Uhrwerk Venedig (German Edition)
Glaskolben rotierend, durch Säckchen mit hochkonzentrierten Pflanzenextrakten geträufelt, in ständiger Bewegung gehalten, bewegte sie das Blut der Patientin aus ihrem Körper heraus und wieder zurück hinein.
Die Öllampen, die über ein Spiegelsystem in den offenen Brustkorb Auroras schienen, tauchten das Schauspiel in ein düsteres Licht.
Lucia hielt mit aller Kraft die Rippenhaken, um Conti genug Spielraum für die Operation zu bieten. Conti versuchte, schnell zu arbeiten, um Auroras Körper nicht unnötig zu belasten.
»Siehst du die dunklen Stellen an der Herzspitze? Das ist abgestorben.« Der Arzt schob seine linke Hand unter das Organ und befreite es aus dem schützenden Gewebe.
»Jetzt kommt der wirklich spannende Teil. Lucia, Sara, für die nächsten Minuten bitte ich um vollste Aufmerksamkeit.« Lucia betrachtete ihre Finger, an denen das Blut ihrer Tochter klebte. Sie schloss die Augen, um das aufkommende Schwindelgefühl zu unterdrücken. Der Dottore hielt die Klinge des Skalpells gegen das Licht, als hätte er sie nur mit seinem Blick schärfen können.
Mit raschen Schnitten trennte er die Aorta von der linken Kammer und die Venae cavae vom rechten Vorhof. Die Arteria pulmonalis und die Vena pulmonalis von der Lunge. Auroras Leben lag in Saras Armen, und dort lag es gut, denn stundenlanges Teigrühren zahlte sich nun aus. Auroras Herz schwebte langsam in Contis Hand aus ihrem Brustkorb.
Lucia schwankte bei diesem Anblick und verringerte den Zug an den Rippen.
»Reiß dich zusammen. Wir sind doch gleich fertig.« Sie schloss erneut die Augen.
Mit schnellen, kontrollierten Griffen platzierte der Arzt das Herz aus Gold in der Tochter seines alten Freundes Matteo. Die Minuten verstrichen im Sekundentakt.
Die aus Gold geformte Hülle hatte exakt die Größe des Originals. In ihr rumorten kleine Lederklappen und Pumpen, von einer Unzahl an Zahnrädern und gespannten Federn angetrieben. Conti summte eine Tarantella und nähte die Gefäße an das neue Herz. Gleichzeitig befreite er die Brusthöhle von den Schläuchen der Maschine. Sara kurbelte langsamer und hielt schließlich inne.
Sie warf Lucia einen fragenden Blick zu. Ihre Herrin schien wie in Trance, denn ihre Lippen bewegten sich unaufhörlich. Nur zu offensichtlich arbeitete sie sich im Geist durch den Rosenkranz.
»Hier noch und da noch. In das Brustbein bohren wir ein Loch, ein paar Fäden links, ein paar Fäden rechts, und schon ist der Kasten wieder zu.«
Während der Dottore fröhlich von der Geburtstagsfeier seines Sohnes erzählte, nahm Auroras Brustkorb seine ursprüngliche Gestalt an. Mit einer kleinen Schere schnitt Conti die überstehenden Fäden ab und streckte sich gut gelaunt durch, sodass die beiden Frauen seine Rückenwirbel knacken hörten.
»Geschafft. Lucia, darf ich bitten?«
Sie zog an einer langen Kette einen kleinen goldenen Schlüssel zwischen ihren Brüsten hervor. Sie küsste ihn und steckte ihn vorsichtig in das vorbereitete Loch in Auroras Brustbein.
Klickend drehte sie den Schlüssel im Uhrzeigersinn herum. Das Herz knackte, es saugte und schmatzte. Lucia neigte sich nach vorne und lauschte. Es tickte.
Minute um Minute trat mehr Farbe in das Gesicht ihrer Tochter. Es füllte sich mit Leben, und nach einer Stunde öffnete sie die Augen. »Aurora?« Lucia rang mit den Tränen.
»Wie fühlst du dich?« Der rechte Zeigefinger der Patientin zuckte. »Dottore Conti hat es geschafft. Du wirst leben.« Lucias Hände zitterten so stark, dass sie es nicht wagte, die Wange ihrer Tochter zu streicheln.
»Hier ist der Schlüssel zu deinem Herzen. Überleg das nächste Mal genau, wem du es schenkst. Niemand wird dich mehr verletzen.«
Aurora bewegte ihre Lippen. Ihre Mutter beugte sich über ihr Gesicht. Heiser flüsterte das Mädchen. »Nicht niemand.« Erschrocken fuhr Lucia zurück, während ihre Tochter langsam das Bewusstsein verlor.
Der Dottore sah, wie Lucia bleich wurde. Er trat neben sie und hielt sie fest.
Es hämmerte an die Eingangstür. Sara verließ den Raum. Wenige Augenblicke später kam sie zurück. »Signora?«
Lucia hob ihren Kopf von der Brust des Doktors. »Ja?«
»Francesco steht unten und verlangt, euch zu sehen.«
Signora Conti kämmte die Locken Lucias. Der rote Samt an den Wänden des Schlafzimmers schluckte jeden Laut. Man war den Worten hilflos ausgeliefert.
»Giuseppe sagt, dass es Aurora bald wieder gut geht. Sie hat die Nacht gut überstanden.«
Lucia starrte in die müden
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