Übernachtung - Frühstück ausgeschlossen
sein... Ich sage dir, das wären anstrengende Gäste gewesen, Susan!«
Mirandas Hochzeitstag zog wolkenlos blau herauf. Das war ein gutes Omen für den Ablauf der Trauung und der anschließenden Gesellschaft. Selbst die Kinder benahmen sich in der Kirche und danach im Haus des Colonels mustergültig. Während des Gottesdienstes saßen sie in einer Reihe nebeneinander, und Tom, der bei Sam arbeitete, führte die Aufsicht. Das hatten sie sich selbst gewünscht, und Tom war sofort damit einverstanden gewesen. Seitdem der junge Mann bei uns war, hatte er sich immer mehr mit den Kindern angefreundet, und als sie hörten, daß sie in der Kirche nebeneinandersitzen und sich benehmen mußten, hatten sie einstimmig verlangt, Tom solle ihnen Gesellschaft leisten. Und Tom, der sich mit den Kindern noch besser als mit uns Erwachsenen verstand, hatte bereitwillig zugestimmt.
Miranda war eine Schönheit in Weiß, und Joe gab einen sehr stattlichen Bräutigam ab. Als die beiden vor dem Altar standen, spürte ich einen Klumpen im Hals — nicht aus Sorge um ihre gemeinsame Zukunft, sondern weil ich mir sagte: »Das ist wahre Schönheit! So was bekommst du nie wieder zu sehen.«
Mrs. Knowles saß auf dem Ehrenplatz neben dem Colonel und hatte zwei ihrer engsten Verwandten neben sich. An der Hochzeitstafel wurde die gleiche Sitzordnung beibehalten. Der Colonel und die Brautmutter waren gemeinsam unsere Gastgeber und spielten ihre Rolle sehr würdevoll.
Mr. und Mrs. Evans hatten Speisezimmer, Salon und Wohnzimmer der großen Villa ausgeräumt und mit gemieteten kleinen Tischen und Stühlen vollgestellt, damit alle Gäste Platz hatten. Das Essen war ausgezeichnet und wurde elegant serviert. »Ganz anders als bei uns«, flüsterte Larry mir zu, und ich konnte nur zustimmend nicken. Die Firma, die das Personal stellte und das Essen lieferte, hatte keine Mühe gescheut, um den Colonel zufriedenzustellen. Deshalb klappte alles wie am Schnürchen.
Miranda und Joe blieben nicht allzu lange, sondern brachen gegen neun Uhr auf und wurden mit einem Potpourri aus Maoriliedern verabschiedet. Kurz zuvor hatte Larry halblaut zu mir gesagt: »Was ich mir jetzt wünsche, ist eine Tasse Tee — und etwas Ruhe. Ich schlage vor, daß wir uns anschließend bei dir treffen, Susan. Wenn du willst, kannst du auch Anne, Alison und Tony einladen. Oder fühlst du dich dieser Sache nicht mehr gewachsen?«
Ich schüttelte den Kopf; ich fühlte mich dieser Einladung nicht nur gewachsen, sondern freute mich schon darauf. Zu Hause konnten wir — die fünf Frauen und ihre Ehemänner — sämtliche Einzelheiten der Trauung besprechen: Wie klar Mirandas Stimme geklungen hatte, als sie »Ja!« gesagt hatte, wie ruhig und beherrscht Joe im Gegensatz zu anderen Männern in dieser Situation gewirkt hatte und wie wunderbar es gewesen war, sich ausnahmsweise keine Sorgen wegen der Kinder machen zu müssen. Die Kinder waren schon seit einer Stunde zu Hause, denn Tom war zu mir gekommen und hatte gefragt: »Soll ich mit ihnen heimfahren, Mrs. Russell? Sie haben soviel gegessen, wie überhaupt reingeht, und werden allmählich unruhig.« Ich war natürlich gern einverstanden gewesen, weil ich mir schon überlegt hatte, wie sich der Tatendrang unserer Kinder bremsen ließ, bevor sie unangenehm auffielen.
Als die Gäste sich verabschiedeten, brachen wir ebenfalls auf. Nachdem wir uns bei Mrs. Knowles und dem Colonel bedankt und unseren Freunden auf Wiedersehen gesagt hatten, zwängten wir uns in Sams und Julians Wagen, da Tom mit unserem Auto die Kinder nach Hause transportiert hatte. Er wollte sie dort mit Zauberkunststücken unterhalten, bis sie von ihren jeweiligen Eltern abgeholt wurden — und die Unterhaltung schien ihm auch ausgezeichnet zu gelingen, denn als wir unser Haus erreichten, brannte überall im Erdgeschoß Licht, und aus den offenen Fenstern drang fröhliches Lachen. »Als ob die Hochzeitsparty hier stattfände«, sagte ich zu Larry, aber dann merkte ich, daß sie nicht richtig zuhörte.
Sie starrte den Mini an, der im Hof neben unserem Wagen stand. »Susan, das ist Franks Auto«, stellte Larry erschrocken fest. »Irgendwas muß passiert sein!«
Wir blieben nicht lange im ungewissen, denn als der zweite Wagen neben uns hielt, wurde die Haustür auf gerissen, und die Kinder stürmten ins Freie, um uns die neueste Sensation mitzuteilen. »Sie sind verheiratet!« quietschte Christina, und Christopher ergänzte: »Sie haben sich heimlich trauen lassen.«
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