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Uhrwerk Venedig (German Edition)

Uhrwerk Venedig (German Edition)

Titel: Uhrwerk Venedig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucas Edel , Emilia Dux , Susanne Wilhelm , Tom Wilhelm , Dirk Ganser , T. S. Orgel
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sich Signora Conti von Lucia los und pflügte durch die Menge. Es wurde laut auf der Piazza. Die Menschen drängten sich in Gruppen zusammen, sprachen, husteten, flüsterten und intrigierten.
    Lucia senkte ihren Kopf. Den Blick auf den Boden gerichtet quetschte sie sich weg von Santa Maria dei Miracoli, über eine Brücke, in eine Seitengasse. Die Mauern erinnerten sie an die Bilder von den Thermopylen, die sie in den griechischen Büchern ihres Vaters gesehen hatte. Sie zog es nicht in den Krieg, sondern nach Hause, obwohl ihr der Unterschied zwischen den beiden Begriffen in den letzten Jahren abhanden gekommen war.
    »Lucia!«
    Aus dem Schatten eines Haustores trat der junge Mann, der ohne Weiteres ihr Sohn hätte sein können. Lucia atmete vollkommen ruhig. Sie streckte ihren Rücken durch und trat einen Schritt auf den Jüngling zu. »Francesco. Warum verfolgst du mich?«
    »Auf ein Wort, ich bitte dich.« Der flehende Ausdruck in seinen Augen sicherte Lucia den Sieg.
    »Nein, keine Worte mehr. Halte dich fern von uns.«
    Sie streckte ihr Kinn nach oben. Ihr Blick ruhte unter halb geöffneten Lidern auf dem wimmernden Burschen.
    »Aber ich muss es erklären.« Francesco faltete die Hände vor einer gnadenlosen Madonna des Zorns.
    »Dafür wirst du im Fegefeuer genug Zeit haben.« Der Jüngling fiel auf seine Knie. Lucia schritt mit wallendem Kleid an ihm vorbei. Ohne weitere Eile ging sie nach Hause zu ihrer Tochter.
 
    Mit aller Kraft warf Lucia die Tür hinter sich ins Schloss. Die Calle della Terre samt Venedig blieben, wo sie hingehörten. Draußen.
    Sie zupfte das Barett aus den rotblonden Haaren und strich mit den Daumen sanft über die grüne Seide. Sie seufzte.
    Aus der Küche am Ende des Ganges kam Sara mit einem Teeservice auf einem Tablett. »In die Werkstatt.« Lucia ärgerte sich über die Schärfe ihrer Stimme. Die Dienerin, die seit Jahrzehnten fest zur Familie hielt,  folgte Lucia wortlos in die ehemalige Bibliothek. Lucia hatte sie mit einem großen Eichentisch und etlichen Gerätschaften zu einer Art Labor für Feinmechanik umfunktioniert.
    Sara stellte das Tablett ab und öffnete das Fenster. Die Frühlingssonne heizte bereits  die Luft auf, und der Wind trug den schweren Brackwasserduft der Kanäle in die kleine Werkstatt.
    »Wie geht es Aurora?« Lucia setzte sich auf einen Stuhl.
    »Unverändert.«
    »Hat sie nach mir gefragt?«
    Sara biss sich auf die Lippen und schenkte Tee in die Tasse. »Noch nicht, Signora. Aber es kann jede Stunde so weit sein.«
    Lucia nippte an der dünnen Brühe. Ihre Augen wurden zu schmalen Schlitzen. »Sara, der Tee ist kalt.« Ein leichtes Zittern lief durch den Körper der Dienerin. »Ich hasse kalten Tee.«
    »Entschuldigt. Ich kümmere mich sofort um neuen.« Entnervt stellte Sara die Tasse zurück auf das Tablett  und huschte  aus dem Zimmer.
    Lucia schüttelte sich. Die Erinnerung an durcharbeitete Nächte traf sie jedesmal wie ein Schlag, wenn sie kalten Tee trinken musste. Ihre Zunge klebte am Gaumen, wie eine alte Hostie.
    Am Eichentisch vor ihr türmten sich Papierblätter zu den sieben Hügeln Roms auf, in deren Mitte sie wie Cäsar saß, bei dem Versuch, das Unmögliche zu schaffen. Denn was für den Kaiser die Trockenlegung der pontinischen Sümpfe war, war für sie das Werk, das ihre geliebte Tochter Aurora aus dem Siechtum ins Reich der Lebenden zurückholen sollte. Und wie die Anophelesmücken schwirrten Lucia die Sorgen im Kopf herum.
    Mit spitzen Fingern zupfte sie ein Blatt Papier aus einem Haufen. Ihr Mann hatte dort mit feinen Federstrichen die Lösung skizziert, die sie nun umsetzte.
    Die Tinte führte den Weg über Zahnräder, Spannfedern und viel Unruh zum Leben.
    Sisyphos sei Dank, hatte sie jede Nacht einen treffenden Vergleich für ihre Arbeit zur Hand.
    Matteo di Palanti war ohne Zweifel ein Genie. Lucias Meinung nach nicht nur in handwerklichen Dingen, sondern vor allem in seiner Abenteuerlust und dem eklatanten Fehlen von Pflichtgefühl. Sie ertappte sich dabei, die Sätze zu denken, die sie so verachtete. »Wärst du dummer Mann nicht vor sechs Monaten auf eine Reise nach Amerika gegangen, wäre dieses Frettchen Francesco nie in unser Leben getreten und ...« Lucia schluckte. Ihr war klar, dass kein einziges Wort etwas an ihrer Situation änderte, aber besser fühlte sie sich doch.
    Sie zog ein kleines Ebenholzkästchen zwischen den Papieren an sich heran, das dort wie die Curia Iulia am Forum Romanum thronte. Ein Würfel der

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