Um Mitternacht am schwarzen Fluß
erklärte sie dann, Tanja hätte das
zwar anfangs gesagt, aber den Gedanken wohl aufgegeben, jedenfalls nicht mehr
darauf bestanden.
Total untypisch! dachte Tim. Irgendwas
stimmt hier nicht.
Dietlinde wußte nichts. Offenbar hatten
die beiden während der Fahrt nur geschwiegen. Daß sich Tanja der Buchhalterin
nicht an vertraute, lag auf der Hand.
Leihmeier sagte, sie könne Feierabend
machen; und Dietlinde stolperte hinaus.
„Tja“, meinte der Modehauschef. „Jetzt
müssen wir erst mal warten. Eine Vermißtenanzeige... Nein! Das wäre zu früh.
Die Polizei würde uns wegschicken. Außerdem glaube ich“, machte er sich Mut, „daß
sie jeden Moment kommt. Na, dann kann sie was erleben. Einfach den Arzt zu
schwänzen, ist ein starkes Stück.“
„Sie soll gleich bei mir anrufen“,
sagte Gaby, „damit ich beruhigt bin. Und ich verständige euch“, setzte sie
hinzu, womit sie die Jungs meinte.
Dann verabschiedete sich die
TKKG-Bande.
13. Gesperrt wegen Straßenbauarbeit
Die Angelegenheit Werdy/Riscanto wurde
zunächst auf den zweiten Platz verwiesen. Wo war Tanja? Das stand vorn. Aber
aus dem Ärmel wußte keins der TKKG-Mitglieder eine Antwort. Und möglicherweise,
wie so oft, erledigte sich die Sorge von selbst, wenn Tanja nachher
wohlbehalten auftauchte.
„Wie Herr Leihmeier ganz richtig sagt“,
meinte Gaby. „Erst mal abwarten. Aber komisch ist es schon, daß sie Jan, uns
und das Grillfest vergessen hat.“
„Vielleicht ist sie doch schlimmer
verletzt, als man sah“, mutmaßte Klößchen, „liegt jetzt irgendwo bewußtlos, und
niemand findet sie.“
Keinem gefiel der Gedanke. Aber er
konnte zutreffen wie manche andere Möglichkeit.
Tim sah auf die Uhr. „Wenn wir jetzt
nicht zur Penne brettern, ist was los. Nachher, Pfote, rufe ich dich an.“
Er küßte seine Freundin. Dann trennte
man sich. Gaby und Karl fuhren heim. Tim und Klößchen traten den Rückweg zur
Internatsschule an.
Nachdem sie über vier Kreuzungen gestrampelt
waren, rief Tim hinter sich: „Wir können links schwenken und durch die
Turmacker rollen. Ist kein Umweg.“
„Weshalb?“ fragte Klößchen.
„Dort hat Dr. Geidmann seine Praxis.“
„Meinst du, Tanja ist da?“
„Das nicht. Aber irgendwo müssen wir
die Spur aufnehmen, falls alle Stricke reißen. Und dort, bei der Praxis, wurde
Tanja letztmalig gesehen.“
Es war eine breite Straße mit
Lindenbäumen zwischen Gehweg und Fahrbahn. Zu den Gehsteigen hatte man Zutritt,
aber die Fahrbahn war abgesperrt. Rotweiße Holzböcke markierten die Grenze.
Zwei DURCHFAHRT-VERBOTEN-Schilder und ein Umleitungsschild bewahrten die
kurzsichtigen Verkehrsteilnehmer davor, in die Grube zu fallen. Auf ganzer Fahrbahn-Breite
und erheblicher Länge war die Straße aufgerissen. Drüben auf der anderen Seite
standen Baumaschinen wie Hochlöffelbagger und Erdhobel. Jetzt war der Einsatz
beendet, aber morgens ging’s sicherlich weiter.
Tim hielt vor der Absperrung und
starrte in die Grube. Weshalb hier gebuddelt wird, war nicht ersichtlich.
Vielleicht sollten Fernheizungsrohre verlegt werden, oder die Kanalisation war
verstopft.
Das war auch nicht wichtig. An
solcherlei Behinderungen überall im Stadtgebiet hatten sich die Städter
gewöhnt.
„Tststs“, machte Klößchen nachdenklich,
als er neben Tim hielt. „Meinst du, sie ist reingefallen? Und man hat sie
versehentlich zugeschüttet?“
„Was? Nein. Natürlich nicht. Ich meine
was anderes. Geht dir kein Licht auf?“
„Mein Magen ist ein finsteres, leeres
Loch. Wie soll da mein Gehirn leuchten?“
„Die Eckert hat gelogen.“
„Häh?“
„Erinnere dich. Hat sie diese
Maulwurfs-Arena erwähnt, diesen Sandkasten für Straßenbauer? Nein. Hat sie
nicht. Zu Dr. Geidmann habe sie Tanja gebracht, sagte sie. Und sei dann
weitergefahren. Ich meine, es hätte sich angeboten, die Baustelle zu erwähnen.
Aber Dietlinde Eckert sagte nichts.“
„Uih! Weshalb denn nicht?“
„Weil sie nicht wußte, daß die hier die
Straße auf schlitzen. Das heißt, sie war gar nicht hier.“
„Vielleicht hat sie Tanja schon vorn an
der Ecke abgesetzt.“
„Wozu? Damit Tanja noch mehr Zeit
verliert?“
„Was steckt dann dahinter?“
„Wenn ich das wüßte. Wie eine
Kidnapperin sieht die Eckert nicht aus.“
„Sie könnte sich verstellen, und unter
der Buchhalterinnen-Schale steckt eine Bestie.“
„Glaubst du das wirklich?“ fragte Tim.
„Bei Frauen über 20 fehlt mir die
Menschenkenntnis wegen Mangel an Erfahrung.
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