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Uhtred 6 - Der Sterbende König

Uhtred 6 - Der Sterbende König

Titel: Uhtred 6 - Der Sterbende König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Himmel ab. »Nein, Herr«, sagte ich.
    »Er stirbt«, sagte Alfred. Das war offenkundig, also schwieg ich. »Auf jeder anderen Darstellung, die ich vom Tode Unseres Heilands gesehen habe«, fuhr der König fort, »hängt er lächelnd am Kreuz, aber nicht auf diesem. Auf diesem Bild lässt er den Kopf hängen, er leidet Schmerzen.«
    »Ja, Herr.«
    »Erzbischof Plegmund hat den Maler dafür gerügt«, sagte Alfred, »weil er glaubt, Unser Heiland habe den Schmerz besiegt und deshalb sein Ende mit einem Lächeln erwartet, aber mir gefällt das Bild. Er erinnert mich daran, dass mein Schmerz nichts ist im Vergleich zu Seinem.«
    »Ich wünschte, Ihr hättet keine Schmerzen, Herr«, sagte ich schwerfällig.
    Er beachtete meine Worte nicht. Immer noch betrachtete er den gequälten Jesus, dann verzog er das Gesicht. »Er hat eine Dornenkrone getragen«, sagte er nachdenklich. »Viele Männer wollen König sein«, fuhr er fort, »aber jede Krone hat Dornen. Ich habe Edward erklärt, dass es schwer ist, die Krone zu tragen, sehr schwer. Noch eine letzte Sache«, er wandte den Blick von dem Gemälde ab und hob seine linke Hand, und ich sah, welche Anstrengung es ihn kostete, diese abgemagerte Hand von dem Evangeliar zu heben. »Ich möchte, dass du Edward den Treueid leistest. Dann kann ich in dem Wissen sterben, dass du für uns kämpfen wirst.«
    »Ich werde für Wessex kämpfen«, sagte ich.
    »Der Eid«, gab er streng zurück.
    »Und ich werde einen Eid leisten«, sagte ich. Er starrte mich mit seinem gewitzten Blick an.
    »Auf meine Tochter?«, fragte er, und ich sah Osferth erstarren.
    »Auf Eure Tochter, Herr«, stimmte ich zu.
    Ein Schauer schien ihn zu überlaufen. »Nach meinen Gesetzen, Herr Uhtred, ist Ehebruch nicht nur eine Sünde, sondern ein Verbrechen.«
    »Damit macht ihr die gesamte Menschheit zu Verbrechern, Herr.«
    Darüber musste er beinahe lächeln. »Ich liebe Æthelflæd«, sagte er, »sie war immer das lebhafteste meiner Kinder, aber nicht das gehorsamste.« Seine Hand sank auf das Evangeliar zurück. »Lass mich jetzt allein, Herr Uhtred. Komm morgen wieder.«
    Wenn er dann noch lebt, dachte ich. Ich beugte das Knie vor ihm, dann verließen Osferth und ich den Raum. Schweigend gingen wir zu einem Innenhof, in dem die letzten Sommerrosen ihre Blütenblätter auf das feuchte Gras gestreut hatten. Wir setzten uns auf eine Steinbank und lauschten auf die traurigen Gesänge, die aus dem Durchgang hallten. »Der Erzbischof will meinen Tod«, sagte ich.
    »Ich weiß«, sagte Osferth, »deshalb bin ich zu meinem Vater gegangen.«
    »Es überrascht mich, dass sie dich vorgelassen haben.«
    »Ich musste mich mit den Priestern anlegen, die ihn behüten«, sagte er mit einem schiefen Lächeln, »aber er hat den Streit gehört.«
    »Und dich hereingerufen?«
    »Er hat einen Priester geschickt, um mich zu sich holen.«
    »Und du hast ihm erzählt, was sie vorhatten?«
    »Ja, Herr.«
    »Danke«, sagte ich. »Und hast du deinen Frieden mit Alfred gemacht?«
    Osferths Blick richtete sich in eine unbestimmte Ferne. »Er hat gesagt, Herr, es tue ihm leid, dass ich bin, was ich bin, und dass es sein Fehler war, und dass er im Himmel ein Wort für mich einlegen wird.«
    »Das freut mich«, sagte ich, nicht sicher, was ich auf solchen Unsinn erwidern sollte.
    »Und ich habe ihm erklärt, Herr, dass Edward Euch brauchen wird, wenn er an die Regentschaft: kommt.«
    »Edward wird regieren«, sagte ich, dann erzählte ich ihm von Ecgwynn und den beiden Säuglingen, die in dem Nonnenkloster versteckt worden waren. »Edward hat nur getan, was sein Vater auch getan hat«, fuhr ich fort, »aber es wird Schwierigkeiten verursachen.«
    »Schwierigkeiten?«
    »Sind die Kinder legitim?«, fragte ich. »Alfred sagt nein, aber wenn er stirbt, kann Edward etwas anderes erklären.«
    »O Gott«, sagte Osferth, als er die Probleme erkannte, die in der Zukunft drohten.
    »Was sie natürlich tun sollten«, sagte ich, »ist, die kleinen Bastarde zu erwürgen.«
    »Herr!«, sagte Osferth entsetzt.
    »Aber das werden sie nicht. Deine Familie war nie skrupellos genug.«
    Der Regen war stärker geworden, die Tropfen trommelten auf die Ziegel und die Strohdächer des Palasts. Es war kein Mond zu sehen, und keine Sterne, nur Wolken in der Dunkelheit und die Regenschwaden, und um den eingerüsteten Turm von Alfreds großer, neuer Kirche ging seufzend der Wind. Ich machte mich auf den Weg zu Sankt Hedda. Die Wachen waren verschwunden, die Gasse

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