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Uhrwerk Venedig (German Edition)

Uhrwerk Venedig (German Edition)

Titel: Uhrwerk Venedig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucas Edel , Emilia Dux , Susanne Wilhelm , Tom Wilhelm , Dirk Ganser , T. S. Orgel
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tauchte sie in ein rötliches Dämmerlicht. Er nahm einen Holzspan, entzündete ihn an der Glut und hielt in an eine Kerze, die er vor eine spiegelnde Platte aus Metall aufgestellt hatte, damit sie das Licht der Kerze spiegeln würde. Der Docht fing Feuer, das Licht der Kerze reflektierte sich in dem glattpolierten Metall dahinter, und Helligkeit erfüllte die staubgeschwängerte Luft der Werkstatt. Giacomos Blick traf auf den Entwurf einer Rüstung. Auch sie spiegelte das Licht. Er sah einen Lichtreflex dort abprallen, sah, wie weiter zu einem Pferd aus Metall, das ebenfalls das Licht spiegelte …
    Giacomo hielt den Atem an.
    Die Werkstatt erstrahlte in hellem Licht. Es war ein nahezu alltägliches Bild, das sich ihm bot. Aber das war es nicht, was ihn so in Erstaunen versetzte. Es war ein diffuses Gefühl, die Ahnung einer Entdeckung, die er aber noch nicht in klare Worte fassen konnte. Es war der Keim des Gedankens, dass das Licht sich schneller als ein menschliches Auge zu folgen vermochte, in der Werkstatt verbreitet hatte. Schneller als alles, was der Mensch bisher erfunden oder gesehen hatte. War es also möglich, dass der Schein der Kerze Zeit gebraucht hatte, bis er sich im ganzen Zimmer verteilen konnte, so wie ein gefaltetes Tuch Zeit benötigte, um sich in seiner ganzen Pracht zu entfalten? So wie der Faden eines Wollknäuels Zeit benötigte, um sich abzuwickeln und anschließend verwebt zu werden? Konnte man das Licht etwa auch zu einem Tuch aus Farben und Formen verweben? Wäre es vielleicht möglich, das Licht des Mondes und der Sterne einzufangen und zu einem Teppich aus Farben und Licht zu verknüpfen, um das Bild, das sich dem Betrachter am Nachthimmel bot, auf eine Leinwand zu werfen? Dann könnte man eine ganz neue Form von Zeichnungen erschaffen, die an Detailtreue nicht mehr zu überbieten wären! Man könnte die Gestirne erkunden, ohne die Erde verlassen zu müssen und Gottes Werk am Himmel auf eine Leinwand bannen …
    Giacomo holte tief Luft und bemerkte erst jetzt, dass er den Atem die ganze Zeit angehalten hatte. Den Mond und die Sterne einfach nur durch eine recht enge Öffnung sehen können? Fokussiert und nah herangeholt zwar, aber unbequem, wenn man dabei gleichzeitig eine Skizze oder Zeichnung des Gesehenen anfertigen wollte? Unbewusst schüttelte er den Kopf. Es musste doch möglich sein, das Gesehene direkt auf eine Leinwand zu bannen? Zahnradwerke müssten dabei nicht nur für eine gleichmäßige Verschiebung von Prismen und Glasblasen sorgen, sie müssten zusätzlich den Fokus, der das Licht der Sterne einfing, immer im richtigen Winkel halten. Dann würde diese Machina zugleich ein Werk benötigen, welches das eingefangene Licht verwebte …
    Giacomos Blick verschleierte sich allmählich, als er im Geiste einige Berechnungen anstellte. Wie ein Schlafwandler setzte er sich an seinen Tisch und begann zu zeichnen.
     

 
     
    Mailand, Anno Domini 1499, »Was keines Menschen Auge je erblicken darf«
 
    1
 
    Giacomo deutete stolz auf sein Werk. Leonardo blickte nachdenklich auf die Anordnung aus Prismen und Edelsteinen, die an unterschiedlich langen Armen hingen. Sie wirkten wie die Tentakel eines Kraken, wie sie da aus einem fast mannshohen Kasten ragten, der die gesamte Länge der Werkstatt einnahm.
    »Giacomo.« Leonardo schüttelte den Kopf und schritt mit abschätzigem Blick die Konstruktion ab. »Was soll das bitte sein? Eine Machina, mit der man den Mond und die Sterne beobachten kann? Ich sehe nur Zahnräder und Federn, die mich an eine riesige Uhr erinnern. Dazu eine Unmenge sündhaft teuren Glases.«
    »Diese Mechanik dient der Justierung und Verwebung des Lichtes, Meister.« Giacomo deutete auf das gegenüberliegende Ende der Konstruktion. »Dort fällt das Licht des Mondes und der Sterne hinein, wird hier gebündelt und verwebt, um am anderen Ende ein Abbild des Nachthimmels direkt auf die Leinwand zu werfen. Dafür benötigte ich die Linsen und Prismen.« Giacomo deutete aufgeregt auf das andere Ende der Werkstatt. »Dort werden wir gleich den Mond so nah sehen, als würden wir wie die Vögel über seine Oberfläche fliegen.«
    Leonardo brummte nur unwillig. Zweifel kamen in Giacomo auf. Warum hatte er seinen Meister überhaupt eingeweiht? Warum wollte er unbedingt, dass Leonardo seine Leistung anerkannte? Wenn die Machina funktionierte, lief er dann nicht Gefahr, dass sein Meister die Erfindung und den daraus folgenden Ruhm für sich beanspruchen würde? Giacomo

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