Überleben auf Partys: Expeditionen ins Feierland (German Edition)
Oder mit einem, der um Mitternacht klingelt und den die Mädels dann alle mit ihren von Piccolo und Aperol betrunkenen Schädeln mit seinen eigenen Handschellen an den Küchenstuhl ketten, damit ich auf seinem Schoß herumreite, bis sich herausstellt, dass der Callboy-Cop noch gar nicht da ist und es sich bei dem gefesselten Bullen auf dem Stuhl um einen echten Beamten handelt, der wegen Ruhestörung von den Nachbarn geschickt wurde? Und dann lachen die Freundinnen Tränen und sagen: »Ich hab mich schon gewundert, wo das Sixpack ist!«
So stellt ihr euch das vor?
Leider habe ich keinen Kopf für Cops und Sixpacks und Aperol und Handschellen. An meiner Bürowand hängt ein Plan, ausgedruckt in DIN-A0, so groß wie ein Bahnhofsplakat. Ich habe den Plan im Copyshop groß ziehen lassen, er war abgedruckt im hilfreichen Magazin Der Hochzeitsplaner . Da steht, was man eigentlich wie lange vor dem großen Tag erledigt und geklärt haben sollte.
Eigentlich.
Bei der ersten Spalte kriege ich bereits Schnappatmung und Doppelhals. Da steht, zwölf Monate vor dem großen Tag sei Folgendes zu regeln: Trauungstermin festlegen, Gültigkeit der Passdokumente prüfen, Kostenrahmen abschätzen, Gästeliste erstellen, Location und Musikanten buchen, Kirche klarmachen. Das mit der Kirche fällt bei uns flach. Ich glaube an Charles Darwin und Stephen Hawking, und Ulf ist schlichtweg zu faul, sich zu entscheiden, woran er glaubt. Den Trauungstermin haben wir erst vor drei Monaten festgezurrt. Jetzt sind es noch 14 Tage. Also genau 351 Tage über dem Zeitrahmen, in dem man sich wenigstens um seinen Pass kümmern soll. Ulf hat seinen Pass vor Monaten verlegt und bis heute nicht wiedergefunden. Er sucht auch nicht danach. Er sitzt unten mit den Jungs, säuft Meisterschaftsbier, lässt sich in Klopapier einwickeln und frisst Schaumküsse und koreanischen Kohl.
Der DIN-A0-Hochzeitsplaner sagt: 14 Tage vor der Trauung müsste ich mich eigentlich um die Blumendekoration kümmern. Die Hochzeitstorte aussuchen und bestellen. Bei der Kosmetikerin vorstellig werden. Transporte und Hotelzimmer für die Gäste buchen, und diejenigen, die abgesagt haben, aus der Sitzordnung streichen. Einmal habe ich die Sitzordnung auf den Wohnzimmertisch gelegt, damit Ulf sie gar nicht übersehen kann. Ich hatte sie auf einen DIN-A3-Bogen gezeichnet. Seit ich heiraten will, habe ich es mit großen Papierformaten. Ulf drehte den Bogen um und benutzte ihn als Tischset. Als ich ihn fragte, wie denn die Hochzeitstorte aussehen solle, sagte er: »Süß. Wie du.« Dann hob er mich auf die umgedrehte Sitzordnung, wir trieben es auf dem Wohnzimmertisch, und meine Wut war für den Rest des Tages verflogen. Bis ich die angetrocknete Kotze im Leergutkorb fand, weil Lawrence – dieses alte Ferkel von Dogge – begonnen hatte daran herumzulecken.
Ich will damit nur sagen: Zeit und Muße für einen Junggesellinnenabschied hat ausschließlich die Frau, deren Mann sich selbst voller Begeisterung in die Punkte des Hochzeitsplaners stürzt, den »Countdown«-Zeitplan auch für sein Büro kopiert und dort glücklich über der Kicker-Bundesliga-Stecktabelle auffaltet, die für zwölf Monate dahinter verschwindet.
Ein Mann, der die Hochzeitsvorbereitung als Herausforderung annimmt und als das betrachtet, was sie ist: das anspruchsvollste Aufbaustrategiespiel des Lebens.
Ein Mann, der seinen Pass so zeitig verlängern lässt, dass die Gültigkeit vor der Hochzeit schon wieder abläuft.
Ein Mann, der mit den ausgeschnittenen Namen der Gästeliste auf dem großen antiken Tisch unter der Lampe nächtelang Domino spielt, bis er die perfekte Sitzordnung gefunden hat.
Ein Mann, der in komplexen Computerkursen die Programmiersprachen Cobol und C++ lernt, um eine eigene Applikation herstellen zu können, die sämtliche Allergien aller 350 Gäste abfragt und daraus die perfekte ungefährliche Hochzeitstorte errechnet.
Ein Mann, der nach Durchsicht aller 2500 Schriften auf dem Computer keine einzige für schön genug hält und für die Einladungskarten deswegen eine Grafikdesignerin und Typografiexpertin aus Oslo engagiert, um nur für das eigene Fest die patentierte Schriftart ulfandulrikewedding.ttf zu erfinden.
Ein Mann, der sich die Nächte vor dem Laptop um die Ohren schlägt, um sich über die Angebote von Musikern, Zauberkünstlern, Artisten, Feuerwerkern und Alleinunterhaltern zu informieren und als herausragendes Give-Away-Geschenk für die Gäste den Kopf jedes Einzelnen von
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