Um Haaresbreite
er sich für eine Waschmittelreklame gerade im Schlamm gewälzt, und er beugte sich über den anderen, dem er einen blutverschmierten Stiefel vom Bein schnitt.
Dieser blickte auf, als er Sanchez kommen sah, und salutierte lässig. »Guten Morgen.«
Eine lustige Schar, sagte sich Sanchez. »Haben Sie hier das Kommando?«
»Jawohl«, erwiderte Macklin. »Mit wem habe ich die Ehre?«
»Leutnant Richard Sanchez, United States Marine Corps.«
»Dann sind wir ja im gleichen Geschäft. Ich bin Leutnant Digby Macklin von den Royal Marines Ihrer Majestät.«
Sanchez stand mit offenem Munde da. »Ich will verdammt sein«, murmelte er vor sich hin.
Was Shaw als erstes bemerkte, als er sich im Luftschacht hinunterließ, war der modrige Gestank, der ihm entgegenschlug.
Nach zwanzig Metern konnte er sich mit den Füßen nicht mehr an die Wände stützen, klammerte sich an seinem Seil fest und richtete den Strahl der Stablampe nach unten in die Finsternis.
Shaw war in eine riesige Höhle gelangt, deren Höhe mindestens zwölf Meter betrug. Außer einem großen Schutthaufen in einer Ecke war sie leer. Das Seil endete dreieinhalb Meter über dem Boden. Er klemmte sich die Stablampe unter die Achsel, machte einen tiefen Atemzug und ließ das Seil los.
Er kam sich wie ein Stein vor, der in einen Brunnenschacht fällt; es war ein schreckliches Gefühl, das er nicht noch einmal zu erleben wünschte.
Er stöhnte auf, als er auf dem Boden landete. Anstatt auf die Füße zu fallen, schlug er mit der Seite auf, und sein ausgestreckter Vorderarm prallte an etwas Hartes. Ein schneidender Schmerz schoß in die Schulter und lähmte seinen Arm.
Shaw saß zwei oder drei Minuten lang, die Lippen vor Schmerz aufeinandergepreßt, in Selbstmitleid versunken.
Schließlich riß er sich zusammen, denn es konnte nur noch Minuten dauern, bis die Amerikaner ihm folgen würden. Er setzte sich auf. Gott sei Dank funktionierte die Stablampe noch.
Er saß neben einem Schmalspurgleis, das von der Höhle in einen Tunnel führte.
Unbeholfen zog er sich mit seiner unverletzten Hand den Gürtel ab, band ihn zu einer Schlinge, rappelte sich auf die Beine und folgte den Schienen in den Tunnel.
Er ging zwischen den Gleisen, bemühte sich, nicht über die Schwellen zu stolpern. Etwa fünfzig Meter weiter verlief die Bahnspur in einer leichten Steigung. Nach einer Weile blieb er stehen und leuchtete voraus in die Dunkelheit.
Zwei riesige rote Augen eines Ungeheuers schienen ihn anzublicken.
Behutsam bewegte er sich weiter, stieß mit der Stiefelspitze an etwas Hartes, sah eine neue Schienenspur. Sie war viel breiter, sogar noch breiter als die der britischen Eisenbahnen, schien es ihm. Der Tunnel führte in eine weitere Höhle.
Aber es war keine gewöhnliche Höhle. Es war eine riesige Gruft voller Leichen. Die roten Augen waren die beiden Schlußlaternen eines Eisenbahnwagens. Auf der Plattform hockten zwei Leichen, eigentlich eher zwei Mumien, voll angekleidet, die schwarzen Schädel blicklos in die ewige Finsternis starrend.
Shaws Haar sträubte sich, und er vergaß sogar den stechenden Schmerz in seinem Handknöchel. Pitt hatte recht gehabt. Der unterirdische Steinbruch hatte das Geheimnis des
Manhattan Limited
bewahrt.
Er blickte sich um, erwartete fast, eine in ein Laken gehüllte Gestalt mit einer Sense zu sehen, die ihm mit ihrem knochigen Finger zuwinkte. Er ging an dem Wagen vorbei, stellte überrascht fest, daß der Zug fast frei von Rost war. An den Eingangsstufen, wo der nächste Wagen angekoppelt war, lag wieder eine zusammengekauerte Gestalt, den Kopf an die Räder gelehnt.
Im Licht der Lampe wirkte die Haut dunkelbraun und wie Leder. Im Laufe der Jahre war der Körper ausgetrocknet, in der trockenen Luft des Steinbruchs mumifiziert. An der immer noch auf dem Kopf sitzenden Schirmmütze erkannte man den einstigen Schaffner.
Es gab noch viele andere in der letzten Pose erstarrte Gestalten um den Zug herum. Die meisten waren sitzend gestorben, einige lagen auf dem Boden ausgestreckt. Die Kleidung war erstaunlich gut erhalten, und Shaw konnte ohne Mühe die Frauen von den Männern unterscheiden.
Einige Leichen befanden sich unterhalb der offenen Tür des Gepäckwagens. Vor ihnen waren einige Holzkisten zum Teil in einem Lorenwagen aufgestapelt. Eine der Mumien lag vor einer aufgebrochenen Kiste und hielt einen verstaubten Gegenstand an ihre Brust. Shaw rieb die Schmutzschicht ab und stellte fest, daß es Gold war.
Mein Gott, sagte er
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