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Uferwald

Titel: Uferwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Weil ich wahnsinnig werde, wenn der da das Klimpern anfängt, womöglich noch ›We shall overcome‹ ...«
    Das geht eine Weile so, schließlich nimmt Juffy das Ding nach vorne, und wir fahren los, der alte Renault röhrt gequält, vielleicht verträgt er Isoldes Fahrstil nicht, Juffy meint, wir werden froh sein müssen, wenn wir überhaupt bis Blaustein kommen, aber Isolde sagt, dass der Motor vor Behagen schnurre, wenn er so klingt, außerdem habe sie ihm versprochen, dass er in den nächsten Wochen frisches Öl kriegt und einen neuen Keilriemen, sie hat da hinter Söflingen eine kroatische Werkstatt zur Hand, da kostet die Inspektion noch nicht einmal ein Drittel von dem, was du sonst blechen musst... So kommen wir ins Kleine Lau tertal hinter Blaustein, nett, ja doch, die Sonne scheint, die Lauter glitzert und mäandert zwischen den Bäumen mit ihrem bunten Herbstlaub, und von den Hängen schauen dich die Kalkfelsen mit ihren Höhlen an, dass du denkst, es sind prähistorische Götzen oder Trolle wie bei Tolkien. Irgendwann kommen wir zu fünf Häusern und einer Kirche, die Kirche sieht ziemlich evangelisch aus, ein’ feste Burg ist unser Gott, und die Häuser erinnern an feuchte Keller. Dazwischen erstens der Quelltopf der Kleinen Lauter, ein Becken unterhalb einer schrundigen Felswand, das Becken grün von Wasserpflanzen, und zweitens die Gastwirtschaft »Zum Lamm«, bei der man raten muss, dass sie so heißt, denn die altertümliche Aufschrift ist fast schon ganz abgeblättert. Drinnen ist eine Wirtsstube mit einem freistehenden Eisenofen und Holzbänken und einer Holzdecke, aber keiner neo-rustikalen, sondern einer, die es dort schon immer gegeben hat, mindestens seit dem 19. Jahrhundert, oder wie alt diese Kneipe sein mag... Juffy ist ganz still, und ich kann sehen, wie seine Dekanatsjugendführerseele sich ganz andächtig dem Anblick der alten Balken hingibt. Schleicher und Luzie sind auch schon da, Puck macht sich mit den beiden Frauen bekannt, die den Gasthof übernommen und wiedereröffnet haben, eigentlich dachte ich, auf die Eröffnung und den Betrieb von alternativen Landkneipen sei man in den Achtzigern verfallen und lasse es inzwischen wieder bleiben, aber bei uns geht offenbar alles irgendwie langsamer. Irgendwo höre ich Isolde schrill entzückt kreischen, wir suchen besorgt nach der Ursache und finden sie im früheren Stall, in dem jetzt eine Tischtennis- platte steht, wobei Tischtennis eine ähnliche Wirkung auf Isolde hat wie die Gitarre auf Juffy, mit dem Unterschied allerdings, dass Isolde nicht in diesem Maß unbegabt ist wie Juffy. Jedenfalls fliegen Schleicher, der von uns noch der sportlichste ist, die angeschnittenen Bälle nur so um die Ohren, was mir sehr gut gefällt, so dass ich mich befriedigt wieder vor mein Bier setze. Später essen wir alle Pfannkuchen zu Mittag, Juffy wird immer seliger, Holzbalken und Eisenofen und Pfannkuchen! Zum Glück gibt es noch andere Gäste außer uns, am Nebentisch sitzt ein Mann allein, als sei ihm der Kneipenlärm Gesellschaft genug. Vor allem aber hat er einen schwarzen Labrador bei sich, der daliegt und Juffy aus bernsteingelben Augen betrachtet, was diesen doch etwas dämpft, denn er hat Schiss vor Hunden.
    Ich weiß nicht, aus welchem Grund, aber nach dem Essen fahren wir nicht zurück, mir ist es recht, es gibt Lustigeres als einen samstäglicher Fernsehabend mit der Alten Frau. Juffy und Luzie versuchen sich an der Tisch tennisplatte, ich will zu der Schlossruine, die etwas oberhalb der fünf Häuser liegt, Isolde und Bilch kommen ungefragt mit, was will der Bilch mit einer Ruine? Die Ruine liegt auf Baumwipfelhöhe über der Talsohle, oder genauer: die von Gehölz und Moos überzogenen Mauerreste tun das, eine Tafel teilt mit, dass hier einmal Paracelsus zu Besuch war. Der Anstieg ist nur kurz, aber Isolde und der Bilch schnaufen, Isolde, weil sie sich beim Tischtennis verausgabt hat, der Bilch, weil er noch nie Kondition hatte. Von der Ruine führen zwei Wege weiter den Hang hoch, ich will den steileren davon ausprobieren und sage den beiden, dass sie mich nicht zu begleiten bräuchten, Fußkranke könne ich nicht gebrauchen!
    Der Weg führt nicht ganz den Hang hinauf, sondern verläuft etwas unterhalb der Alb-Hochfläche, aber doch hoch genug, dass man auf die Felsen auf der anderen Talseite herunterschauen kann. Ich denke – ich weiß nicht mehr was, Tagträume eben, oder warum ich meine Zeit mit solchen Langweilern wie dem Bilch oder

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