Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Überwachtes Netz

Überwachtes Netz

Titel: Überwachtes Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Meister Markus Beckedahl
Vom Netzwerk:
geknackt. Snowdens Aussage, dass man sich auf die Verschlüsselung selbst verlassen könne, passt also ganz genau ins Bild.
    Der Zugang zu Informationen aus dem »Bullrun«-Programm ist strikt auf das GCHQ und seine »Partner zweiter Ordnung beschränkt«, das sind Australien, Neuseeland und Kanada. Dazu bedarf es noch einer speziellen »Clearance« für den Zugriff, die über Top Secret hinausgeht, nämlich »Bullrun indoctrinated«. Über letztere Qualifikation verfügte Edward Snowden offensichtlich nicht, andernfalls wären weit weniger Fragen noch offen.
    Die exponentiell gestiegene Zahl von so akquirierten Schlüsselderivaten erklärt sich offenbar auch dadurch, dass diese Derivate des eigentlichen Schlüssels, der ganz anderswo, nämlich auf dem Keyserver eines Unternehmens liegt, periodisch erneuert werden müssen. Pro Benutzer fallen also regelmäßig neue, temporär gültige Schlüssel an.
    Komplizenschaft
    Damit wird auch verständlich, dass es sich um ein sehr aufwendiges System handelt, mit 250 Millionen kostet Bullrun mehr als das Zehnfache des vergleichsweise günstigen und trivialen »PRISM«-Systems.
    Dass ein System wie »PRISM«, das von Microsoft bis Google die großen US-Internetfirmen verpflichtet, Kommunikationen der Benutzer für die NSA/
GCHQ im Klartext zur Verfügung stellen, überhaupt gebraucht wird, ist ein klares Indiz dafür, dass auch diese scheinbar allmächtigen Geheimdienste weit davon entfernt sind, die gängigen, als sicher geltenden Algorithmen wie AES 256 quasi im Flug zu knacken.
    Ohne direkte Komplizen unter den Telekoms und Internetfirmen, den Herstellern von Betriebssystemen für PCs, Smartphones usw. würde das derzeitige NSA-System schlichtweg nicht funktionieren.
    Dieser Text ist zuerst am 9. September 2013 auf ORF.at [260] erschienen, wir Danken dem ORF sehr für diese Zweitverwertung.

Das Recht auf eigene Gerätehoheit
als Bedingung der Privatsphäre
    Erik Albers
    Das Thema Überwachung dreht sich meist um die Überwachung des öffentlichen Raumes, spätestens seit PRISM auch um die der Telekommunikation. Im eigenen Zuhause oder im Kreise der Freunde hingegen denkt man nur selten an die Möglichkeit einer allgegenwärtigen Überwachung. Doch genau diese Gefahr droht durch den zunehmenden Kontrollverlust über unsere technischen (Kommunikations-)Geräte. Immer häufiger implementieren Hersteller Möglichkeiten des Fernzugriffs in ihre Produkte. Daraus resultierende Zugangs- und Kontrollmöglichkeiten seitens der Hersteller machen aus diesen Produkten zugleich willkommene Werkzeuge für Geheimdienste. Das persönliche Eigentum wird so zum Spion in der Tasche oder im eigenen Wohnzimmer. Um dieser Entwicklung entgegenzutreten bedarf es sowohl eines aufgeklärten Konsumverhaltens als auch eines aktiven Verbraucherschutzes, der dem Kunden die eigene Gerätehoheit garantiert.
    Gerätehoheit besitzt derjenige, der die volle Kontrolle über die Hardware eines Computers ausübt und darüber bestimmt, welche Software dieser Computer auszuführen in der Lage ist und welche nicht. Als das ‘Recht auf eigene Gerätehoheit’ wird im Folgenden das Recht des Verbrauchers verstanden, die volle Kontrolle über die eigene Hardware auszuüben. Dies schließt die Verpflichtung der Hersteller ein, dem Verbraucher die eigene Kontrollausübung technisch auch zu ermöglichen. Dazu unabdingbar ist die freie Wahl darüber, welche Software die erstandene Hardware ausführt und – ebenso wichtig – welche nicht.
    Obwohl sich das in Zukunft mit dem sogenannten ‘ trusted computing ’ [261] ändern mag, waren Verbraucher diese Freiheit – die Freiheit, selbstständig über die verwendete Software des eigenen Computers zu entscheiden – bislang von klassischen Desktop- und Laptop-Computern gewohnt. Doch mit der zunehmenden Verbreitung weiterer Computer im Alltag – Mobiltelefone, Navigationsgeräte, Spielekonsolen und Ähnliches – werden technische Geräte immer häufiger ohne entsprechende Hoheitsrechte an den Verbraucher ausgeliefert. Das Interesse der Hersteller ist dabei zunächst einmal von der Bindung des Kunden an das hauseigene Produkt geleitet, um auf dieser Basis fortführend Profite zu generieren. Bisherige Debatten um Gerätehoheit fokussierten sich deshalb oft auf Eigentums- und Verbraucherschutzrechte sowie marktwirtschaftliche und monopolrechtliche Bedenken. Spätestens seit den aktuellen Enthüllungen um das US-amerikanische Überwachungsprogramm PRISM jedoch muss die

Weitere Kostenlose Bücher