Uhtred 6 - Der Sterbende König
sagte Alfred, »denn am Ende ist es immer die Entscheidung des Königs, es ist die Verantwortung des Königs, und es ist der König, der klug oder töricht ist. Und wenn der König töricht ist, was wird dann mit dem Königreich geschehen?«
»Ihr sorgt Euch, Herr«, sagte ich, »weil Edward getan hat, was alle jungen Männer tun.«
»Er ist nicht wie andere junge Männer«, sagte Alfred ernst, »er wurde für ein Leben mit Vorrechten und Pflichten geboren.«
»Und das Lächeln eines Mädchens«, sagte ich, »kann das Pflichtbewusstsein schneller untergraben als eine Flamme das Eis schmelzen lässt.«
Er starrte mich an. »Also weißt du es?«, sagte er nach längerem Schweigen.
»Ja, Herr, ich weiß es.«
Alfred seufzte. »Er sagt, es war Leidenschaft, es war Liebe. Aber Könige heiraten nicht aus Liebe, Herr Uthred, sie heiraten, um ihr Königreich abzusichern. Und sie war unpassend«, sagte er fest, »sie war dreist! Sie war schamlos!«
»Dann wünschte ich, dass ich sie kennengelernt hätte, Herr«, sagte ich, und Alfred lachte, doch das Lachen bereitete ihm Schmerzen und verwandelte sich in ein Stöhnen. Osferth wusste nicht, worüber wir sprachen, und ich gab ihm mit einem beinahe unmerklichen Kopfschütteln zu verstehen, dass er nicht fragen solle, und dann dachte ich an die Worte, die Alfred die Bestätigung geben würden, die er haben wollte. »Bei Beamfleot, Herr«, sagte ich, »stand ich neben Edward in einem Schildwall, und in einem Schildwall kann kein Mann sein Wesen verbergen, und ich habe erkannt, dass Euer Sohn ein guter Mann ist. Ich verspreche Euch, er ist ein Mann, auf den man stolz sein kann«, ich zögerte, dann nickte ich zu Osferth hinüber, »wie all Eure Söhne.«
Ich sah, dass sich die Hand des Königs fester um Osferths Finger schloss. »Osferth ist ein guter Mann«, sagte Alfred, »und ich bin stolz auf ihn.« Er tätschelte seinem Bastardsohn die Hand und ließ seinen Blick dann wieder zu mir wandern. »Und was wird noch geschehen?«, fragte er.
»Æthelwold wird versuchen, den Thron an sich zu reißen«, sagte ich.
»Er schwört, es nicht zu tun.«
»Er schwört recht leichtherzig, Herr. Ihr hättet ihm schon vor zwanzig Jahren die Kehle durchschneiden sollen.«
»Die Leute sagen das Gleiche über dich, Herr Uhtred.«
»Vielleicht hättet Ihr den Rat dieser Leute ja befolgen sollen, Herr.«
Die Andeutung eines Lächelns lag auf seinen Lippen. »Æthelwold ist ein jämmerlicher Tropf«, sagte er, »ohne Selbstbeherrschung und ohne Verstand. Er ist keine Gefahr, nur eine Mahnung an die Fehlbarkeit des Menschen.«
»Er hat mit Sigurd gesprochen«, sagte ich, »und er hat Unzufriedenheit unter den Verbündeten sowohl in Cent als auch in Mercien gesät. Deshalb bin ich nach Wintanceaster gekommen, Herr, um Euch davor zu warnen.«
Alfred sah mich lange an, dann seufzte er. »Er hat immer davon geträumt, König zu werden«, sagte er.
»Es ist an der Zeit, ihn mitsamt seinem Traum aus dem Weg zu räumen, Herr«, sagte ich entschlossen. »Sagt nur ein Wort, und ich befreie Euch von ihm.«
Alfred schüttelte den Kopf. »Er ist der Sohn meines Bruders«, sagte er, »und ein schwacher Mensch. Ich will nicht das Blut meiner Familie an den Händen haben, wenn ich vor Gottes Richterstuhl trete.«
»Also lasst Ihr ihn am Leben?«
»Er ist zu schwach, um gefährlich zu werden. Niemand in Wessex wird ihn unterstützen.«
»Das würden in der Tat nur wenige tun, Herr«, sagte ich, »deshalb wird er zurück zu Sigurd und Cnut gehen. Sie werden zuerst in Mercien einfallen und dann in Wessex. Es wird Kämpfe geben.« Ich zögerte. »Und bei diesen Kämpfen, Herr, werden Cnut, Sigurd und Æthelwold sterben, aber Edward und Wessex werden sicher sein.«
Er überdachte diese wenig überzeugende Behauptung, dann seufzte er wieder. »Und Mercien? Nicht jeder Mann in Mercien liebt Wessex.«
»Die mercischen Führer müssen sich für eine Seite entscheiden, Herr«, sagte ich. »Wer Wessex unterstützt, wird auf der Seite der Gewinner sein, und die anderen werden tot sein. Mercien wird von Edward regiert werden.«
Ich hatte ihm erzählt, was er hören wollte, aber auch, was ich glaubte. Es war eigentümlich. Ælfadells Prophezeiungen hatten mich verwirrt, doch wenn ich selbst aufgefordert wurde, die Zukunft vorherzusagen, zögerte ich keinen Moment.
»Wie kannst du so sicher sein?«, fragte Alfred. »Hast du das alles von der Hexe Ælfadell gehört?«
»Nein, Herr. Sie hat mir das Gegenteil
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