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Überwachtes Netz

Überwachtes Netz

Titel: Überwachtes Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Meister Markus Beckedahl
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unterschiedlichen Motiven, gemeinsam das Interesse an möglichst detaillierten Informationen über die einzelnen Individuen unserer Gesellschaft – die Wirtschaft aus ökonomischen Interessen und der Staat sowie dessen Apparate aus dem Interesse an einem vermeintlichen Sicherheitsgefühl. Die Kontrolle der Technologie wird dabei zu einem zentralen Element, das imstande ist, unsere Privatsphäre auszuhöhlen. Diesen Kontrollverlust des Verbrauchers zu unterbinden wird zu einer wichtigen Aufgabe für Gesellschaft und Politik. Oder, wie Joseph Weizenbaum es einst ausdrückte: »Daß die Menschheit in diesem höchst instabilen und gefährlichen Zustand lebt und abhängig ist von einer Technik, die sie kaum noch durchschaut, ist keine zwangsläufige Folge der technischen und wissenschaftlichen Entwicklung – es ist eine Folge des moralischen und politischen Entwicklungsstandes der Gesellschaft.« [267]
    Um dem Kontrollverlust der Gesellschaft und des Einzelnen entgegenzutreten, sind unterschiedliche Wege denkbar. Elementar ist das Verbot jeglicher unautorisierter Form der Fernkontrolle und Zugriffsmöglichkeit sowie die Garantie und das Recht auf die eigene Gerätehoheit. Damit wäre es – je nach Komplexität des Gegenstandes – zumindest für technisch versierte Personen möglich, der Überwachung und Kontrolle durch Dritte zu entgehen. Um jedoch auch den technisch weniger versierten Verbraucher bestmöglich zu schützen und Aufklärungsarbeit zu leisten, sind weitere Formen des Verbraucherschutzes nötig. Längst überfällig ist beispielsweise eine Kennzeichnungspflicht für Hardware. Ähnlich wie auch Nahrungsmittelhersteller auf ihre Inhaltsstoffe und Zutaten hinzuweisen haben sollten auch Hardwarehersteller verpflichtet werden, ihre Kunden auf Einschränkungen oder Kontrollmöglichkeiten der Hardware hinzuweisen. Zum Beispiel » Dieses Produkt kann nicht offline genutzt werden «, » Dieses Produkt steht in ständigem Datenaustausch mit Firma XY «, » Dieses Produkt verwendet Ihre persönlichen Daten zur Bereitstellung personalisierter Werbung «, » Dieses Produkt hat Kamera und Mikrofon dauerhaft aktiviert « und so weiter. Eine derartige Kennzeichnungspflicht würde dem Verbraucher nicht nur die Einschränkung seiner Privatsphäre deutlich machen, sondern ihm dadurch erst die Möglichkeit geben, eine informierte und aufgeklärte Entscheidung zu treffen.
    Schwachstellen bei dieser Form der Selbstregulierung verblieben jedoch in der Überprüfung der gemachten Angaben. Denn während die Kontrolle eines Lebensmittels auf dessen Inhaltsstoffe möglich ist, ist die Überpüfung geschlossener IT-Systeme und geschlossener Quellcodes kaum möglich. Wie könnte man also die Angaben der Hersteller verifizieren? In der Theorie wäre dazu eine Prüfstelle denkbar, welcher komplette Einsicht in die verwendete Hardware und Software gegeben werden müsste. Damit könnten bestehende Einschränkungen oder Kontrollmöglichkeiten entdeckt werden. In der Praxis scheint ein solches Vorhaben jedoch allein aufgrund der unübersichtlichen Anzahl der monatlich neu erscheinenden technischen Geräte, den damit verbundenen langen Prüfzeiten, sowie fehlender internationaler Standards und Gremien unrealisierbar. Die effektivste Lösung ist daher die Einführung des allgemeinen Rechts jeden Verbrauchers, jede Software auf dem eigenen Gerät installieren zu dürfen und die Möglichkeit, vorhandene Software vollständig deinstallieren zu können. Indem die Möglichkeit gegeben ist, eigene Software zu verwenden, ist niemand länger auf die Software des Herstellers angewiesen. Dann kann jeder Kunde für sich entscheiden, ob er der Software des Herstellers vertraut oder nicht.
    Auf lange Sicht wäre es zielführend zum Schutz der Privatsphäre, Hersteller zu verpflichten, ihre Software offenzulegen. Auch wenn der Quellcode nicht als Freie Software veröffentlicht wird, würde seine Offenlegung zumindest die Überprüfung der Software durch Jedermann ermöglichen. Damit könnten Gefahren von Hintertüren und versteckter Fernkontrolle durch die Softwarehersteller weitestgehend ausgeschlossen oder zumindest transparent gemacht werden. Die Kontrolle und Hoheit über technische Geräte und deren verwendete Software würde dadurch direkt in die Hände des Verbrauchers und damit in die Hände der Gesellschaft gegeben werden. Damit es soweit kommen kann, ist es wichtig, ein allgemeines Bewusstsein über die Bedeutung des Rechts auf die eigene

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