Überleben auf Partys: Expeditionen ins Feierland (German Edition)
Essverhalten halb erwachsener Menschen kann uns Aufschluss über ihre Persönlichkeitsstruktur geben«, sagt Prof. Albrecht Ahlschwede vom Institut für ausdauernde Ausdauerforschung (IfaA) in Aurich. »Schon die Art, wie jemand eine Hähnchenkeule zu sich nimmt, gibt Aufschluss über sein Pflichtbewusstsein und seine Konsequenz, etwa bei zukünftigen Arbeitsstellen. Während der Knochen-Abnager zu den sorgsamen Angestellten zählen wird, die vierzig Jahre ihren Dienst tun, ohne aufzusteigen oder die Stelle zu wechseln, steht dem Pellen-Esser mangels Geduld eine lange Karriere befristeter Beschäftigungsverhältnisse bevor. Das Leben als ständiger Neustart. Ein Weg ohne Ziel.«
Das Hühnchen ist im Magen. Sie steigen in die U-Bahn. Keule zieht einen Edding aus der Tasche und malt einer Frau, die für Jobs im Callcenter wirbt, einen Hitlerbart. Er schafft eine Hälfte, dann döst er schon wieder weg. Er sollte aufhören, zwischendurch diese Pillen zu nehmen. In der U-Bahn steht wieder die coole Sau von neulich. Er trägt die Kluft eines Krankenpflegers, komplett mit Gummischlappen. Statt eines Konterbiers hat er ein Malz in der Hand. Leif nimmt seine Shutters ab, die dieses Mal hellblau sind. Er hat viele Modelle. Schnell begreift er, was das coole Ferkel heute Nacht getrieben hat. Er grinst, hebt sein Bier und hält es dem Typen vor seine Malzpulle: »Stoß an, du alte Sau!«
Der Typ ist verwirrt, hebt aber die Flasche.
»Hast heute Nacht Doktorspiele gemacht, wa?«, sagt Leif. Er genießt dieses Gelaber am frühen Morgen, wenn die Partynacht verklingt. »Kleine Fetischparty, hm? Geile Schwestern mit weißen Lackröckchen? Das gibt’s doch jetzt neu da in diesem Klub …« – er tritt Keule, der gegenüber in den Sitz gesunken ist, vor den Fuß – »… ey, Keule, wie hieß das noch, diese versaute Party da?«
Keule öffnet die Augen und sagt: »Needs & Needles.«
Leif nickt und strahlt sein Gegenüber an: »Ja, genau. Die servieren da die Drinks in Infusionsbeuteln. Gibt’s auch als Vampirvariante mit Blutkonserven. Und dann schön den Ladys in den Nacken beißen. Du alte Sau, du!«
Der Typ in der Krankenpflegerkluft sieht ihn an, als wolle Leif ihn verarschen. Will er aber nicht.
»Nach so einer Sexorgie bräuchte ich auch Malz statt Pils«, lacht er und die coole Sau widerspricht ihm nicht.
Stille Wasser sind tief, das weiß Leif. Er ist laut, aber flach. Er hat einen Realschulabschluss mit Vier plus. Daheim fällt er, in Klamotten, aufs Bett. Stolz, wieder eine Nacht durchgemacht zu haben. Wenigstens etwas, was er richtig gut kann.
•Der Weg ist die Party, Teil 1
Alkoholpegel: ★ ★ ★
Drama: ★
Erotik: ★ ★
Spaß: ★ ★ ★ ★
Was man erwartet
Sex. Der coole Typ, der jeden Samstagabend und jeden Sonntagmorgen in einem anderen Outfit die U-Bahn betritt, muss die krasseste Party-Sau der gesamten Hauptstadt sein. Und jedes Mal hat er die Spuren versauter Sexorgien an seinem Körper.
Was tatsächlich passiert
Wird man nie erfahren. Außer man könnte dem coolen Typen in den Kopf sehen. Wie am Ende dieses Buches.
Was man tun sollte
Sich nicht länger für seinen amüsanten Realschulabschluss schämen, weniger ungeduldig sein und die Shutter Shades abnehmen.
Typischer Song
»Easy« von Cro
Typisches Getränk
Konterbier
Der 18. Geburtstag
Der 18. Geburtstag ist das Fest der Volljährigkeit. Eine Feier der Unabhängigkeit und Abnabelung. Ein Fanal der Freiheit. Ungünstig ist nur, dass es von den Eltern ausgerichtet wird …
Es ist erst halb zehn, aber bei Joachim schießt das Bier schon aus der Nase raus. Er steht, mit den Händen auf die Oberschenkel gestützt, hinter dem Festzelt und besprüht die Plane von außen wie ein undichter Oger. Von innen sieht es fast noch ekliger aus. Mit einem Geräusch wie von prasselndem Regen erscheinen dunkle Flecken genau auf Höhe des Tisches mit den Knabbereien. Ein schauriges Schattenspiel.
»Geil«, sagt Lukas, als er ins Zelt stürmt, und zeigt auf das Offensichtliche. »Der Joachim kotzt voll die Zeltplane voll.«
»Ja, geil«, antwortet Malte, nickt und schiebt die Unterlippe vor. »Der Joachim, der wird es noch weit bringen.«
Lukas versteht die Ironie nicht. Genauso wenig, wie er versteht, dass Malte gerade seine Ruhe haben will, denn neben ihm sitzt Swantje.
»Der Joachim hat schon dreizehn Bier intus«, schwärmt Lukas und schaut auf seine Uhr. »Warte, wir haben halb zehn, um acht sind wir gekommen, das ist … Alter, das ist
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