wurde an den folgenden Tagen zur Hauptspur von Expressen . Die Zeitung vermochte mit erheblich mehr Informationen, als bei der Pressekonferenz vorgelegt worden waren, zu beschreiben, wie Mehmet Rehmsa nicht nur ganz allgemein als Überläufer ermordet worden sei, sondern als doppelter Überläufer, nämlich einmal von der PKK, zum anderen von den Mordverschwörern. Damit war die Kurden-Spur der Jagd nach den Mördern Olof Palmes wiederauferstanden.
Die Leichtnachrichten von TV 4 hatten einen etwas anderen Ansatz gewählt. Man verknüpfte die beiden neuen Morde an Moslems
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