Ultimo
stellt der junge Brigadier leise fest, reicht Zoff eine der beiden Tassen, schiebt ihm Milch und Zucker zu und kneift die braunen Augen zusammen. Zoff seija auch keiner, der gern einen Kollegen piesackt, meint er.Das könne er ihm ansehen.
Der Oberstleutnant nickt.
„Reden wir ganz offen“, seufzt Korner. „Die zeitlich begrenzte Strafversetzung kränkt Sie. Verständlicherweise. Allerdings kann ich nichts für Ihre Probleme. Stimmen Sie mir da zu? Ja? Das wäre doch schon einmal eine ganz akzeptable Basis für unsere kurzfristige Zusammenarbeit.“
Zoff habe nichts gegen ihn, sagt er.
Das freueihn, behauptet der Brigadier. Er brauche ihn nämlich. Als Leiter des Morddezernats des Landeskriminalamts Graz besäßeer kriminalistische Erfahrung. Etwas, das den meisten seiner Mitarbeiter teilweise oder sogar zur Gänze fehle.
„Tatsächlich?“ Jetzt kann sich Zoff ein hämisches Grinsen nicht mehr verkneifen. Das ärgert den Brigadier, und zwar mächtig.
„Die Damen und Herren meiner Einheit wurden nach politischen Gesichtspunkten ausgewählt. Nicht nach ihren Fähigkeiten, und schon gar nicht nach meinen Wünschen. Das wissen Sie doch, oder?“
„Ich dachte es mir.“
„Weshalb reizen Sie mich dann? Man hat mich vor Ihnen gewarnt, Zoff. Mehr noch, man hat mir nahegelegt, jeglichen persönlichen Kontakt mit Ihnen zu meiden. Im Grunde dürfte ich kein Wort mit Ihnen wechseln . Geben Sie ihm Ihr miesestes Zimmer als Büro , hat man mir befohlen, und sorgen Sie dafür, dass er es bis Jahresende nicht verlässt.“
„Dann halten Sie sich danach, bevor Sie Ihre Karriere aufs Spiel setzen.“
„Machen Sie sich keine Sorgen um meine Karriere“, unterbricht ihn Korner und nippt an seiner Tasse. „Ich bin jünger als Sie und bereitsBrigadier. Mein Vater ist Landesparteisekretär in Niederösterreich.Also was soll mir schon passieren? Aber zurück zu Ihnen. Die Zeit bis zum Jahresende wird lang ohne Beschäftigung. Es sei denn, Sie wollen sich hier erholen. Dann können Sie weiterhin lesen und fernsehen. Solange Sie die Dienstzeit einhalten, ist das alles kein Problem. Falls nicht, hätte ich einen Auftrag für Sie. Es geht um den Kommandanten einer steirischen Grenzpolizeiinspektion, den wir verdächtigen.“
„Korruption?“
„Ja, ich denke, er lässt sich von serbischen Schmugglern schmieren.“
„Wieso?“
„Ich erhielt einen anonymen Anruf. Vermutlichkam er von einem Mitarbeiter des Verdächtigen. Anscheinend hat der Mann schon versucht, vor Ort etwas zu unternehmen und ist damit gescheitert. Jedenfalls schilderte er mir die Sache sehr detailliert. Nach Voranmeldung beim Dienststellenleiter reisen die serbischen Drogenkuriere völlig ungehindert ein. Zwei bis drei Wagen. Dicht hintereinander.“
„Klingt schon ein wenig nebulös, oder?“
„Nehmen Sie sich der Sache an, oder nicht?“
Zoff nickt. Nicht, dass ihn der Fall besonders fesseln würde, aber das Ding läuft in der Steiermark. Da kann er wenigstens wieder eine Zeitlang zu Hause schlafen.
„Ich habe das Gespräch dokumentiert“, lächelt Korner. „Meine Sekretärin bringt Ihnen eine Kopie meines Aktenvermerks vorbei. Übrigens ist die Zielperson nicht nur Polizeibeamter, sondern auch noch Bürgermeister von Irrach, mit durchaus guten Beziehungen zu Bundes- und Landespolitikern. Deshalb gehe ich davon aus, dass Sie den Fall diskret behandeln.“
„Natürlich. Wie heißt der Mann eigentlich?“
„Brecht. Chefinspektor Benno Brecht.“
***
Irrach in der Steiermark. Kurz nach 16 Uhr.
Seit Donnerstagabend hat der 49-jährige Brecht mit dem Bürgermeister von Eberswald in einem Weingut gezecht und mit allen Mitteln versucht, den Kerl unter den Tischzu saufen. Erfolglos.
Als er, nach Zigarettenrauch und Alkohol stinkend, im Trachtenanzug mit einem Karton Weißwein unterm Arm die Grenzpolizeistation erreicht und sein Büro betritt, gähnt er erst einmal ausgiebig, stellt den Wein in den Kleiderkasten, wischt sich den Schweiß von der Stirnund setzt sich müde an den Schreibtisch. Neben dem Computermonitor liegt ein weißes Kuvert.
„Werner? Werner!“
„Hier. In meinem Büro. Was ist los?“
„Her mit dir.“
Augenblicke später steht Brechts Stellvertreter auch schon auf der Matte. „Sag einmal, wo warst du denn so lange?“, motzt der knapp 50-jährige, rothaarige und stämmige Kontrollinspektor Neumeier vorlaut, runzelt die mit Sommersprossen übersäte Stirn und setzt sich.
„Wein holen.“ Brecht hat die Figur
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