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Übersinnlich

Übersinnlich

Titel: Übersinnlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Dirks
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ist nicht der geeignete Ort für eine Dame.“ Die keuchende Stimme gehörte vermutlich zu dem Soldaten.
    „Lady Molland fungiert als meine medizinische Assistentin. Sie ist daran gewöhnt, Materialien für unsere wissenschaftlichen Versuche an den sonderbarsten Orten zu besorgen. Gefängnisse oder Schlachtfelder machen da keinen Unterschied.“
    Luthias Stimme überlagerte jedes andere Geräusch wie eine Sturmbö, die über das Feld fegte.
    „Und hier haben wir auch schon ein Prachtexemplar.“
    Ein alarmierendes Kribbeln in Caydens Wirbelsäule ließ ihn ahnen, dass er gemeint war. So musste sich ein in die Enge getriebenes Kaninchen fühlen, bevor es mit den letzten flinken Haken die Flucht ergriff. Für Cayden kam es nicht infrage, Haken zu schlagen. Er wusste nicht mal mit Bestimmtheit, welche seiner Körperteile überhaupt noch funktionierten.
    „Er trägt den Tartan der Macleans.“ Die Frau beugte sich vor und strich über den Stoff seines Kilts, wobei sie ihre kühlen Finger darüber hinaus über sein Bein streifen ließ.
    Eine glänzende Haarsträhne fiel ihr über die Schulter, so schwarz wie das Hutnetz, unter dem es zuvor verborgen lag. Der Duft von Lilien drang in Caydens Nase, legte sich über den Dunst von Blut und Schweiß, der ihn umgab.
    „Tapfere Männer“, meinte der Soldat andächtig. „Kämpften in der ersten Reihe der Formation. Kein Wunder, dass alle gefallen sind.“
    „Dieser hier lebt“, verkündete die Frau. „Seine Lider flattern.“
    Caydens Herz drohte auszusetzen. Er öffnete die Augen. Es machte keinen Sinn mehr, sich zu verstellen. Die drei Gestalten ragten bedrohlich über ihm auf. Gleich würde es vorbei sein. Dennoch regte sich sein Überlebensinstinkt. Mit den Augen suchte er die Umgebung nach einer Waffe ab, obwohl er nicht wusste, wie er danach greifen, geschweige sie anwenden sollte.
    Die Frau warf dem geheimnisvollen Baron einen vielsagenden Blick zu, woraufhin dieser mit seinem verzierten Gehstock gegen Caydens Brust stupste wie ein Gossenkind, das überprüfen wollte, ob der tote Vogel vor ihm auch wirklich tot war.
    Ein wütendes Stöhnen entfuhr Cayden. Er war doch kein Schlachtvieh.
    „Sieh mal einer an“, sagte der Soldat. „Sogar wenn sie im Dreck liegen, bleiben die Schotten rebellisch.“ Er lud seine Waffe nach, um auf Cayden zu zielen.
    Luthias schlug den Arm des Soldaten beiseite. „Wir nehmen ihn mit.“
    „Aber Baron, der Kerl ist halb tot. Mit dieser Kopfwunde geht er nirgendwo mehr hin.“
    Kopfwunde? Cayden versuchte, sich abzutasten, doch sein Arm sank auf halbem Weg kraftlos hinab.
    „Könnt Ihr sprechen? Wer seid Ihr?“ Im Schein des Mondes wirkten die hageren Gesichtszüge des Barons ebenso bleich wie die der Leichen neben Cayden. Bei dem Versuch zu antworten, schossen grelle Lichtblitze durch seinen Kopf. Ein knurrender Schmerzlaut war das Einzige, was er über die Lippen bekam.
    „Sir, ich muss doch bitten.“ Der Baron rümpfte seine Hakennase. „Unsereins geht nicht zu Boden und droht zu verbluten.“ Er zog ein Spitzentaschentuch aus dem Brustrevers und wedelte damit geziert vor seinem Gesicht.
    „W… was?“, brachte Cayden mühsam hervor. Verdammt, wovon redete der Mann?
    Erneut neigte sich die Dame zu ihm herunter, um prüfend sein Gesicht zu betrachten. Für einen Moment trafen sich ihre Blicke. Ihre karamellfarbenen Augen weiteten sich kaum merkbar, doch Cayden hatte ihr verhaltenes Erstaunen bereits bemerkt.
    „Er ist ein Geborener.“ Ihre Worte waren an den Baron gerichtet, während sie Cayden weiter ansah.
    Das Spitzentaschentuch hatte seinen Dienst getan und sank schlaff zur Seite. Die Brauen des Barons hoben sich in unverhohlener Überraschung. „So? Ist er das?“
    Das nächste fremde Gesicht neigte sich prüfend über Cayden. Nicht nur das, der Adlige schreckte nicht davor zurück, mit dem Daumen Caydens Oberlippe anzuheben und seine Zähne zu begutachten. Erneut verfluchte Cayden seine Unfähigkeit, vor dieser ungehobelten Behandlung zurückzuweichen. Nicht mal in die Gedanken des Fremden konnte er vordringen.
    „Die Reißzähne sind nicht vollständig ausgebildet“, stellte der Baron nachdenklich fest. „Anscheinend habt Ihr versäumt, Euch vernünftig zu nähren, junger Mann.“
    Der tadelnde Tonfall brachte Cayden in Rage. Er war doch kein rechtloser Bediensteter, dass er sich eine derartige Behandlung gefallen lassen musste. Der Kerl sollte sich trollen und seine beiden Begleiter mitnehmen. Er brauchte

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