Ueberflieger
außergewöhnlich früh eine Chance, als Student im Jahr 1971 an der Universität auf einem Mehrbenutzersystem programmieren zu lernen. Bill Gates fing schon 1968 als Achtklässler in der Schule damit an.
Von diesem Moment an lebte Bill Gates im Computerraum. Er und einige seiner Mitschüler brachten sich selbst den Umgang mit dem seltsamen Gerät bei. Die Arbeitszeit auf dem Mainframe-Computer, mit dem das Terminal verbunden war, war natürlich selbst für eine reiche Schule wie Lakeside eine teure Angelegenheit, und es dauerte nicht lange, bis die 3 000 Dollar aufgebraucht waren, die die Mütter gestiftet hatten. Die Eltern spendeten mehr Geld, und die Kinder gaben es aus. Dann gründeten Programmierer der University of Washington eine Firma namens Computer Centre Corporation (oder C-Cubed), die Rechenzeit an Unternehmen der Region vermietete. Wie das Glück es so wollte, besuchte der Sohn der Mitbegründerin Monique Rona ebenfalls Lakeside, einen Jahrgang über Bill Gates. Rona bot dem Computerclub an, sie könnten an den Wochenenden neue Programme des Unternehmens testen und bekämen im Gegenzug kostenlose Rechenzeit. Also fuhr Gates nach der Schule mit dem Bus in das Büro des Unternehmens und programmierte dort bis spätabends.
C-Cubed meldete schließlich Konkurs an, also lungerten Gates und seine Freunde nun im Computerzentrum der University of Washington herum. Es dauerte nicht lange, und sie hängten sich an ein Unternehmen namens ISI (Information Sciences Inc.) dran, das sie kostenlos an seinen Rechnern arbeiten ließ, wenn sie als Gegenleistung ein Programm zur Automatisierung der Gehaltsbuchhaltung |51| entwickelten. Im Jahr 1971 kamen Bill Gates und seine Freunde auf 1 575 Stunden Rechenzeit auf dem Mainframe-Computer von ISI – das sind im Durchschnitt acht Stunden pro Tag, sieben Tage pro Woche.
»Ich war wie besessen«, erzählt Gates von seinen ersten Jahren auf der High School. »Ich habe den Sportunterricht geschwänzt. Ich bin abends hingegangen. Wir haben an den Wochenenden programmiert. Meistens haben wir zwischen 20 und 30 Stunden pro Woche an den Rechnern gesessen. Einmal haben Paul Allen und ich eine Menge Ärger bekommen, weil wir Passwörter geklaut und das System zum Absturz gebracht hatten. Sie haben uns rausgeworfen und wir konnten den ganzen Sommer über nicht programmieren. Damals war ich 15 oder 16. Dann hat Paul einen Computer an der University of Washington gefunden, den wir kostenlos benutzen konnten. Die Mediziner und die Physiker hatten Rechner. Die waren 24 Stunden in Betrieb, aber zwischen drei und sechs Uhr morgens hat sie keiner benutzt.« Gates lacht. »Ich bin mitten in der Nacht aufgestanden und zur Universität gelaufen, oder ich habe den Bus genommen. Deswegen bekommt die University of Washington heute großzügige Spenden von mir, weil sie mich so viel Rechenzeit hat stehlen lassen.« Jahre später erinnerte sich Bills Mutter: »Und wir haben uns immer gewundert, warum er morgens nicht aus dem Bett gekommen ist.«
Dann erhielt Bud Pembroke, einer der Gründer von ISI, einen Anruf des Technologiekonzerns TRW, der gerade den Auftrag erhalten hatte, ein Computersystem für das Kraftwerk Bonneville im Süden des Bundesstaates Washington zu erstellen. TRW suchte händeringend nach Programmierern, die sich mit der Software auskannten, die das Kraftwerk verwendete. In diesen Pioniertagen der Computerrevolution gab es kaum Programmierer mit derartigen Spezialkenntnissen. Doch Pembroke wusste, an wen er sich wenden konnte: die Jungs von Lakeside, die Tausende Stunden an seinem Mainframe-Rechner gearbeitet hatten. Gates war inzwischen in seinem letzten Schuljahr und schaffte es irgendwie, seine |52| Lehrer zu überreden, ihn unter dem Deckmantel eines unabhängigen Studienprojekts nach Bonneville gehen zu lassen. Dort programmierte er das ganze Frühjahr hindurch unter den Fittichen eines Softwareentwicklers namens John Norton, von dem Gates sagt, er habe ihm vermutlich mehr über das Programmieren beigebracht als irgendjemand sonst.
Diese fünf Jahre zwischen der achten und der zwölften Klasse waren das Hamburg von Bill Gates. In dieser Zeit eröffnete sich ihm eine ganze Reihe von Chancen, die sogar noch außergewöhnlicher waren als die von Bill Joy.
Erstens wurde Bill Gates nach Lakeside geschickt. Wie viele Schulen in aller Welt hatten im Jahr 1968 Zugang zu einem Computerterminal? Zweitens brachten die Mütter von Lakeside das Geld auf, um die teure Rechenzeit zu
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