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Uferwald

Titel: Uferwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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der Lederjacke und im Handbetrieb zur Sache ging. Danach hatte das teure Stück einen Fleck, was den Bilch erboste und die Frau erheiterte, und zwar erheiterte es sie umso mehr, je mehr es den Bilch erboste.
    »Und seither sucht er einen, dem er die Jacke andrehen kann.« »Die Frau – kenn ich die?«
    »Glaub ich nicht.«
     
    Mittwoch, 28. Oktober
    Schleppe Rocco zur Neuen Linken ins Nebenzimmer der »Heidenheimer Stuben« mit, Juffy ist da, Pippi, Groucho und der Stächele Frieder, alle ganz angetan, dass ich einen richtigen Arbeiter mitbringe, der Stächele nimmt ihn gleich in Beschlag, redet von einem Listenplatz für die Kommunalwahl, Rocco wird es unbehaglich, ich gebe Frieder ein Zeichen, dass er sich Zeit lassen soll. Irgendwann muss dann Juffy das Wort ergreifen und auch zeigen, dass er wichtig ist, und erzählt von seinem Praktikum im Heim Zuflucht, das ist ein Heim für kranke Obdachlose, die dort zwangsbetreut werden, falls ich das richtig verstanden habe, auch der schachspielende Rollstuhlfahrer, den Juffy auf mich hetzen will, ist dort untergebracht. Juffy ist ganz aufgebracht, das sei ein Thema für die Kommunalwahl, sagt er, die armen Teufel hätten kaum ein Taschengeld und müssten um jede Fluppe betteln... Ich überlege, wie viele Prozentpunkte ein Wahlkampf für die Obdachlosen wohl zusätzlich bringen wird, 0,01 Prozent? Das wäre nicht einmal wenig, wenn man auch so bestenfalls auf 1,1 kommt. Plötzlich stelle ich fest, dass Rocco nicht mehr da ist, und finde ihn im Schankraum, wo ein Spiel um den Europapokal übertragen wird, Juventus gegen Olympique Marseille. Ich setze mich zu ihm, so blöd das auch sein mag.
     
    Freitag, 30. Oktober
    Letzter Arbeitstag beim Neithardt, ich muss eine Runde Bier ausgeben, immerhin fragt der Alte, ob er im nächsten Frühjahr wieder mit mir rechnen kann, so fragt er das wirklich, aber ich sage, dass ich vielleicht ein Auslandssemester belege, wahrscheinlich in den USA, ich weiß auch nicht, wie ich darauf komme, aber der Alte war es zufrieden. Ich glaube, er wäre enttäuscht gewesen, wenn ich nur gesagt hätte, ja, mal gucken...
    Danach in den GlucksKasten, Bilch sitzt vor einem Glas mit Leitungswasser, das aber keins ist, sondern ein Gin Tonic, wie er mir erklärt, denn davon werde man »praktisch nicht betrunken«, freilich hätten sie hier keinen wirklich guten Gin, er werde dem Glucks einen besorgen, aber nur als Privatflasche für ihn selber, den Bilch also.
    »Hast deine Jacke losgeschlagen?«
    Plötzlich muss er lachen, er hat so eine kichernde Mädchenlache, dabei ist er ein plumper viereckiger Kerl.
    »Noch am gleichen Abend!«
    Auf dem Weg zu seinem Wagen, die Jacke unterm Arm, hätten ihn zwei Typen aus Klein-Kasachstan angehalten, was er denn da habe? Und Bilch hatte mehr Schiss als Verstand und doch noch so viel Geistesgegenwart, dass er ihnen das Stück hinhielt und jammerte, dass sie ihm das nicht wegnehmen könnten, das habe 3000 Mäuse gekostet, Einzelanfertigung!
    »Und jetzt läuft da in Böfingen einer in meiner Jacke herum, stolz wie zehn nackte Neger...«
    Ja, und die Jacke hat einen Fleck, nett.
    Juffy kommt, und schließlich auch die anderen, wir reden über das Wintersemester, das für die meisten von uns in der kommenden Woche beginnt und inzwischen für keinen von uns ein so rasend spannendes Thema mehr ist, nicht einmal für Schleicher, dann hat Juffy den Einfall, dass er den Wetterbericht gesehen hat und dass es morgen schön wird und dass wir uns eigentlich einen Semester-Eröffnungs-Ausflug angewöhnen könnten... Ich glaube, Juffy ist in einem anderen Leben Dekanatsjugendführer gewesen.
    Aber Puck schnappt das auf und sagt, das wär eine tolle Idee, wir könnten ins Kleine Lau tertal gehen und uns die alternative Kneipe angucken, die dort aufgemacht hat. Zwar zieht Luzie gleich eine krause Nase und will fragen, wieso und wozu die Puck dort einsteigen will, aber wenn Luzie eine krause Nase zieht, dann ist es so gut wie sicher, dass die Clique anders entscheidet.
     
    Samstag, 31. Oktober
    Der Wetterbericht hat sich nicht geirrt, und ich mich auch nicht. Als mich Isolde abholt, sitzt auch schon Juffy in ihrem Renault, und im Fond auf dem Platz, neben den ich mich setzen soll, liegt Juffys Klimpermaunze...
    T: »Was ist das?«
    I: » Was?«
    T: »Frag nicht so blöd.«
    I: »Nun steig doch ein.«
    T: »Nein.«
    I: »Warum nicht?«
    T: »Weil ich nicht bei den St.-Georgs-Pfadfindern bin. Weil ich nicht neben diesem Ding sitze.

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