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Um Mitternacht am schwarzen Fluß

Um Mitternacht am schwarzen Fluß

Titel: Um Mitternacht am schwarzen Fluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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mit
Lautsprecher-Durchsagen über die Straßen rollen.“
    Dietlinde nickte.
    Ihre linke Hand zählte zum dritten Mal
die Fingerknöchel der rechten. Auch in ihrem Mausegesicht zuckte Nervosität auf
wie gelegentliches Wetterleuchten.
    „Tanja ist unsere Klassenkameradin“,
fuhr Tim fort, „und mit Gaby befreundet, die wiederum meine Freundin ist.
Deshalb werden wir, die TKKG-Bande, Tanjas Spur dort aufnehmen, wo sie sich
verliert.“
    Erwartungsvoll sah er Dietlinde an.
    Sie zwinkerte nervös und hatte Mühe,
nicht den Blick niederzuschlagen.
    „Ich meine“, half er ihr auf die
Sprünge, „vor Dr. Geidmanns Praxis. An der Stelle, wo Tanja von Ihnen abgesetzt
wurde. Dort könnte sie, haben wir uns überlegt, irgendwen getroffen haben, mit
dem sie dann mitgegangen ist, statt sich zu Dr. Geidmann zu begeben. Damit bin
ich bei der ersten Frage: Ist Ihnen, Frau Eckert, ein jugendlicher Typ
aufgefallen? So in unserem Alter. Oder älter.“
    Dietlinde schloß die Augen, als dächte
sie nach.
    Dann schüttelte sie den Kopf. „Nein,
ich habe niemanden bemerkt.“
    „Haben Sie vielleicht einen streunenden
Hund gesehen? Möglicherweise ist Tanja ihm nachgelaufen und dabei zu weit
abseits geraten.“
    „Ein Hund war bestimmt nicht da.“
    „Oder ein entflogener Kanarienvogel“,
schaltete sich Klößchen ein.
    „Meinst du das im Ernst?“ Dietlinde sah
ihn an. „Gesehen habe ich keinen.“
    Tims Miene war arglos, als er beiläufig
feststellte: „Sie sagten vorhin, daß Sie Tanj a direkt vor dem Haus abgesetzt
haben, aber nicht darauf achteten, ob sie hineinging.“
    Dieser Lausebengel! dachte sie — und
ihr Herz begann zu jagen. Stellt mir eine Falle. Warum? Habe ich Verdacht
erregt? Nein! Die Chefin hat mal erzählt, daß sich diese TKKG-Bande mit
detektivischem Spürsinn in alles einmischt. Wo was los ist, müssen die ihre
Hände ins Spiel bringen.
    Sie lächelte scheu.
    „So habe ich das nicht gesagt.“

     
    Tim riß die Augen auf. „Nein? Was
meinen Sie?“
    „Ich habe nicht gesagt, ich hätte Tanja
direkt vor dem Haus abgesetzt. Das ist nämlich unmöglich. Man hat die
Turmacker-Straße wegen Straßenbauarbeiten gesperrt. Ich hielt an der
Einmündung. Tanja stieg aus und lief über den Gehsteig. Ich fuhr weiter. Mehr
kann ich dazu nicht sagen.“
    Fehlanzeige! dachte Tim. Habe ich mich
also getäuscht. Oder? Eigentlich ändert das nichts an meinem Verdacht. Ihre
Nervosität ist zu auffällig. Dafür sehe ich weit und breit keinen Grund. Daß
sie von der Buddelei in der Turmacker weiß, heißt gar nichts.
    „Gesperrt?“ meinte er verwundert. „Ach
so.“
    Auf ihren Lidern schwammen bläuliche
Schatten — auch unter den Augen. Das war nicht Make up, sondern Erschöpfung.
Nun sah sie ja wirklich nicht aus wie eine weltrekordverdächtige Kugelstoßerin
— aber der Streß tobte in ihr. Das war mal klar. Weshalb wurde sie so
gebeutelt?
    Ihre Buchführung wird sicherlich in
Ordnung sein, überlegte Tim, und ihr Privatleben auch, nämlich
sterbenslangweilig. Also hat ihr inneres Gezappel und das ständige Zählen der
Fingerknöchel was mit Tanja zu tun. Was?
    Wenn statt Tanja eine Lösegeldforderung
einläuft, nehme ich Dietlinde in den Schwitzkasten, beschloß er. Bis dahin hat
sie noch Schonzeit.
    Er stand auf, meinte, vorerst hätten
sie keine weiteren Fragen. Die Spur müßten sie wohl vor Ort aufnehmen.
    Dietlinde brachte sie zur Tür.
    Als die beiden im Treppenhaus standen,
hörten sie, wie die Sicherheitskette eingehakt wurde.
    Tim wälzte Gedanken, während sie die
Treppe hinunter liefen. Klößchen gähnte. Offenbar hatte er seine Meinung noch
nicht gebildet. Jedenfalls äußerte er nichts.
    Tim erklärte ihm, was er dachte,
während sie ihre Drahtesel flottmachten.
    „Als Unschuldsengel“, sagte Tim, „sehe
ich die Dame noch nicht. Aber es wäre hirnrissig, nur in der Richtung zu
argwöhnen. Mir ist noch ein anderer Gedanke gekommen. Fast alles spricht gegen
ihn, denn der Zufall als Auslöser wäre geradezu idiotisch. Doch man hat ja
schon die tollsten Dinger erlebt.“
    „Was meinst du?“
    „Stell dir vor, Tanja ist den beiden
Käsefahrern begegnet! Könnte doch sein, Werdy und Riscanto kreuzen vor Dr. Geidmanns
Praxis ihren Weg.“
    „Aha. Und?“
    „Die beiden erkennen sie.“
    „Warum nicht?“
    „Und sie befürchten, Tanja würde auch
sie erkennen — zumindest den einen, der auf ihrer Seite saß.“
    „Sie hat keinen gesehen.“
    „Aber das wissen die beiden nicht. Sie
denken,

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