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Übersinnlich

Übersinnlich

Titel: Übersinnlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Dirks
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Luft ein. Verflucht. Das Ding war länger als erwartet. Alice wich mit geweiteten Augen zurück.
    Er setzte sich auf, um die Manschetten von seinen Fußgelenken zu lösen. Unwillkürlich fiel sein Blick auf die Innenseite seines Oberschenkels. Von der Wunde war nicht mehr zu sehen als eine feine, rosige Narbe.
    „Was habt ihr mit mir angestellt?“
    Wie es der Anstand gebot, hatte sich Alice abgewandt, damit er sich ankleiden konnte. Sie war dabei, einige Reagenzgläser mit verschiedenfarbigen Inhalten nach einem System zu ordnen, dessen Sinn Cayden verschlossen blieb.
    Nun wandte sie sich mit gerunzelter Stirn um. „Wir gaben Euch, was Ihr benötigt, um zu überleben. Blut.“
    Cayden stutzte. Schaudernd fiel sein Blick auf das pumpende Gefäß, mit dem er eben noch verbunden gewesen war. Irgendetwas ließ ihn ahnen, dass es sich bei dem Inhalt nicht um die Überreste einer geschlachteten Kuh handelte.
    „Menschenblut?“ Er musste schlucken bei der Vorstellung.
    „Selbstverständlich“, erwiderte Alice, als sei es das Normalste auf der Welt.
    Zögernde trat sie näher. „Sir? Ihr wisst wirklich nicht, was Ihr seid?“
    Eigentlich klang die Frage wie eine Feststellung. Ihm entfuhr ein leises Keuchen. Natürlich wusste er, was er war. Eine Missgeburt mit einer unnatürlichen Vorliebe für rohes Fleisch. Wohlgemerkt mit eine paar Vorzügen, die ihm sein Los durchaus erleichterten.
    Alice deutete sein Schweigen als Unwissenheit. „Lord Maclean, Ihr seid ein Vampir.“
    „Wohl eher eine Laune der Natur“, erwiderte er prompt, weil ihre Worte noch nicht ganz zu ihm durchgedrungen waren.
    Wirre Fetzen von mythologischen Wesen, Seelenlosen von gottverdammten Kreaturen schwirrten durch seinen Kopf.
    Er schloss die letzten Knöpfe seines Hemdes und lehnte sich mit vor der Brust verschränkten Armen gegen die Liege.
    Alice schnaufte verächtlich. „Lasst das nicht Baron Luthias hören. Für ihn sind Vampire die nächste Stufe der Evolution. Keine Laune der Natur, sondern eine Verbesserung der mangelhaften Ausgeburt Mensch.“
    Plötzlich wirkte sie verunsichert. Ihre Augen blickten traurig. Schnell senkte sie die Lider.
    Er musste seinen Kopf neigen, damit sich ihre Blicke trafen. Sie stand so nah bei ihm, dass er den Duft ihres Haares wahrnehmen konnte. Mit dem Finger hob er ihr Kinn an. Seidenweiche Haut.
    „Was ist mit Euch, Lady Molland? Ich habe gesehen, was Ihr auf dem Schlachtfeld getan habt. Demnach seid Ihr von derselben Art wie ich.“
    Voller Erstaunen blickte sie ihn an. „Oh nein, Sir, in keiner Weise kann ich mich mit Euch auf eine Stufe stellen. Ihr habt recht, ich bin ein Vampir, doch im Gegensatz zu Euch wurde ich geschaffen. Ihr seid ein Geborener.“ Das letzte Wort glitt wie ein ehrfürchtiges Wispern über ihre leicht geöffneten Lippen.
    Cayden fühlte sich unwiderstehlich von diesem vollen Mund angezogen.
    „Eine Gefangene seid Ihr demnach nicht, wenn ich richtig verstehe. Verzeiht meine Neugier, Mylady. Obgleich sie mir den Umständen entsprechend verständlich erscheint, doch was genau verbindet Euch mit Baron Luthias?“
    „Ich verstehe mich auf die Heilkunst und unterstütze den Baron bei seinen Forschungsarbeiten über die Effizienz der Sterblichen als Nahrungsquelle.“
    Wie einstudiert waren die Worte über ihre Lippen gekommen, doch ihre Hände nestelten am Saum ihrer Schürze herum. Anscheinend steckte mehr dahinter, als sie ihm mitteilen wollte. Was die Forschungen an Menschen betraf, hatte Cayden eine Ahnung, in welche Richtung sich das Streben des Barons bewegte. Mit der entsprechenden Behandlung war ein einzelner Mensch als Blutgeber wesentlich ergiebiger, als wenn man ihn vollständig aussaugte, was einen unbedingten Ersatz erforderte. Herrgott, woher kamen ihm diese Gedanken? Bislang hatte er nie das Bedürfnis nach Menschenblut verspürt, da der Verzehr von rohem Tierfleisch ausreichend erschien. Anscheinend hatte die unfreiwillige Transfusion eine entscheidende Veränderung hervorgerufen.
    „Oder Eure natürliche Entwicklung hat ihren Teil dazu beigetragen.“ Baron Luthias war wie aus dem Nichts erschienen und trat mit seltsam schwebenden Schritten näher.
    Alice trat erschrocken von der Liege weg, nicht ohne unter Luthias’ warnendem Blick den Kopf zu senken.
    Unmittelbar vor Cayden blieb der Baron stehen. Die Nähe zu dem fremdartigen Kahlkopf war weitaus weniger angenehm als die von Alice.
    „Sie ist so bescheiden, meine Alice.“ Luthias legte besitzergreifend

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