Überwachtes Netz
Kryptographie-Experten, dass das theoretische Fundament der Verschlüsselung – seine mathematischen Grundlagen – unberührt bleibt. Das Problem liegt in der Implementierung und in dem Zusammenhang, in dem Kryptographie eingesetzt wird. Edward Snowden weiß wahrscheinlich besser als die meisten anderen, wie die Situation wirklich aussieht. Er hat es so ausgedrückt:
»Verschlüsselung funktioniert. Richtig umgesetzt sind starke Kryptosysteme eines der wenigen Dinge, auf die man sich verlassen kann. Leider ist Endpoint-Security so furchtbar schwach, dass die NSA ständig Wege findet, sie zu umgehen.«
Das ist ein extrem wichtiger Hinweis, was wir tun müssen. Es sagt uns, dass an Kryptographie an sich nichts falsch ist, nur an den korrumpierten Implementierungen von sonst starken Verschlüsselungstechniken. Das wurde durch kürzliche Leaks bestätigt, die zeigen, dass Softwarefirmen daran mitarbeiten, die angeblich sichere Software, die sie verkaufen, zu schwächen – das ist ein grundlegender Betrug des Vertrauen, das Kunden ihnen entgegenbringen.
Die guten Neuigkeiten sind, dass wir eine Alternative haben. In den letzten Jahrzehnten ist mit freier Software und offenem Quelltext ein ganzes Software-Ökosystem entstanden, das sich der Kontrolle traditioneller Computerindustrie entzieht. Das macht eine Unterwanderung durch die NSA wesentlich schwieriger, da der Quellcode offen entwickelt wird. Das ermöglicht es jedem, den Code durchzusehen und nach Backdoors zu suchen – geheime Wege, um zu spionieren und Software zu kontrollieren.
Das heißt nicht, dass freie Software komplett immun gegenüber Sicherheitsproblemen ist. Viele Open Source Produkte stammen von Firmen und es ist vorstellbar, dass auf manche Druck ausgeübt wurde, ihre Teile ihrer Arbeit zu schwächen. Freie Software kann unterwandert werden, wenn sie von dem Quellcode, der sich leicht auf Backdoors überprüfen lässt, in Binärprogramme übersetzt werden, die dann tatsächlich auf dem Computer ausgeführt werden und für die das nicht mehr möglich ist. Es gibt auch die Möglichkeit, in Downloadverzeichnisse von quelloffener Software einzubrechen und diese auf subtile Art und Weise durch gefälschte zu ersetzen.
Trotz dieser Probleme ist Open Source immer noch die größte Hoffnung, die wir haben, wenn es um starke Verschlüsselung geht. Aber in Folge der Snowden-Enthüllungen muss die Free Software Community zusätzliche Vorsicht walten lassen, um das Risiko zu minimieren, dass Code anfällig gegenüber Angriffen und Subversion durch Spionageeinrichtungen ist.
Über solche Maßnahmen hinaus sollte die Open Source Welt auch anfangen, eine neue Generation von Anwendungen zu schreiben, die starke Kryptographie beinhalten. Solche existieren schon, aber sie sind oftmals schwer zu bedienen. Es bleibt mehr zu tun, um sie für einen durchschnittlichen Nutzer brauchbar zu machen: Er mag sich zwar nicht für die Möglichkeit interessieren, dass NSA und GCHQ seine Onlineaktivitäten überwachen, aber wenn es ein Angebot an guten Werkzeugen gibt, die es einfach machen, solchen Bemühungen vorzubeugen, könnte es sein, dass viele Menschen sie benutzen. Genauso wie viele zum Firefox-Browser gewechselt sind – nicht weil er offene Standards unterstützt, sondern weil er besser ist.
Es gibt keinen Grund, hoffnungslos zu sein, auch wenn das Ausmaß der Spionage, das Snowden enthüllt hat, einem den Atem verschlägt und die Leaks über die tiefgreifende und absichtliche Zerstörung der kompletten Vertrauens- und Sicherheitssysteme des Internets schockierend sind. Selbst angesichts der weitgehenden Ignoranz in der Öffentlichkeit und der Gleichgültigkeit gegenüber der Gefahr, die Totalüberwachung für die Demokratie darstellt, können wir, soweit wir wissen, immer noch starke Verschlüsselung in quelloffener Software benutzen, um unsere Privatsphäre zu schützen.
Das könnte in der Tat eine Möglichkeit für Open Source sein, von einem größeren Publikum angenommen zu werden. Denn wir wissen nun, dass kommerzieller Software nicht mehr vertraut werden kann und sie effektiv Spyware ist, für die man bezahlen muss. Und so wie Moores Law der NSA und GCHQ erlaubt, immer größere Mengen unserer Daten abzugreifen und zu analysieren, kann auch freie Software davon profitieren.
Indem Moores Law weiterhin den Preis für Computergeräte senkt – seien es PCs, Smartphones oder Tablets – sind mehr Menschen in Entwicklungsländern auf der ganzen Welt in der
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