UFOs über der Erde
Gesicht.
»Entschuldigen Sie meine Neugierde, Sir, aber wie ist dieser japanische Whisky?«
»Sie haben ihn nie probiert?«
»O nein, Sir.« Der Barmann schaute Falkner an, als habe der Colonel ihm eben eine besonders ekelhafte Form der Selbsterniedrigung empfohlen. »Niemals. Ich trinke überhaupt keinen Alkohol. Das wird wohl der Grund sein, warum der Computer mich für den Dienst an der Bar ausgewählt hat. He, he.«
»He, he«, sagte Falkner säuerlich. Er beäugte die Flasche mit dem Ersatz-Scotch. »Einigermaßen. Der nötige Sprit ist drin, und er schmeckt fast wie das echte Zeug – furchtbar. Bis wir wieder mit Schottland Handel treiben können, werde ich ihn eben trinken müssen. Dieses verdammte, blödsinnige Embargo. Man sollte dem Präsidenten die ...« Falkner beherrschte sich. Der junge Mann grinste scheu. Auch Falkner grinste trotz seiner elenden Stimmung, dann ging er zurück zu seinem Stuhl.
Die beiden Leutnants diskutierten immer noch. Falkner starrte auf den Bildschirm. Er wollte und konnte in seiner Freizeit keine Gedanken über Fliegende Untertassen zulassen. Schon der bloße Name war ihm verhaßt. Das war alles nur ein schlechter und dummer Witz, diese Untertassengeschichten, und der Witz ging auf seine Kosten.
Er war dreiundvierzig Jahre alt, obwohl er sich manchmal wie hundertdreiundvierzig fühlte. Er konnte sich vage erinnern, wann zum erstenmal von Fliegenden Untertassen die Rede gewesen war: 1947, gleich nach dem zweiten Weltkrieg. An den Krieg selbst konnte Falkner sich nicht mehr erinnern. Er war 1939 geboren, am Tag des deutschen Überfalls auf Polen, und als der Krieg endete, war er in die Schule gekommen. Aber er erinnerte sich an die Sache mit der Fliegenden Untertasse, weil sie ihm Angst gemacht hatte. Er hatte in einer Zeitschrift darüber gelesen, und der sensationell aufgebauschte Bericht hatte ihn mit Entsetzen erfüllt. Der kleine Tommy Falkner hatte sich immer für die Planeten und den Weltraum interessiert, schon zu einer Zeit, als die allgemeine Öffentlichkeit von solchen Dingen kaum etwas wußte.
Untertassengeschichten waren danach immer wieder und immer häufiger bekanntgeworden. Verrückte waren zu den Zeitungen gekommen, um über ihre Raumfahrten mit fliegenden Untertassen zu berichten. Tom Falkner war auch auf eine Raumfahrt aus, aber eine richtige. Als er 1957 in die Luftwaffenakademie eingetreten war, hatte er dieses unsinnige Zeug längst vergessen. Er wollte am amerikanischen Programm zur Erforschung des Weltraumes teilnehmen. Er wollte Astronaut werden.
Falkner nahm ärgerlich einen Schluck aus seinem Glas.
Ein paar Wochen, nachdem er Kadett geworden war, hatten die Russen einen Sputnik in der Umlaufbahn. Und nun entwickelte sich auch das amerikanische Raumprogramm. Für Projekt Mercury war er viel zu jung; neidvoll sah er zu, wie die Gemini-Astronauten in den Raum gingen und wieder herunterkamen. Aber beim Projekt Apollo war auch für ihn Platz. Er stand auf der Mannschaftsliste für einen geplanten Flug zum Mond. Mit etwas Glück, so rechnete er sich aus, könnte er es sogar schaffen, beim Marsprojekt dabeizusein, bevor er vierzig wäre.
In jenen Jahren war der Raum ernste Wirklichkeit. Er verbrachte seine Tage in Simulatoren, seine Nächte mit Mathematik. Fliegende Untertassen? Für Irre. »Kalifornische Geschichten« pflegte Falkner die Meldungen zu nennen, selbst wenn sie aus Michigan oder Dakota kamen. In Kalifornien glaubten die Leute an alles, selbst an purpurne Menschenfresser von den Sternen. Er arbeitete in seinem Beruf, und sein Beruf war der Raum. In dieser Zeit heiratete er auch, und es war keine schlechte Ehe, außer, daß keine Kinder aus ihr hervorgingen.
Er erinnerte sich an einen Abend im Jahr 1970, als er und ein paar von den anderen Apollo-Leuten miteinander gebechert hatten. Ned Reynolds, angeheitert und unvorsichtig, hatte sich plötzlich an ihn gewandt und gesagt: »Du wirst nicht von der Erde wegkommen, Tom. Willst du wissen, warum? Weil du keine Kinder hast. Schlechte Public Relations. Der Astronaut muß ein paar aufgeweckte Kinder haben, die zu Hause auf ihn warten, sonst verdirbt es den Fernsehpart.«
Falkner hatte amüsiert getan, aber es war ihm nicht leichtgefallen. Das gehörte nicht zu den Dingen, die man als nüchterner Mann zu einem Freund sagte, und ein nüchterner Mann hätte es sich auch von einem Freund nicht sagen lassen. Doch er hatte gelacht.
In vino veritas. Sechs Monate später hatten die Ärzte bei einer
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