Übersinnlich
süßer Triumph. Und gleichsam ein Zeichen von Schuld, die er auf seine Seele geladen hatte.
Er hatte Carl nie viel abgewinnen können. Ein herrschsüchtiger, verbohrter Mann, der keinerlei Skrupel kannte. Selbst wenn sein Tod nicht Teil eines Handels gewesen wäre, hätte es Armand das größte Vergnügen bereitet, diesen Menschen zu töten.
„Armand!“
Auch mit dem Erkennen ließ das unruhige Flackern in seinem Blick nicht nach. Armands Lächeln fiel zynisch aus.
„Ist wohl nicht ganz die Gesellschaft, die du heute Nacht erwartet hast.“
Carls Kehlkopf hüpfte, als er schluckte. Er glaubte keine Sekunde an einen Zufall. „Was willst du von mir?“
Armand antwortete nicht, sondern trat lediglich näher. Das Ashera-Oberhaupt hingegen wich zurück. Wo war sie denn, seine angebliche Stärke? Zu wenig, um sie gegen einen Vampir einzusetzen? Dann hatte er seinen Posten nicht verdient.
„Du wirst sterben heute Nacht“, erklärte Armand ohne Umschweife.
„Das … das wagst du nicht. Ich bin …“
„… ein alter Mann, dem die Knie schlottern. Deine Zeit ist abgelaufen, jetzt sind andere an der Reihe.“
Nun dämmerte es Carl offensichtlich und anstelle der Furcht trat Empörung. „So ist das also. Ahnte ich es doch. Du steckst mit Franklin unter einer Decke. Oh, ich sehe, es war die richtige Entscheidung, ihn aus der Nachfolge zu streichen.“
Armand lachte leise. „Du wirst darauf keinen Einfluss nehmen.“ Er bleckte die Fänge. „Und jetzt lauf. Vielleicht hast du Glück und entkommst dem Jäger.“
Er machte einen Satz auf Carl zu, der rückwärts taumelte und das Gleichgewicht verlor. Aber so leicht wollte er keine Beute schlagen. Sollte der alte Narr ruhig ein wenig durch die Gassen flüchten. Adrenalin verlieh dem Blut eine köstliche Würze. Er sah von einem Hausdach aus zu, wie Carl sich ängstlich umschaute, auf die Beine kämpfte und losrannte. Die Jagd begann.
Immer wieder schnitt Armand dem Ashera-Vater den Weg ab, tauchte unverhofft am Ende einer Gasse oder aus einem dunklen Hauseingang auf und verleitete ihn auf diese Weise dazu, in einen Irrgarten zwischen den Häusern zu geraten. Sein Herz raste, Musik in Armands Ohren. Der Geruch seiner Angst bildete eine leicht zu verfolgende Spur. Armand jagte ihn wie eine Katze die Maus, spielte mit ihm und steigerte sich nur langsam zum Finale. Nach einer Weile verpasste er Carl bei jedem Aufeinandertreffen tiefe Kratzer mit seinen scharfen Nägeln oder riss ihm die Füße unter dem Leib weg, sodass er aufs Pflaster schlug. Doch noch zögerte er das Unvermeidliche hinaus.
Schließlich stellte er ihn in der Nähe seines Wagens. Die sichere Zuflucht schon vor Augen, stürmte Carl blindlings vorwärts und direkt in Armands Arme. Ein fester Griff, ein Fauchen, und der Körper erstarrte paralysiert, während die Fänge tief in die Kehle drangen. Armand trank gierig, die schwache Gegenwehr bemerkte er kaum. Carls Gedanken zogen ihn in ihren Bann. Bei so viel Abgründen kam er sich geradezu menschlich vor. Schlecht schlafen würde er wegen dieses Mordes jedenfalls nicht.
Wenig später war er zufrieden und gesättigt auf dem Weg zu Franklin, damit dieser die Leiche abholen und verbrennen lassen konnte, ehe jemand durch eine Obduktion die wahre Todesursache ermittelte. Sie hatten sich darauf geeinigt, dass es offiziell ein Herzinfarkt war.
Er näherte sich seinem Geliebten von hinten, der an einem Regal in der kleinen Bibliothek stand und in einem Buch blätterte, wo er etwas zu suchen schien. Armand schlang die Arme um ihn und presste seine Lippen auf die warme Haut des Nackens. Franklins Reaktion fiel anders aus als erwartet. Statt sich an ihn zu schmiegen, ließ er das Buch fallen und befreite sich ärgerlich. Irritiert wartete Armand auf eine Erklärung, doch Franklin war wichtiger, zu erfahren, was mit Carl war.
„Er ist tot, wie du es wolltest.“
„Gut!“
Franklin ließ sich erklären, wo sie die Leiche finden konnten und verschwand für einen Moment. Als er zurückkam, hob er das Buch auf und stellte es ins Regal zurück. „John ist schon auf dem Weg. Er wird die Leiche hierher bringen, damit man Carls Tod bestätigt. Vorher kann ich ihn nicht verbrennen lassen.“
„So wie auch sie verbrennen musste“, entfuhr es Armand. Franklin sah ihn einen Moment misstrauisch an, seine Unruhe wuchs. Während er sich einen Scotch einschenkte, zitterten seine Hände. Armand entschied, die Taktik zu ändern. „Carl sagte, er habe dich aus der
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