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Uhtred 6 - Der Sterbende König

Uhtred 6 - Der Sterbende König

Titel: Uhtred 6 - Der Sterbende König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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finster, und ich schlug an die Tür des Klosters, bis mich jemand hörte.
    Am nächsten Tag waren der König und sein Bett in den größeren Saal geschafft worden, in dem Plegmund und seine Genossen mich hatten verurteilen wollen. Die Krone lag auf dem Bett, ihre funkelnden Smaragde spiegelten das Feuer wieder, das den hohen Raum mit Rauch und Wärme erfüllte. In dem Gemach herrschte Gedränge, es stank nach Männern und dem dahinsiechenden König. Bischof Asser war da, ebenso wie Erkenwald, der Erzbischof hingegen hatte offenkundig Pflichten gefunden, die ihn daran hinderten, beim König zu sein. Es waren auch ungefähr zwei Dutzend westsächsischer Herren da. Einer von ihnen war Æthelhelm, dessen Tochter Edward heiraten sollte. Ich mochte Æthelhelm. Er stand nahe bei Ælswith, Alfreds Frau, die nicht wusste, über was sie sich mehr ärgern sollte, über meine Existenz oder über die merkwürdige Tatsache, dass Wessex den Rang einer Königin nicht anerkannte. Sie betrachtete mich mit unheilvollen Blicken, ihre Kinder an ihrer Seite. Æthelflæd war mit neunundzwanzig Jahren das älteste, dann kam ihr Bruder Edward, dann Æthelgim und schließlich Æthelweard, der gerade sechzehn geworden war. Ælfthryth, Alfreds dritte Tochter, war nicht da, weil man sie jenseits des Meeres mit einem König im Frankenreich verheiratet hatte. Steapa aber war da, ragte hoch über meinem guten alten Freund Pater Beocca auf, der nun gebeugt und weißhaarig war. Bruder John und seine Mönche sangen im Hintergrund. Nicht alle aus seinem Chor waren richtige Mönche, ein paar waren noch Knaben, angetan mit weißen Leinengewändern, und mit einem Schreck, der mir in jedes Glied fuhr, erkannte ich meinen Sohn Uhtred als einen von ihnen.
    Ich war, das gebe ich zu, ein schlechter Vater. Ich liebte meine beiden jüngsten Kinder, aber mein Ältester, der nach der Familientradition meinen Namen bekommen hatte, war mir rätselhaft. Statt die Schwertkunst und den Gebrauch des Speers erlernen zu wollen, war er ein Christ geworden. Ein Christ! Und er sang mit den anderen Knaben aus dem Kathedralchor wie ein Vögelein. Ich starrte ihn böse an, aber er wich meinem Blick entschlossen aus.
    Ich gesellte mich zu den Aldermännern, die an einer Seite des Palas standen. Sie bildeten, gemeinsam mit den älteren Kirchenmännern, die Ratsversammlung des Königs, den Witan, und sie hatten verschiedene Angelegenheiten zu regeln, wenn auch keiner von ihnen große Begeisterung dafür an den Tag legte. Einem Kloster wurden Ländereien verliehen, und den Maurern, die an Alfreds neuer Kirche bauten, Lohnzahlungen bewilligt. Einem Mann, der es versäumt hatte, sein Bußgeld für einen Totschlag zu entrichten, wurde vergeben, weil er mit Weohstans Einheit gute Dienste bei der Schlacht von Beamfleot geleistet hatte. Einige der Männer sahen mich an, als dieser Sieg erwähnt wurde, aber keiner fragte, ob ich mich an den Mann erinnerte. Der König beteiligte sich kaum an den Entscheidungen, er hob nur schwach die Hand, um seine Zustimmung deutlich zu machen.
    Während all dessen stand ein Amtmann hinter einem Pult und verfertigte ein Manuskript. Zuerst dachte ich, er würde einen Bericht von der Ratssitzung abfassen, doch dafür waren offenkundig schon zwei andere Schreiber zuständig, wohingegen der Mann hinter dem Pult von einem weiteren Dokument abschrieb. Er schien sich der Blicke aller Anwesenden sehr bewusst, und sein Gesicht war gerötet, aber das mochte auch von der Hitze des Feuers kommen. Bischof Asser schaute mürrisch vor sich hin, und Ælswith sah aus, als hätte sie mich am liebsten umgebracht vor Ärger, Pater Beocca aber lächelte. Nickend sah er mich an, und ich zwinkerte ihm zu. Æthelflæd fing meinen Blick auf und lächelte mich so mutwillig an, dass ich hoffte, ihr Vater habe es nicht mitbekommen. Ihr Ehemann stand nicht weit von ihr, und genau wie mein Sohn vermied er es eifrig, mich anzusehen. Dann entdeckte ich zu meinem Erstaunen Æthelwold am anderen Ende des Saales. Er sah mich herausfordernd an, konnte aber meinem starren Blick nicht standhalten und neigte sich stattdessen zum Gespräch mit einem Begleiter, den ich nicht kannte.
    Ein Mann trug die Beschwerde vor, sein Nachbar, Aldermann Æthelnoth, habe Felder in Besitz genommen, die ihm nicht gehörten. Der König unterbrach ihn und flüsterte Bischof Asser etwas zu, der daraufhin das Urteil des Königs verkündete. »Wirst du einer Schlichtung durch Abt Osburh zustimmen?«, fragte er den

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