Unbefugtes Betreten
war plötzlich halb polnisch, so viele Immigranten gab es da. Sonntags gingen schon mehr Katholiken als Anglikaner in die Kirche, schrieb die Zeitung, wegen der ganzen Osteuropäer. Ihn kümmerte das nicht. Die Polen, die er kennengelernt hatte, fand er eigentlich ganz nett – Maurer, Stuckateure, Elektriker. Gute Arbeiter, solide Ausbildung, standen zu ihrem Wort, zuverlässig. Wurde auch Zeit, dass das gute alte britische Baugewerbe mal einen Tritt in den Arsch kriegt, dachte Vernon.
An dem Tag war die Sonne herausgekommen, warf schräge, niedrige Strahlen auf das Meer und stach ihm in die Augen. Ende März wurde es sogar an diesem Teil der Küste ein bisschen Frühling.
»Wie wär’s jetzt mit einer Runde Schwimmen?«, fragte er, als sie die Rechnung brachte.
»Oh nein. Kein Schwimmen.«
»Ich vermute mal, Sie kommen aus Polen.«
»Ich heiße Andrea«, antwortete sie.
»Nicht, dass ich was dagegen habe, wenn Sie aus Polen kommen.«
»Ich habe auch nicht.«
Das Problem war, dass er noch nie gut flirten konnte, nie ganz das Richtige sagte. Und seit der Scheidung konnte er es womöglich noch schlechter, weil er nicht mit dem Herzen dabei war. Wo war denn sein Herz? Eine Frage für später. Thema heute: Flirten. Er kannte ihn nur allzu gut, diesen Blick der Frauen, wenn man es nicht richtig hinkriegte. Wo kommt der denn her, sagte dieser Blick. Na ja, zum Flirten gehörten immer zwei. Und vielleicht wurde er langsam zu alt dafür. Siebenunddreißig, Vater zweier Kinder, Gary (8) und Melanie (5). So würde es in den Zeitungenstehen, wenn er eines Morgens an der Küste angeschwemmt würde.
»Ich bin Immobilienmakler«, sagte er. Das war noch so ein Spruch, der einem Flirt oft im Wege stand.
»Was ist das?«
»Ich verkaufe Häuser. Und Wohnungen. Wir vermieten auch. Zimmer, Wohnungen, Häuser.«
»Ist das interessant?«
»Man kann davon leben.«
»Wir alle müssen leben.«
Plötzlich dachte er: Nein, du kannst auch nicht flirten. Vielleicht kannst du es in deiner eigenen Sprache, aber auf Englisch kannst du es nicht, also sind wir quitt. Außerdem dachte er: Sie macht einen robusten Eindruck. Vielleicht brauche ich jemanden, der robust ist. Soweit ich das beurteilen kann, könnte sie in meinem Alter sein. Nicht, dass ihn das groß kümmerte. Er wollte ja nicht mit ihr ausgehen.
Er ging mit ihr aus. In dieser Stadt gab es da nicht viel Auswahl. Ein Kino, einige Kneipen und die wenigen anderen Restaurants, in denen sie nicht arbeitete. Dann gab es noch Bingo für die alten Leute, deren Wohnungen er verkaufen würde, wenn sie mal tot wären, und einen Club, in dem ein paar halbherzige Gruftis herumhingen. Die Jugend fuhr freitagabends nach Colchester und deckte sich mit genügend Drogen für das Wochenende ein. Kein Wunder, dass einer die Strandhütten angezündet hatte.
Anfangs mochte er sie für das, was sie nicht war. Sie war nicht kokett, sie war nicht schwatzhaft, sie war nicht aufdringlich. Es störte sie nicht, dass er Immobilienmakler war und dass er geschieden war und zwei Kinder hatte. Andere Frauen hatten nach einem kurzen Blick gesagt: Nein.Wahrscheinlich gaben sich Frauen lieber mit einem noch verheirateten Mann ab, egal wie kaputt dessen Ehe war, als mit einem, der bereits die Scherben aufsammelte. Eigentlich nicht weiter verwunderlich. Aber Andrea kümmerte das alles nicht. Sie stellte nicht viele Fragen. Beantwortete übrigens auch keine. Als sie sich zum ersten Mal küssten, wollte er schon fragen, ob sie wirklich aus Polen kam, aber dann vergaß er es.
Er schlug seine Wohnung vor, aber sie wollte nicht. Sie sagte, sie werde nächstes Mal mitkommen. Ein paar Tage überlegte er nervös, wie es wohl wäre, nach so langer Zeit mit einem anderen Menschen ins Bett zu gehen. Er fuhr fünfzehn Meilen die Küste hoch, um Kondome zu kaufen, wo ihn niemand kannte. Nicht, dass er sich schämte oder dass es ihm peinlich gewesen wäre; es sollte nur niemand wissen oder erraten, was er vorhatte.
»Dies ist eine schöne Wohnung.«
»Tja, wenn ein Immobilienmakler keine anständige Wohnung für sich findet, wo kämen wir denn da hin?«
Sie hatte eine kleine Reisetasche mitgebracht; sie zog sich im Bad aus und kam im Nachthemd zurück. Sie gingen ins Bett, und er knipste das Licht aus. Er fand sie sehr verkrampft. Er fand sich auch sehr verkrampft.
»Wir können einfach nur kuscheln«, schlug er vor.
»Was ist kuscheln?«
Er zeigte es ihr.
»Dann kuscheln ist nicht ficken?«
»Nein, kuscheln ist
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