Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Übersinnlich

Übersinnlich

Titel: Übersinnlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Carpenter , Britta Strauss , Kerstin Dirks , Helene Henke , Tanya Carpenter
Vom Netzwerk:
weil sich unter der Anstrengung jeder Muskel seines Körpers zu einem einzigen, unerträglichen Schmerz zu vereinen schien. Wenigstens vermochte er zu atmen, wenn auch beschwerlich, denn eine schwere Last drückte seinen Körper fest in den matschigen Untergrund.
    Er spuckte feuchte Erde aus, um besser Luft zu bekommen. Gerne hätte er über sein Gesicht gewischt, doch im Moment war er nicht sicher, wo sich seine Arme befanden. Mit einem Auge versuchte er zu blinzeln, bemüht das andere fest geschlossen zu halten, weil seine Gesichtshälfte im torfigen Erdreich vergraben lag. Eine überwältigende Stille umgab ihn. Nichts war mehr zu hören, vom ohrenbetäubenden Schlachtgetümmel. Der letzte Kanonenschlag musste ihn fast taub gemacht haben. Ein anhaltendes Pfeifen in seinen Ohren zeugte davon. Betäubte Verzweiflung machte sich in Cayden breit, gleichkommend mit dem Wunsch zurück in die Ohnmacht zu gleiten. Doch seine Erinnerungen setzten erbarmungslos ein.
    Natürlich war Cayden dem Aufruf an die schottischen Clans gefolgt, um im Bündnis mit Gott gegen die englische Besatzung in den Krieg zu ziehen. Schließlich hatten sie einige Jahre zuvor die Royalisten erfolgreich besiegt. Doch dieses Mal hatten Cromwells Truppen das schottische Heer in Preston überrannt und den zweiten Bürgerkrieg zu einer vernichtenden Niederlage für den Herzog von Hamilton gemacht.
    Unter nicht enden wollendem Beschuss, hatte sich Caydens Bataillon immer mehr gelichtet. Sein Aufruf zum Rückzug war unabdingbar. Die Schlacht hatte ihren Höhepunkt in einem schrecklichen Blutbad erreicht. Umgeben von Rauch und den Schreien der besiegten Highlander, starben seine Männer unter Cromwells unerschütterlichem Beschuss. Irgendwann hatte ein Kanoneneinschlag in unmittelbarer Nähe auch Cayden zu Boden gehen lassen.
    Eine Welle von Übelkeit schlug über ihn ein, während sein Körper auf schmerzvolle Weise Lebenszeichen verkündete. Cayden unterdrückte den Drang, sich zu übergeben. Das fehlte noch. Er hatte nicht vor, an seinem Erbrochenem zu ersticken. Mit zusammengebissenen Zähnen versuchte er seine Schulter unter der Last auf seinem Rücken, die sich als Leichnam entpuppte, hervorzuziehen. Langsam richtete er seinen Oberkörper auf. Der Arm, auf dem er sich abstützte, kribbelte, als die Blutzirkulation wieder einsetzte. Sein Ellenbogen glitt tiefer in den Matsch, bis er Halt auf festem Boden fand.
    Die Bezeichnung Schlachtfeld hätte nicht treffender sein können. Soweit das Auge reichte, lagen Leichen in grotesken Verrenkungen sowie abgetrennte Gliedmaßen von einst tapferen Kämpfern. Der vom Kanonenfeuer geschwärzte Himmel kündigte mit milchigem Licht das Ende des Tages an. Raben zogen krächzend ihre Bahnen, ließen sich behäbig auf den toten Körpern nieder, um sich mit spitzen Schnäbeln an ihnen gütlich zu tun.
    Bald würden die Plünderer kommen, um in ihrer abgeklärten Not rücksichtslos die Leichen der gefallenen Soldaten nach verwertbarem Gut abzusuchen. Wie im ersten Bürgerkrieg würde die Nachhut der Siegertruppen anrücken und jedes noch verbliebene Leben auf dem Schlachtfeld beenden. Ob Plünderer oder Soldat spielte dabei keine Rolle. Wer das Gemetzel überlebt hatte, sollte sich schleunigst davon machen.
    Es war leichtsinnig von ihm bei Tageslicht zu kämpfen, anstatt wie üblich mit seiner Nachtgarnison hinterhältige Angriffe abzuwehren. Doch seine Loyalität gegenüber Schottland war stärker, als sein Selbsterhaltungstrieb. Schließlich riskierten seine Kameraden auch ihr Leben ohne eine naturgegebene besondere Heilungsfähigkeit wie die, über die er verfügte. Ein wohlbehütetes Geheimnis zwischen ihm und seiner Mutter, damit niemand den Sohn des Lairds von Duart Castle eine Missgeburt nennen konnte. Benachteiligt hatte sich Cayden durch diese meschante Laune der Natur nie gefühlt. Dazu barg es zu viele Vorteile, nahezu unverletzbar zu sein oder in den Gedanken seiner Mitmenschen zu lesen.
    Jetzt musste er dringend hier weg, doch nicht, bevor er sich über das Ausmaß seiner Verletzungen klar war. Keine einfache Aufgabe, wenn Schwindelanfälle ständig das Blickfeld verengten. Er spürte sein rechtes Bein nicht, obgleich dort das Zentrum der Schmerzen zu liegen schien. Seine Hand zitterte bedenklich, als er den Saum seines Plaids langsam hochschob. Der Schreck rauschte wie eine heiße Welle durch seinen Körper. An seinem Oberschenkel klaffte eine offene Wunde, in der noch die abgebrochene Spitze eines

Weitere Kostenlose Bücher