Ultimo
verschlafenen Grunzen.
Ob er Benzin im Haus habe, fragt sie.
Er versteht nicht.
Sie sagt, es stinke danach, doch der Oberbürgermeister schläft schon wieder, undihre Freundin rechts neben ihm pennt auch, als gebe es kein morgen.Nervösrichtet sich die Kleine auf. „Hallo?“ fragt sie mit zitternder Stimme. „Ist da jemand?“
Da. Wie ein Glühwürmchen segelt ein brennendes Streichholz ins Zimmer.
„Raus hier!“, schreit das Mädel.
Zu spät.
Augenblicklich lodern Flammen auf.
***
Was für ein ruhiger, heller Morgen. In Jeans und weißem Sommerhemd lenkt Peter Zoff das amerikanische Cabriolet den sanft abfallenden Hügel hinab. An beiden Straßenrändern parken Autos. Die Sonne scheint, aber ein lauer Westwind macht die Hitze erträglich. Im Radio läuft eine Scheibe von John Lennon. Zoff dreht lauter und singt mit, als das Klavier wieder einsetzt.
Nach der sanften Rechtskurve fällt die Straße steiler ab, wird breiter und schnurgerade, und vor den Einfamilienhäusern und Villen links und rechts sieht er gepflegte Gärten, in denen noch Blumen blühen.
Gleich nach der Stelle, wo das Gelände flach und die Besiedlung dichter wird, kommt ihm ein dunkler Alfa Romeo entgegen, fährt vorbei, hält an und wendet. Zoff beobachtet das Fahrmanöver im Rückspiegel. Der Sekretär des Innenministers sitzt am Steuer,der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit hockt daneben,streckt die Zunge raus und droht Zoff mit geballter Faust.
Der Alfa folgtZoffs Wagen.
Was die beiden wohl in dieser Gegend zu suchen haben?Zoffbeschleunigt das Cabrio und spürt, wie ihm übel wird. Kein Wunder, dass sich sein Magenleiden meldet, wenn ihn diese Leute jetzt sogar schon in seiner Freizeit belästigen.
Da erregt eine schlanke junge Frau auf demGehsteig seine Aufmerksamkeit. Sie trägt ein hautenges rotes Kleid und liestanscheinend etwas von einer Plakatwand ab, denn sie kehrt ihm den Rücken zu. „Marlene?“ Sie reagiert nicht.
Aufgeregt stellt Zoff den Wagen ein paar Meter weiter in einer Parklücke ab und steigt aus. „Marlene? Wo bist du?“ Weg. Keine Spur mehr von ihr. Verzweifelt läuft er den Gehsteig auf und ab, suchend, rufend. Da bläst ihm der Wind einen Zettel vor die Füße. Eine Nachricht? Aufgeregt bückt er sich und hebt das zerknüllte Blatt vom Boden auf.
„ Mit Wirkung vom 15. September wird Oberstleutnant Peter Zoff vom Landeskriminalamt Graz für die Dauer von drei Monaten dem Bundesministerium für Inneres dienstzugeteilt “,zitiert er laut. „ Der Genannte hat sich am 15. September um 8 Uhr im Büro für Interne Angelegenheiten in Wien zur Dienstleistung zu melden. Rückreisetag zur Stammdienststelle nach Graz ist der 16. Dezember.“
Ein kurzer Blick über die Schulter. Seine Verfolger stehen keine 30Meter hinter ihm.
„Da ist er“, schreit der Ministersekretär und deutet auf Zoff. „Der Mann ist störrisch. Er pariert nicht.“
Einer plötzlichen Eingebung folgend, überquert Zoff die Straße, schlängelt sich zwischen abgestellten Autos hindurch, eilt über einen Parkplatz, quert eine schmale Parkanlage und rennt endlich los.
„Marlene?“ Mit rasselndem Atem hetzt er an einer monumentalen Kirche vorbei, biegt rechts ab und saust die Straße hinunter, wo er keine 200 Meter weiter undeutlich die schlanke Silhouette einesweiblichen Wesens entdeckt.
„Marlene?“, schreit er, „Marlene!“ Keine Antwort. „Warte!“
Die Frau geht einfach weiter. Wieso? Er kann es nicht verstehen. Zoff rennt, so schnell er kann.
Schon ist sie an der nächsten Kreuzung und biegt links ab. Keine Minute später ist auch Zoff vor Ort und dreht den Kopf nach links und rechts.Nichts. Da ist gar nichts.
„Marlene“, krächzt er.
Ein dumpfes Krachen weckt ihn. Erschrocken reißt er die Augen auf und stemmt sich hoch. Der plötzlich aufkommende Wind hat die angelehnten Fensterflügel an der Schmalseite seiner Kammer unsanft aufgestoßen. Schlaftrunken schlägt Zoff die Decke zurück, wälzt sich aus dem ungemütlichen Stahlrohrbett und schlurft ans Fenster. Ist das eine miese Absteige, die man ihm da zugewiesen hat. Mürrisch starrt er auf die dunkle, menschenleere Hahngasse im 9. Wiener Gemeindebezirk. Der Wind nimmt an Stärke zu.
Leise fluchend schließt der Oberstleutnant das Fenster und wirft einen Blick auf die grün leuchtenden Zeiger des auf demschweren Esstisch aufgestellten Reiseweckers, ehe er wieder ins Bett kriecht.
Es ist Freitag, der 14. Oktober, halb fünf.
***
Längst hat
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