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Um Mitternacht am schwarzen Fluß

Um Mitternacht am schwarzen Fluß

Titel: Um Mitternacht am schwarzen Fluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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stieg.
    Sie startete, fuhr ein kleines Stück
weiter und hielt dann rechts auf dem Parkstreifen.
    Rotgesicht rollte vorbei und winkte.
    Sie winkte nicht zurück, sondern
blickte hinüber zur Turmacker-Straße.
    Eine alte Frau führte ihren
Spitz-Dackel-Terrier gassi.
    Ein feingemachtes Pärchen, das offenbar
in ein Nobel-Restaurant wollte, kam auf der Dr. Geidmann-Seite über den
Gehsteig. Die Frau hatte sich bei dem Mann eingehängt.
    Dietlinde überlegte.
    Wie hatte sie sich vorhin geäußert?
    War etwas gesagt worden, woraus die
andern schließen konnten, daß sie Tanja gar nicht hierher gebracht hatte?
    Ihr fiel nichts ein.
    Wie beruhigend!
    Und was für ein Glück, daß sie zufällig
diese Straßenbauarbeit entdeckte.
    Sie wartete noch, bis sich ihr flotter
Herzschlag beruhigte. Dann fuhr sie weiter, nach Hause, stellte den Wagen an
den Straßenrand — unter die Lichtpeitsche, was sein angestammter Platz war — und
betrat ihre Wohnung.
    Nach einem Abendessen war ihr nicht
zumute. Aber sie brühte sich Tee auf und schaltete den Fernsehapparat ein.
    Spätestens um neun Uhr, das nahm sie
sich vor, wollte sie die Leihmeiers anrufen und sich nach Tanja erkundigen.
    Sie sah sich einen alten Film an, ohne
sich auf die dümmliche Handlung zu konzentrieren.
    Immer wieder schweiften ihre Gedanken
ab.
    Als sie die dritte Tasse Tee trinken
wollte, klingelte es. Sie erschrak.
    Wer konnte das sein?
    Sie erwartete niemanden.
    Beunruhigt ging sie zur Tür.

15. Neuer Verdacht
     
    Ein Hausbewohner, der gerade
heimkehrte, hatte sie eingelassen und ihnen gesagt, daß Frau Eckert im ersten
Stock links wohne.
    „Schönen Abend noch!“ wünschte Tim, als
der Mann in seiner Parterre-Wohnung verschwand.
    „Da sieht man mal wieder“, murmelte
Klößchen, „wie leichtsinnig die Menschen sind. Die Welt kann ja gar nicht
gesunden — was das Verbrechen betrifft. Den Gaunern wird es zu leicht gemacht.“
    „Du meinst, weil er uns einfach so
reinließ, obwohl wir nicht ins Haus gehören?“
    Klößchen nickte. „Wären wir Gesindel,
dann könnte hier sonst was passieren. Ist ja bekannt, daß sich solcherart Diebe,
Einbrecher, Räuber und Trickbetrüger einschleichen. Mehr Kontrolle tut not.“
    „Meinst du, er hätte unsere
Schülerausweise verlangen sollen?“
    „Hast du deinen mit?“
    „Immer.“
    „Hm. Meiner liegt auf dem Nachttisch.“
    „Dort lag er vor zwei Monaten, Willi.
Weil er allmählich verstaubte, habe ich ihn in die Tischschublade gelegt. Das
ist dir noch nicht aufgefallen, wie?“
    „Nee. Danke! Ein sauberer Ausweis ist
was wert. Meinst du nicht, daß der freundliche Mann zu lässig — sozusagen
fahrlässig — gehandelt hat?“
    „Man könnte dir zustimmen. Aber ich
glaube, seine Kontrolle war anderer Art. Gesichtskontrolle! Da ich sehr
vertrauenserweckend wirke — und auch bin — , hat er sich gesagt: Der kleine
Dicke wird nicht so schlimm sein, wie er aussieht. Der andere ist zudem sein
gutes Gewissen. Also kann ich sie reinlassen, die beiden.“
    „Hahahah!“ grunzte Klößchen. „Gerade
von den kleinen Dicken weiß man ja, wie ehrenwert und gutmütig sie sind. Dafür
bin ich der lebende Beweis.“
    Tim grinste. „Mal sehen, ob man das
auch von ihr sagen kann.“
    Sie standen vor Dietlindes Wohnung. Es
war klar, wen er meinte.
    Klößchen klingelte.
    Nach einer Weile näherten sich
Schritte.
    Hinter der Tür klirrte es. Vermutlich
wurde eine Sicherheitskette eingehakt.
    Richtig! Nur einen Spalt weit öffnete
Dietlinde die Tür. Mehr ließ die Kette nicht zu.
    Das kleine Mausegesicht zeigte einen
Ausdruck, als vermute es vor der Tür einen Unhold.
    „Guten Abend, Frau Eckert“, Tim
lächelte. „Entschuldigen Sie die Störung. Aber falls Sie nicht gerade in der
Badewanne sitzen, hätten wir Sie gern gesprochen.“
    Die beiden wurden eingelassen.
    „Ist Tanja zurück?“ war Dietlindes
erste Frage.
    „Eben nicht. Deshalb kommen wir.“
    Der Wohnraum war gemütlich
eingerichtet.
    Sicherlich, dachte Tim, verbringt sie
die eine Hälfte ihres Lebens im Büro, die andere hier.
    Dietlinde griff zur Fernbedienung und
schaltete den TV aus.
    Klößchen seufzte enttäuscht. Er hatte
den Blick bereits auf die Mattscheibe gerichtet. Vermutlich hätte er ihr mehr
Aufmerksamkeit geschenkt als dem Gespräch.
    „Wir betrachten es selbstverständlich
als unsere Pflicht“, sagte Tim, nachdem alle Platz genommen hatten, „nach
Tanjas Verbleib zu forschen und nicht so lange zu warten, bis Polizeiwagen

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