Übernachtung - Frühstück ausgeschlossen
Falls ich Platz hatte, wollten sie für zwei Wochen zu uns kommen — sie,
ihr Mann und ihr neunzehnjähriger Sohn.
Daß sie ihren Sohn mitbringen
wollte, verblüffte mich etwas, denn ein junger Mann in seinem Alter mußte unser
Leben todlangweilig finden. Falls er sich für Landwirtschaft interessierte,
konnte er sich Sam oder Paul anschließen, aber ansonsten gab es hier nichts,
was für einen Neunzehnjährigen verlockend gewesen wäre. Da er die Schule
bereits abgeschlossen haben mußte, fragte ich mich, ob er wie viele seiner
Altersgenossen gammelte und untätig auf eine Eingebung wartete, womit er sein
Geld verdienen sollte. Ich antwortete Mrs. Woodford, sie könnten gern kommen,
und erwähnte, daß ich bezweifelte, daß ihr Sohn sich bei uns amüsieren werde.
»Ich bin ganz Ihrer Meinung,
daß ein Junge von neunzehn Jahren sich wahrscheinlich bei Ihnen langweilen
wird«, hieß es in ihrem Antwortbrief offen, »aber Frank hat keine andere Wahl.
Er hat einen schweren Verkehrsunfall gehabt, und der Arzt besteht darauf, daß ich
ihn nicht aus den Augen lasse.
Frank ist nicht selbst
gefahren, aber er fühlt sich trotzdem schuldig, weil er seinen Freunden
zugeredet hat, länger als ursprünglich geplant auf einer Party zu bleiben. Der
Fahrer ist dann betrunken von der Straße abgekommen, und es hat zwei
Schwerverletzte gegeben, während Frank nur ambulant behandelt werden mußte.
Seitdem leidet er unter starken Schuldgefühlen, obwohl er nie darüber spricht.
Da ich selbst Krankenschwester bin, ist Frank bei uns ebenso gut wie in einer
Klinik aufgehoben — deshalb hat er sich ins Unvermeidliche gefügt und will
mitkommen. Wir werden dafür sorgen, daß er Sie nicht belästigt, und er reitet
jedenfalls leidenschaftlich gern .«
Mrs. Woodfords Brief gefiel
mir, zumal ich mir sagen konnte, daß der junge Frank mich schließlich nichts
anging. Seine Mutter würde sich um ihn kümmern, und mir konnte es gleichgültig
sein, ob er sich langweilte oder nicht. Die Familie traf eine Woche später ein,
und Frank war mir trotz seiner imponierenden Größe und seiner ernsthaften Art
nicht eben sympathisch. Er langweilte sich offensichtlich und war etwas zu sehr
von sich selbst überzeugt. Er trug natürlich die Einheitskleidung der jüngeren
Generation — ausgewaschene und nicht allzu saubere Jeans und ein indisches
Baumwollhemd — und eine Halskette aus großen Glasperlen.
Seine Mutter entsprach genau
dem Bild, das ich mir von ihr gemacht hatte: Sie war eine energische
Mittvierzigerin, die ich mir gut als Krankenschwester vorstellen konnte. Mr.
Woodford war ein freundlicher, eher unscheinbarer Mann, der stets seine Pfeife
zwischen den Zähnen hatte und sich gutmütig von seiner Frau herumkommandieren
ließ.
Frank trug mißmutig einen Teil
des Familiengepäcks ins Haus, erwiderte meinen Gruß und machte sich dann nicht
die Mühe, weiter mit mir zu sprechen. Da ich diese Einstellung meiner
Generation gegenüber kannte, sprach ich ebenfalls nicht mit ihm und ersparte es
ihm auf diese Weise, sich mit jemand unterhalten zu müssen, der älter als
zwanzig war.
Als ich Larry den jungen Mann
beschrieb, nickte sie weise. »So sind die jungen Leute heutzutage fast alle,
aber das ändert sich, sobald sie mit Gleichaltrigen zusammenkommen. Warte nur,
bis Frank unsere Annette kennenlernt! Dann wacht er bestimmt auf .«
Einige Tage später kam Tony vorbei
— ausnahmsweise allein. Als ich nach Annette fragte, antwortete sie lachend:
»Wo sie gerade ist, errätst du nie! Sie ist mit Frank Woodford ausgeritten .«
»Aber wie haben die beiden sich
kennengelernt ?«
Tony blinzelte mir zu. »Der
Postbote hat einen Fehler gemacht und einen Brief für Mr. Woodford in unseren
Briefkasten geworfen .«
»Nur merkwürdig, daß dir das
erst aufgefallen ist, als die Woodfords schon wieder gegangen waren.«
»Ja, findest du nicht auch?
Annette und ich haben jedenfalls beschlossen, den Brief als reitende Boten
abzuliefern. Mrs. Woodford hat uns begrüßt — sie ist
sehr nett, glaube ich — und hineingebeten. Ich habe die Einladung angenommen,
obwohl Annette mir ein Zeichen gab, ich solle sie ablehnen. Im Wohnzimmer legte
ein großer junger Mann mit mürrischem Gesicht Holz im Kamin nach. Zu meiner
gelinden Enttäuschung veränderte sich sein Gesichtsausdruck nicht, als ich
hereinkam, obwohl er mir immerhin zunickte. Offenbar hat er mich ebenfalls
unter >die Alten< eingereiht .« Tony machte eine bedeutungsvolle
Pause. »Aber du hättest ihn
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