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Ulysses Moore – Die steinernen Wächter

Ulysses Moore – Die steinernen Wächter

Titel: Ulysses Moore – Die steinernen Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierdomenico Baccalario
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zu schwimmen.
    Er bewegte die Taschenlampe hin und her und konnte seinen Augen kaum trauen. Es musste ein Traum sein. Der Traum, dem er schon seit Jahren hinterherjagte. Er ballte die Hände zu Fäusten und beglückwünschte sich dazu, den richtigen Einfall gehabt zu haben und dieser Eingebung gefolgt zu sein.
    Da ist es, dachte er. Das muss es sein!
    Er hatte es so oft gesehen, sich so viel damit beschäftigt und nun lag es dort, nur wenige Meter vor ihm. Es wirkte sehr beeindruckend und sehr zerbrechlich.
    Vier Minuten.
    Aber er konnte jetzt unmöglich an die Oberfläche zurückkehren.
    Mit kräftigen Beinschlägen schwamm er, sich knapp über dem Grund haltend, darauf zu.
    In weniger als dreißig Schritten Entfernung lag in einer Senke vor ihm das Wrack eines großen Segelschiffes. Und der Schatten, der seine Aufmerksamkeit erregt hatte, war nichts anderes als der mit Algen bewachsene Mast, der einen flachen Winkel zum Meeresboden bildete. Der Sand hatte das Schiff fast vollständig zugedeckt, doch der Mast, der ganz geblieben war, ragte hoch darüber hinaus.
    Leonard schwamm am Wrack entlang und schreckte Schwärme unzähliger kleiner Fische auf. Dann endlich berührte er es.
    Holz. Fünfhundert Jahre altes Holz.
    Er schwamm die ganze Breitseite entlang, bis er den Bug erreichte, dessen Spanten noch intakt zu sein schienen. Unter dem Sand zeichneten sich unscharf die Umrisse einer Galionsfigur ab.
    Sobald er sie erblickte, empfand Leonard eine heftige, wachsende Spannung. Nach so vielen Jahren! Und das Wrack war die ganze Zeit über dort gewesen, hatte ungestört in sechsundvierzig Metern Tiefe gelegen, keine fünf Seemeilen von der Küste entfernt.
    Zwei Minuten hatte er noch Zeit, dann würde er aufsteigen müssen.
    Obwohl er sicher zu wissen glaubte, welches Schiff er da vor sich hatte, schwamm Leonard seitlich am Bug hinauf. Irgendwo da oben musste der Name stehen. Er kannte die Stelle von Gemälden, die das Schiff darstellten. Er hatte sie eingehend studiert. Mit den Händen schob er den Sand weg. Dann nahm er das Messer, damit es schneller ging. Die Klinge rutschte am Holz ab, bis sie gegen ein Messingschild stieß. Hektisch befreite Leonard es vom Sand.
    Und endlich konnte er mit der Taschenlampe auf die fünf Buchstaben des Namens leuchten.
    Fiona.
    Es gab keinen Zweifel mehr. Sie war es wirklich.
    Er sah auf die Uhr und ärgerte sich darüber, dass er gerade jetzt nach oben zurückkehren musste, wo er sie gefunden hatte. Sanft fuhr er mit der Hand über das Holz, als wolle er das Wrack zum Abschied streicheln.
    In der letzten Minute, die ihm noch blieb, versuchte Leonard seine Runde um das Schiff zu vollenden. Dort, wo der Schiffskörper auf dem felsigen Grund aufgeschlagen war, sah er einen breiten Riss. Er wollte ihn sich nur kurz anschauen, dann würde er wieder nach oben schwimmen, versprach er sich.
    Wieder schwamm er knapp über dem Meeresboden. Dann stützte er die Hände auf den Rändern des Risses ab. Aus der Nähe gesehen schien er sehr groß zu sein. Nicht unwahrscheinlich, dass dieser Riss die Ursache für das Kentern des Schiffes gewesen war ...
    Noch dreißig Sekunden.
    Mit der Taschenlampe leuchtete Leonard in das Loch hinein.
    Verfaultes Holz, Algen, Krebse, die ihm ihre Scheren entgegenreckten, und Fische, die sich ganz offensichtlich gestört fühlten. Er hatte sich nicht geirrt: Die Wunde im Schiffsrumpf war wirklich sehr tief.
    Plötzlich spürte er, dass mittendrin etwas sehr Seltsames war. Etwas Unnatürliches, für das er noch einmal dreißig Sekunden opfern wollte ... Er konnte notfalls beim Auftauchen die Pause bei einer Etappe verkürzen, beschloss er. Es wäre nicht das erste Mal, dass er sich beim Aufsteigen beeilen musste.
    Er ließ den Lichtkegel an den fauligen Spanten und Balken entlangwandern. Dann zwängte er sich mit dem Oberkörper durch den Spalt und versuchte zu begreifen, was damals passiert war. Plötzlich bemerkte er etwas, das unterhalb von ihm war. Etwas, das im Licht der Lampe glitzerte. Mit den Fingern wischte er den Sand weg. Es war aus Metall. Ein Armband.
    Er hob es auf.
    Aber es war kein Armband ...
    Es war etwas, das gar nicht hier sein konnte, nicht hier sein durfte ...
    Leonard stockte der Atem. Wie von einem sechsten Sinn gelenkt, riss er die Taschenlampe hoch. Er wollte schreien, aber er stieß nur einen dichten Schwall Luftblasen aus. Instinktiv schnellte er zurück, sodass seine Pressluftflaschen gegen den Schiffsrumpf hinter ihm schlugen. Hektisch

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