Um Mitternacht am schwarzen Fluß
abends beruhigt einzuschlafen.
Ute Leihmeier war eine damenhafte
Schönheit, dank Schneider, Zahnarzt, Kosmetikerin, Friseur und Masseuse. Ihre
kupferroten Lockensträhnen hingen am Kopf wie Nadelbaumäste bei Regen.
Die beiden arbeiteten an
Schreibtischen, die Stirn an Stirn standen, hatten aber nicht mehr recht Lust.
Eine Unterbrechung wie Gaby und ihre
Freunde war willkommen. Sie zeigten sich herzlich, die Leihmeiers. Gaby stellte
die Jungs vor; und Robert Leihmeier meinte, es bedürfe keiner Erklärungen.
Tanja hätte schon allerhand erzählt.
„Und damit sind wir beim Thema.“ Gaby
lächelte. „Unsere Nachforschung bei der Spedition Kambärt hat ergeben, daß der
Lastzug tatsächlich von dort ist. Er steht jetzt auf dem Hof, wurde von uns
wiedererkannt und ist bereits entladen. Er hat Käse aus Italien geholt. Der
Spediteur Kambärt kann noch nicht glauben, daß die beiden Fahrer Straßenrowdys
sind. Angeblich handelt es sich um unbescholtene Leute: einen gewissen Frank
Werdy und einen Italiener namens Carlo Riscanto. Wir wollten sie aufsuchen, um
Licht in den Vorfall zu bringen. Aber die beiden sind nicht zu Hause. Bis
Mittwoch haben sie frei. Bevor wir weitermachen, wollten wir uns mit Ihnen
abstimmen. Werden Sie Anzeige erstatten? Oder genügt es Ihnen, wenn Tanjas Rad
ersetzt wird?“
Robert begann an der Unterlippe zu
lutschen und sah seine Frau an.
Sie fing den Blick nicht auf, sondern
richtete die Augen abwärts und griff an ihre Lockensträhnen.
„Ihre Entscheidung ist wichtig“, sagte
Tim, als ihm das Schweigen zu lang wurde. „Die Brummi-Piloten müssen wissen,
was ihnen blüht. Sicherlich hängt es davon ab, ob sie geständig sind oder die
Unfallflucht leugnen. Übrigens scheint noch was anderes hineinzuspielen.
Spediteur Kambärt hält es nämlich für unmöglich, daß die beiden mit dem
Straßenelefanten durch den Naturpark gerast sind. Erstens ist dort Fahrverbot
für ihresgleichen. Zweitens haben sie dort nichts zu suchen. Drittens — das ist
meine Privatmeinung — bekommt diese Umwegverzögerung dem Käse nicht.
Wahrscheinlich ist es noch kein Verstoß gegen das Nahrungsmittelgesetz. Aber
Schimmelpilz an Bord könnte leicht noch schimmliger werden.“
„Ich esse sowieso keinen Käse“, sagte
Ute, war aber mit ihren Gedanken woanders.
Leihmeier zog ein Seidentuch aus der
Brusttasche und rieb über seine traurige Nase, ohne sich zu schneuzen.
„Wir werden es abhängig machen von
Tanjas Verletzung“, sagte er.
„Ihr fehlt eigentlich nichts“, meinte
Gaby. „Am Ellbogen wurde etwas Haut abgeschürft. Ansonsten ist sie puppenlustig
und wollte nicht zu Dr. Geidmann.“
„Man hört immer wieder von Fällen“,
sagte Ute, „wo die Schäden für den Laien nicht sichtbar sind, aber nachher als
Spätschäden auftreten. Tanja ist noch bei Dr. Geidmann. Robby, ruf doch mal an.“
„Wollte ich gerade“, nickte Robert und
griff zum Telefon.
Er wurde mit der Sprechstundenhilfe
verbunden.
„Meine Tochter — Tanja Leihmeier — war
bei Ihnen. Oder ist es noch“, erklärte er. „Wie Sie sicherlich wissen, handelt
es sich um einen Unfall. Können Sie mir Näheres sagen? Wie? Ja, ich warte.“
Indem er die Hand über die
Sprechmuschel deckte, sagte er: „Sie redet dummes Zeug. Scheint überlastet zu
sein.“
Nach einer Weile kehrte die
Arzthelferin zurück. Ihre Stimme haspelte aus dem Hörer.
„Das ist unmöglich“, sagte Robert. „Geben
Sie mir den Doktor! Wie? Doch! Ich bestehe darauf.“
Ein gehetzter Ausdruck trat in sein
Gesicht, während er dann mit dem Arzt redete.
„Dr. Geidmann? Hier Leihmeier. Grüß
Sie! Ihre Helferin wollte mir gerade weismachen, daß Tanja gar nicht bei Ihnen
war. Aber das kann nicht sein. Sie wurde nachmittags von unserer Buchhalterin,
von Frau Eckert, — kennen Sie, ja? — hingebracht. Tanja ist bei einem Unfall
gestürzt. Sie sollten sie unbedingt sehen und gegebenenfalls den Tetanusschutz...“
Er stockte, wurde offenbar von Dr. Geidmann
unterbrochen, hörte ihm zu und begann, heftig an der Unterlippe zu lutschen.
„Ist mir unerklärlich“, murmelte er
schließlich. „Aber das wird sich schon rausstellen. Vielen Dank, Doktor.
Wiederhören.“
Er legte auf. Sein Gesichtsausdruck war
verstört.
„Tanja war nicht in der Praxis.“
„Aber die Eckert hat sie hingebracht“,
rief Ute.
„Hingebracht sicherlich. Doch
vielleicht ist Tanja nicht reingegangen. Erinnere dich mal, wie sie sich
gesträubt hat.“
„Begeistert war
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