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Überwachtes Netz

Überwachtes Netz

Titel: Überwachtes Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Meister Markus Beckedahl
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individuell fernsteuern lassen, dann ist dies zugleich eine Eintrittstür für die amerikanische National Security Agency (NSA) oder andere Geheimdienste. Laut dem Guardian – in Berufung auf die Enthüllungen von Edward Snowden – wird der NSA seit 2007 direkter Zugriff auf die Daten und in die Systeme Microsofts ermöglicht und seit 2009 auch auf diejenigen Googles [264] . Selbst wenn es stimmen sollte, dass derartige Zugriffe der NSA nur äußerst selektiv erfolgen, stellt die Herausgabe von Zugangsdaten, die der Fernkontrolle von Hardware dienen, seitens der Hersteller ein nahezu perfektes Überwachungsinstrument und damit einen tiefgreifenden Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht jedes Einzelnen dar. Die eigene Gerätehoheit wird so zur Voraussetzung für den Schutz der eigenen Privatsphäre.
    Lösung: ‘Control by Design’
    Der Zusammenhang von Gerätehoheit und Privatsphäre ist von zentraler Bedeutung. Das Argument, dass keiner gezwungen sei, derartige Produkte zu kaufen, wird zukünftigen Entwicklungen nicht länger gerecht. Zwar kann man anhand der genannten Beispiele behaupten, dass niemand ein Google Glass oder eine Microsoft Xbox One kaufen müsse. Doch findet sich ähnliche Hardware bereits heute in unzähligen Gegenständen, auf die man weder in der Arbeitswelt noch im privaten Alltag verzichten kann, wie beispielsweise Laptops oder Mobiltelefone. Auch bedarf es keiner großen Vorstellungskraft mehr, um zu sehen, dass wir in naher Zukunft von immer mehr Geräten umgeben sein werden, die mit gleicher Hardware ausgestattet sind [265] . Was deshalb heute für die Kontrolle unserer Kommunikationsgeräte oder der oben genannten Datenbrille und Spielekonsole gilt, wird in Zukunft für immer mehr Dinge gelten: Uhren, Wecker, Kopfhörer, Kaffeemaschinen, Kühlschränke und die meisten technischen Geräte werden in Zukunft die Möglichkeit haben, über das Internet Daten auszutauschen. Zwar werden nicht alle diese Geräte als Überwachungsmaschine dienlich sein, weil ihnen Augen und Ohren – beziehungsweise Kamera und Mikrofon – fehlen. Doch auch die Geräte, die nicht mit derlei Hardware ausgestattet sind, werden Daten produzieren, deren Analyse immer präzisere Formen der individuellen Kontrolle und Überwachung ermöglicht. Der Kühlschrank zum Beispiel: Auf den ersten Blick erscheint dessen Inhalt nicht zentral für die Privatsphäre zu sein. Doch lassen sich auch dadurch Rückschlüsse auf unser Konsumverhalten (z.B. Vegetarismus), unsere Gesundheit (z.B. Medizin), unser Wohlbefinden (z.B. Alkoholkonsum) oder unsere körperliche Anwesenheit (z.B. Veränderung bzw. Nicht-Veränderung des Inhalts) schließen.
    Privatsphäre und die Möglichkeit der privaten Kommunikation sind jedoch Voraussetzungen für eine freie Gesellschaft, die wiederum Voraussetzung für ein freies demokratisches Gemeinwesen ist. Um diese Freiheiten zu wahren, muss deshalb für alle Geräte mit Internetzugang – in Anlehnung an die Forderung nach einem ‘ Privacy by Design ’ [266] – ein Konsens über ein ‘ Control by Design ’ etabliert werden: Ein Ansatz, in dem bereits bei der Entwicklung neuer Hardware-Produkte die eigene Gerätehoheit in die Gesamtkonzeption einbezogen, eingehalten und geprüft werden muss. Denn um seinem Recht auf Privatsphäre gerecht zu werden, muss ein Nutzer jederzeit in der Lage sein, seine eigene Hardware abzuschalten und eigenständig darüber bestimmen zu können, wann beispielsweise eine Kamera oder ein Mikrofon aktiv ist. Genauso muss ein Nutzer darüber entscheiden können, wann welche Daten eines Gerätes wohin übertragen werden. Eine unautorisierte Fernkontrolle hingegegen muss ausgeschlossen sein. Letztendlich sind diese Forderungen nur realisierbar, wenn wir auch die Kontrolle über die Software haben, die wir zur Kontrolle der Hardware verwenden. Erst das Recht, jede Software auf jedem Gerät zu installieren, beziehungsweise zu entfernen, ermöglicht uns die volle Gerätehoheit.
    Für das »Internet der Dinge« muss schließlich das gleiche gelten, was heutzutage noch für das World Wide Web gilt: Die Möglichkeit der Teilhabe für Jedermann unter vollständiger Kontrolle seiner verwendeten Hardware. Ebenso muss die Möglichkeit zur Verwendung freier Software garantiert sein. Um das zu ermöglichen, benötigen wir ein umfassendes Recht auf die eigene Gerätehoheit.
    Technologie in die Hände der Gesellschaft
    Wirtschaft, Staat und Geheimdienste haben, wenn auch aus

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