Über Stock und Runenstein
dieser Fergy eigentlich verheiratet?«
»Ja und nein, könnte man sagen. Warum
den eine Frau zweimal ansehen sollte, geht über meine Vorstellungskraft
hinaus.«
Cronkite lächelte ein geheimnisvolles,
hintergründiges Lächeln und dachte daran, wie elegant er selbst in seinem
nagelneuen hellbeigen Dreiteiler aus Kunstfaser aussehen würde, wenn er in 14
Tagen über den Miss-Balaclava-Schönheitswettbewerb berichten würde. Er dachte
auch an Miss Lumpkin Corners, die er mit der offiziellen Polaroidkamera, dem
Prunkstück des All-woechentlichen Gemeinde- und Sprengel-Anzeygers, mit
hinterhältiger Absicht zu fotografieren gedachte. Es sei denn, Miss Balaclava
Junction oder Miss West Hoddersville würden sich als angenehmere Begleitung
erweisen, was die Teilnahme am jährlich stattfindenden Großen Erbsenpulwettbewerb
oder am Lachsgrillwettbewerb betraf, nachdem die Stimmen der Jury abgegeben
waren und man nicht länger Kalorien zählen mußte.
Dabei war Cronkite durchaus kein
Lebemann. Er hatte sich lediglich noch nicht entschieden, welcher der diversen
Damen, in die er verliebt war, er ewige Treue schwören sollte. Außerdem
verspürte er die vage Hoffnung, daß vielleicht doch irgendwo eine noch schönere
Rose blühte, die nur darauf wartete, sich von einem ehrgeizigen jungen
Journalisten pflücken zu lassen.
Möglicherweise hatte er vielleicht gar
nicht so unrecht, denn er war ein attraktiver junger Mann, der sich, auch wenn
er es selbst nicht wußte, durch die gleiche glückliche Mischung von
unbeschwerter Selbstsicherheit und jungenhafter Tapsigkeit auszeichnete, die
den verstorbenen Canute Lumpkin vor etwa 80 Jahren so unwiderstehlich für Miss
Hilda Horsefall gemacht hatte. Auch Helen Shandy hätte ihn zweifellos
entzückend gefunden, insofern sie sich überhaupt als glücklich verheiratete
Frau von anderen Männern als ihrem Gatten entzücken ließ.
Peter Shandy jedoch betrachtete
Cronkite lediglich als möglicherweise nützliche Informationsquelle und als
einen ziemlichen Plagegeist, denn der Bursche wartete doch offenbar nur darauf,
daß Peter ein Wunder aus der Tasche hervorzaubern würde, und hervorzuzaubern
gab es bisher noch rein gar nichts. Er war froh, als der Arzt und die hiesige
Polizei gleichzeitig eintrafen. Sie hatten vorher einen gemeinsamen Einsatz bei
einem Verkehrsunfall gehabt, bis man sie über Funk hergerufen hatte. Einige
Steuersparer aus New Jersey hatten auf der Heimfahrt bereits begonnen, ihre
Einkäufe auszuleeren.
Der Arzt stellte fest, was auch Shandy
vermutet hatte, daß Spurge Lumpkin an den Gesichtsverletzungen durch Löschkalk,
die zu einer Blockierung der Atemwege geführt hatten, gestorben war. Entweder
er hatte einen Herzinfarkt erlitten oder war erstickt, je nachdem, was zuerst
eingetreten war, wobei die Reihenfolge allerdings keine große Rolle mehr
spielte, denn jedes Ereignis für sich hätte bereits unweigerlich den Tod
herbeigeführt. Shandy wünschte sich, daß es nicht so bald wieder einen Tag wie
diesen in seinem Leben geben würde. Der Polizeichef beschloß, allerdings für
Shandys Empfinden etwas zu rasch, daß als Todesursache ein Unglücksfall anzunehmen
sei, da entweder Henny den falschen Kalk benutzt habe oder ein übler Scherz
außer Kontrolle geraten sei, weil das Opfer nicht genug Verstand gehabt habe,
schnellstens die Finger von dem verdammten Zeug zu lassen, als es anfing,
Blasen zu werfen, was den armen Teufel schließlich das Leben gekostet habe.
»Ich kann Ihnen hier nicht ganz
folgen«, protestierte Shandy. »Mr. Horsefall hat mir mitgeteilt, daß es während
der letzten drei Monate zu einer ganzen Serie dieser sogenannten üblen Scherze
gekommen ist. Offenbar sind die Zwischenfälle mit jedem Mal schlimmer
geworden.«
»Menschenskind, Sie kennen doch diese
alten Leutchen«, schnaubte der Polizeichef. »Henny hat höchstwahrscheinlich
Arterienverkalkung und Gehirnerweichung. Kaum bläst der Wind mal ein oder zwei
Äste von seinem Apfelbaum, schon ärgert er sich schwarz und behauptet, die
Kinder von nebenan hätten ihm den ganzen Obstgarten kurz und klein geschlagen.
Er vergißt, die Tür vom Hühnerstall richtig zuzumachen, ein Hund oder ein
Waschbär macht sich über ein paar Hennen her, und schon kommt er zu mir
gelaufen und brüllt irgendwas von Vandalismus. Was kann ich denn schon machen?
Soll ich vielleicht ein Polizeiaufgebot herschicken und den Hof Tag und Nacht
bewachen lassen? Ich habe sowieso nicht genug Männer. Ich bekomme noch
Weitere Kostenlose Bücher