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Uhtred 6 - Der Sterbende König

Uhtred 6 - Der Sterbende König

Titel: Uhtred 6 - Der Sterbende König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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wusste, dass ich in seinem Palas nicht willkommen wäre, selbst wenn ich ihn sehen wollte. Man hatte mir erklärt, Æthelflæd sei zum Weihnachtsfest nach Wintanceaster gegangen, doch sie war wohl eher zur Totenwache bestellt worden als zu den fragwürdigen Genüssen an der Tafel ihres Vaters.
    »Und Edward wird sein Erbe antreten?«, fragte Beortsig.
    »Das ist Alfreds Wunsch.«
    »Und wer wird König in Mercien?«
    »Es gibt keinen König in Mercien«, sagte ich.
    »Es sollte aber einen geben«, sagte er verbittert, »und zwar keinen Westsachsen! Wir sind Mercier, keine Westsachsen.« Ich sagte nichts dazu. Einst hatte es Könige in Mercien gegeben, aber jetzt unterstand es Wessex. Das hatte Alfred so eingerichtet. Seine Tochter war mit dem mächtigsten der mercischen Aldermänner verheiratet, und die meisten Sachsen in Mercien schienen sehr zufrieden damit, unter Alfreds Schutz zu stehen, doch nicht allen gefiel diese westsächsische Dominanz. Wenn Alfred starb, würden einflussreiche Mercier anfangen, auf ihren unbesetzten Thron zu schielen, und Beortsig, so vermutete ich, war solch ein Mann. »Unsere Vorfahren waren hier Könige«, erklärte er mir.
    »Und meine Vorfahren waren Könige in Northumbrien«, gab ich zurück, »aber ich will den Thron nicht.«
    »Mercien sollte von einem Mercier regiert werden«, sagte er. Er schien sich in meiner Gesellschaft unwohl zu fühlen, oder vielleicht fühlte er sich auch unwohl, weil wir tief in das Gebiet ritten, das Sigurd fur sich beanspruchte.
    Wir ritten geradewegs nach Norden, die niedrig stehende Wintersonne warf unsere Schatten langgezogen vor uns. Die ersten Gehöfte, an denen wir vorbeikamen, waren nur noch ausgebrannte Ruinen, dann, als die Mittagszeit schon vorüber war, kamen wir zu einem Dorf. Die Leute hatten uns kommen sehen, also führte ich meine Reiter durch den nahegelegenen Wald, bis wir ein Paar aus seinem Versteck aufgescheucht hatten. Sie waren Sachsen, ein Sklave und seine Frau, und sie sagten, ihr Herr sei ein Däne. »Ist er in seinem Palas?«, fragte ich.
    »Nein, Herr.« Der Mann kniete vor mir, zitterte vor Angst und war unfähig den Kopf zu heben, um meinem Blick zu begegnen.
    »Wie heißt er?«
    »Jarl Joven, Herr.«
    Ich sah Beortsig an, der mit den Schultern zuckte. »Jorven ist einer von Sigurds Männern«, sagte er, »und in Wahrheit kein Jarl. Er hat kaum mehr als dreißig oder vierzig Krieger.«
    »Ist seine Frau im Palas?«, fragte ich den knienden Mann.
    »Sie ist dort, Herr, und einige Krieger, aber nicht viele. Die übrigen sind weggeritten, Herr.«
    »Und wohin?«
    »Ich weiß nicht, Herr.«
    Ich warf ihm eine Silbermünze hin. Das konnte ich mir keineswegs leisten, aber ein Herr ist ein Herr.
    »Das Julfest steht vor der Tür«, tat Beortsig diesen Hinweis ab. »Jorven ist vermutlich nach Cytringan gegangen.«
    »Cytringan?«
    »Wie wir gehört haben, feiern Sigurd und Cnut dort das Julfest«, sagte er.
    Wir ritten aus dem Wald, zurück auf feuchtes Weideland. Wolken waren vor die Sonne gezogen, und ich dachte, es würde wohl bald anfangen zu regnen. »Erzählt mir von Jorven«, sagte ich zu Beortsig.
    Er zog die Schultern hoch. »Ein Däne, das versteht sich. Er kam vor zwei Sommern an, und Sigurd hat ihm diese Ländereien gegeben.«
    »Ist er mit Sigurd verwandt?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Und wie alt?«
    Wieder ein Schulterzucken. »Jung.«
    Und warum sollte ein Mann ohne seine Frau zum Julfest gehen? Beinahe hätte ich diese Frage laut gestellt, dann aber dachte ich, Beortsigs Antwort wäre ohnehin nutzlos, und deshalb schwieg ich. Statt weiterzureden trieb ich mein Pferd an, bis ich eine Stelle erreichte, von der aus ich Jorvens Palas sehen konnte. Es war ein recht stattliches Gebäude mit steilem Dach und einem Bullenschädel am hohen Giebelfeld. Das Strohdach war so neu, dass es noch kein Moos angesetzt hatte. Eine Palisade zog sich um den Palas, und ich sah zwei Männer, die uns beobachteten. »Das wäre ein guter Augenblick, um Jorven anzugreifen«, sagte ich leichthin.
    »Sie haben uns in Frieden gelassen«, sagte Beortsig.
    »Und Ihr glaubt, das wird so bleiben?«
    »Ich glaube, wir sollten umdrehen«, sagte er, und dann, als ich nichts sagte, fügte er hinzu, »wenn wir es bis zum Dunkelwerden zurück nach Hause schaffen wollen.«
    Stattdessen ritt ich weiter nordwärts und beachtete Beortsigs Einwände nicht. Wir ließen Jorvens Palas unbehelligt und kamen auf einen niedrigen Hügelkamm, von dem aus wir in ein

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