Unbefugtes Betreten
nicht ficken.«
»Okay, kuscheln.«
Danach entspannten sie sich, und sie schlief bald ein.
Beim nächsten Mal nahm er, nachdem sie sich ein bisschen geküsst hatten, den glitschigen Kampf mit dem Kondom wieder auf. Er wusste, dass er es abrollen musste, aber dannversuchte er doch, es wie eine Socke überzustreifen, und zupfte planlos am Rand herum. Dass er das im Dunkeln versuchte, machte die Sache nicht besser. Aber sie sagte nichts und hüstelte auch nicht entmutigend, und schließlich drehte er sich zu ihr um. Sie schob das Nachthemd hoch, und er stieg auf sie drauf. Innerlich war er halb von Begierde und Ficken beherrscht und halb leer, als wüsste er nicht, wo das hinführen sollte. Bei diesem ersten Mal dachte er nicht sehr viel an sie. Es ging darum, für sich selbst zu sorgen. Um andere konnte man sich später kümmern.
»War das okay?«, fragte er nach einer Weile.
»Ja, war okay.«
Vernon lachte im Dunkeln.
»Du lachst mich aus? War nicht okay für dich?«
»Andrea«, sagte er, »alles ist okay. Niemand lacht dich aus. Ich lass es nicht zu, dass dich jemand auslacht.« Als sie schlief, dachte er: Wir fangen neu an, alle beide. Ich weiß nicht, was sie früher erlebt hat, aber vielleicht fangen wir beide von einem ähnlichen Tiefpunkt neu an, und das ist okay. Alles ist okay.
Das nächste Mal war sie entspannter und umklammerte ihn heftig mit den Beinen. Er war sich nicht sicher, ob sie gekommen war.
»Meine Güte, bist du stark«, sagte er hinterher.
»Ist stark schlecht?«
»Nein, nein. Überhaupt nicht. Stark ist gut.«
Aber beim Mal darauf fiel ihm auf, dass sie ihn nicht so heftig umklammerte. Sie mochte es auch nicht besonders, wenn er mit ihren Brüsten spielte. Nein, das war so nicht ganz fair. Es schien ihr egal zu sein, ob er das tat oder nicht. Besser gesagt, wenn er das wollte, war es ihr recht, aber es war zu seinem Vergnügen, nicht zu ihrem. Wenigstensverstand er es so. Und wer sagte denn, dass man gleich in der ersten Woche über alles reden musste?
Er war froh, dass sie beide nicht gut flirten konnten: Flirten war eine Art Betrug. Andrea dagegen war immer ehrlich zu ihm. Sie redete nicht viel, aber sie stand zu ihrem Wort. Sie traf sich mit ihm, wann und wo er wollte, und dann stand sie da, wartete auf ihn, wischte sich eine Haarsträhne aus den Augen, hielt ihre Tasche fester im Griff, als es in dieser Stadt nötig war.
»Du bist so zuverlässig wie ein polnischer Bauarbeiter«, sagte er einmal zu ihr.
»Ist das gut?«
»Das ist sehr gut.«
»Ist eine englische Redensart?«
»Jetzt ja.«
Sie bat ihn, ihr Englisch zu korrigieren, wenn sie einen Fehler machte. Er brachte sie dazu, »Ich glaube nicht« zu sagen, statt »Ich nicht denke«; aber eigentlich mochte er ihre Art zu reden lieber. Er verstand sie immer, und die Ausdrücke, die nicht ganz richtig waren, schienen zu ihr zu gehören. Vielleicht wollte er nicht, dass sie wie eine Engländerin redete, damit sie sich ja nicht wie eine Engländerin benahm – genauer gesagt, wie eine bestimmte Engländerin. Und überhaupt, er wollte nicht den Lehrer spielen.
Im Bett war es das Gleiche. Es ist, wie es ist, sagte er sich. Wenn sie immer ein Nachthemd trug, dann war das vielleicht eine katholische Sitte – auch wenn sie nie davon gesprochen hatte, dass sie in die Kirche ging. Wenn er wollte, dass sie etwas Bestimmtes mit ihm machte, dann tat sie das und hatte offenbar auch Spaß daran; aber sie wollte nie, dass er etwas Bestimmtes mit ihr machte – anscheinendhatte sie nicht mal seine Hand gerne da unten. Aber das störte ihn nicht; sie durfte so sein, wie sie war.
Sie bat ihn nie herein. Wenn er sie nach Hause brachte, war sie schon auf dem betonierten Weg, bevor er die Handbremse angezogen hatte; wenn er sie abholte, stand sie bereits draußen und wartete. Zuerst war das in Ordnung, dann kam es ihm etwas seltsam vor, darum fragte er, ob er mal sehen könne, wo sie wohne, nur für einen kurzen Moment, damit er sich vorstellen könne, wo sie sei, wenn sie nicht mit ihm zusammen sei. Sie gingen ins Haus zurück – ein Doppelhaus aus den 1930er-Jahren, Rauputz, mehrere Mietparteien, stark verrostete Fensterrahmen aus Metall –, und sie machte die Tür auf. Sein professioneller Blick erfasste die Abmessungen, das Mobiliar und die mutmaßliche Miete; sein verliebter Blick erfasste einen kleinen Frisiertisch mit Fotos in Plastikrahmen und einem Bild der Jungfrau Maria. Es gab ein Einzelbett, ein winziges Waschbecken, eine
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