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Um Mitternacht am schwarzen Fluß

Um Mitternacht am schwarzen Fluß

Titel: Um Mitternacht am schwarzen Fluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Werdy.
    „Klar.“
    „Willste mit der Puste brechen gehen (bewaffneten
Einbruch verüben)!“
    „Keinen Einbruch. Überfall.“

    „Heiß, heiß. Aber du weißt sicherlich,
was du tust.“
    „Na, und ob.“ Gnazow grinste. So was
wie Vorfreude breitete sich über sein verbeultes Gesicht. „Morgen nehme ich mir
das Einkaufs-Center in der Hilleberger Straße vor. Kurz bevor sie Schluß
machen, hole ich die Geldbomben ab.“
    „Den Laden kenne ich nur vom Sehen“,
murmelte Werdy. „Da kommst du auch nur mit Kundenausweis rein. Ich meine, wenn
es dir darum geht, preisgünstig einzukaufen. Kantinen und Hotelbetriebe decken
dort ihren Bedarf.“
    „Dann viel Glück! Soll ich dir über die
Schulter spucken?“
    „Jedenfalls nicht ins Gesicht.“
    Er händigte Werdy das Geld aus.
    Die Hälfte gehe an Riscanto, meinte
Werdy.
    Dann verließen beide das Haus. Werdy
schloß ab. Durch die Dunkelheit tappten sie nach vorn zur Prieselmeyer-Straße.
    Werdy erbot sich, seinen Freund nach
Hause zu fahren. Dessen Adresse lag am Weg.
    „Ich dachte immer“, sagte Gnazow, „die
alte Tante mit den vielen Katzen – wie heißt sie noch? Krawutschke! Richtig –
wäre ausgezogen?“
    „Klar. Schon vor einem Monat. Jetzt
habe ich den ganzen Palast für mich allein, was auch besser ist. Dauernd das Gemieze
und Gemaunze im Haus — das hältst du nicht aus. Mir wäre es am liebsten, wenn
die obere Wohnung leer bleibt. Weshalb fragst du nach der Alten?“
    „Ach, als ich vorhin da war, tanzten so
ein paar Nachwuchstypen an. Zu dir wollten die sicherlich nicht, sondern bei
der Alten die Katzen füttern. Werden wohl gemerkt haben, daß die Adresse nicht
mehr stimmt.“
    Werdy nickte. Er hatte kaum hingehört.
    Seine Gedanken hatten einen weiten
Sprung gemacht, waren bereits in der Mordmühle.
    Sicherlich wurde Tanja inzwischen
vermißt? Würden sich ihre Eltern gleich an die Polizei wenden? Oder erst die
Bekannten und Freunde abtelefonieren?
    Er startete den Golf.
    Auf dem Rücksitz klapperten die
Weinflaschen.
    Gewohnheitsmäßig sah Werdy in den
Rückspiegel, bevor er aus der Parklücke glitt.
    Die Prieselmeyer-Straße hinter ihm war
nahezu leer. Nur an der Einmündung tauchten eben zwei Radfahrer auf und
strampelten heran.
    Erfuhr ab.
    Gnazow hatte den Colt unter der Jacke
hervorgeholt und streichelte das brünierte Metall.
    „Du hast noch was vor?“ fragte er
Werdy.
    „Gewissermaßen. Zusammen mit Riscanto
habe ich einen Job übernommen. Wir bewachen das Waffenlager, aus dem auch dein
Colt stammt. Ist ein ganzes Arsenal. Wurde in Genua geklaut, und der Chef, für
den wie jobben, will’s an einen syrischen Freiheitskämpfer — oder Terroristen —
verscheuern.“
    „Gut, gut!“
    Werdy lachte. „Du ahnst nicht, wo die
Kisten stehen. Mitten im Wald, im Naturpark. Und zwar in der Mordmühle.“
    Gnazow grinste. „Kein übler Ort dafür.
Aber ihr werdet euch gruseln.“
    „Ganz sicher“, lachte Werdy, „zartbesaitet,
wie wir sind.“

17. Auf modriger Matratze
     
    Bei Carlo Riscanto waren sie vergeblich
gewesen.
    Jetzt radelten sie durch die
Prieselmeyer-Straße, um bei Werdy nachzuforschen.
    Klößchen hatte vergessen, Schokolade
als Wegzehrung mitzunehmen, und nölte deshalb, bis Tim ihn zurechtstauchte.
    „Hör mit dem Gejammer auf! Wir haben
andere Probleme.“
    „Das ist es ja. Denen bin ich mit
leerem Magen nicht gewachsen.“
    „Du hast heute mindestens 3500 Kalorien
zu dir genommen. Zur dir genommen? Fressen — nennt man das. Und das ist
bestimmt noch nicht alles, wie ich dich kenne.“
    Die Straße war unbelebt, der Abend zu
kühl, um sich im Freien zu ergehen. Weit vor ihnen fuhr ein Golf ab. Er hatte
vor Haus Nr. 19 geparkt. Dort hielten sie.
    Als sie sich Werdys Behausung näherten,
sank die Hoffnung unter null.
    Kein Licht, kein Laut, kein
Lebenszeichen.
    Tim drückte auf den Beleuchtungsknopf
neben der Tür. Die Kugellampe über dem Eingang flammte auf.
    Das kalkige Licht reichte bis zu den
Fenstern. Zwei aufgescheuchte Nachtfalter begannen zu kreisen.
    Tim drückte auf die Klingel, obwohl er
wußte, daß es vergeblich war.
    Klößchen, der die Räder hielt, glotzte
zum zweiten Fenster — jenem, dessen Scheibe Gnazow vorhin betrommelt hatte.
    „Tim, guck mal!“
    „Was meinst du?“
    „Vielleicht täusche ich mich. Aber ich
meine, die Gardine hängt jetzt anders. In der Mitte, wo der Spalt ist, klappt
eine Seite nach innen. Vorhin war das nicht so.“
    Tim sockte zum Fenster.
    Durch den Spalt

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