Unbeugsam
Calls
seine Angehörigen wissen zu lassen, dass er am Leben war. Sie sagten, es gehe ihnen nur um Louies Wohl und das seiner trauernden Familie. Louie traute ihnen nicht und gab zunächst gar keine Antwort. Sie gewährten ihm einen Tag Bedenkzeit. Louie besprach sich mit Martindale, der meinte, dass schon mehrere Kriegsgefangene an solchen Sendungen mitgewirkt hätten, und solange Louie keine Propagandatexte verlas, könne es ja nicht schaden, auf den Vorschlag einzugehen.
Louie sagte also zu. Die Radioleute brachten ihm etwas zu schreiben, und er machte sich an die Arbeit. 18 Um seine Glaubwürdigkeit zu belegen, fügte er Details in seine Nachricht ein, die seiner Familie beweisen sollten, dass die Botschaft wirklich von ihm kam; außerdem äußerte er sich positiv über die Japaner, in deren Gewalt er sich befand, weil er andernfalls damit hätte rechnen müssen, dass seine Botschaft nicht gesendet wurde. Er erwähnte die Namen einiger anderer Kriegsgefangener, die befürchteten, dass ihre Familien sie für tot hielten, und sprach auch von Bill Harris, mit dem er eineinhalb Monate zuvor noch in Ofuna zusammen gewesen war. Phil erwähnte er nicht, da er den Piloten seit acht Monaten nicht gesehen hatte und nicht wusste, ob er noch am Leben war.
Louie wurde ins Studio von Radio Tokio gefahren. Die Produzenten begrüßten |296| ihn wie einen alten Freund. Sie lasen seine Rede und waren sehr zufrieden damit. Die Rede sollte aufgezeichnet und zwei Tage später ausgestrahlt werden. Die Produzenten wollten die Sendung an jenem selben Tag benutzen, um ihren Hörern die Ausstrahlung von Louies Botschaft anzukündigen, und dann noch zwei Tage warten, bevor sie der Welt seine Stimme präsentierten.
Louie wurde vor ein Mikrophon gesetzt und erhielt das Zeichen für seinen Einsatz. Er verlas seine Botschaft, die Produzenten waren zufrieden. Als sein Aufbruch zurück nach Omori dann kurz bevorstand, ging Louie noch zu dem einen der beiden Produzenten, der besonders freundlich gewesen war. Er berichtete ihm, es gebe im Lager einen Mann namens Watanabe, der die Gefangenen schlage. Der Produzent zeigte sich betroffen und sagte Louie, er wolle sehen, was er in dieser Sache tun könne.
In San Francisco saß am frühen Morgen des 18. November 1944 eine junge Frau namens Lynn Moody allein im Office of War Information. 19 Sie hatte Nachtschicht. Am anderen Ende der Halle, in der Abteilung der Federal Communications Commission, hörte eine ihrer Kolleginnen das japanische Radio ab und schrieb Sendungen mit, die dann Propaganda-Analysten zur Untersuchung vorgelegt werden sollten. Moody hatte Langeweile, und sie durchquerte die Halle, um ein paar Worte mit ihrer Kollegin zu wechseln. Diese bat Moody, sie eine Weile zu vertreten, damit sie eine Pause machen konnte.
Moody setzte sich die Kopfhörer auf und begann zu tippen. Gerade lief die Sendung
Postman Calls
. Während sie schrieb, fiel ihr dann auf einmal ein Name ins Ohr, den sie gleich wiedererkannte: Louis Zamperini. Moody hatte zum Jahrgang 1940 der University of Southern California gehört, und Louie war ein alter Freund von ihr. Der Ansager erwähnte die Nachricht vom 18. Oktober, die zwar als angeblich von Louie verfasster Text ausgestrahlt worden war, von der Louie aber überhaupt nichts gewusst hatte. Moody machte sich, vor Aufregung ganz hippelig, an die Arbeit; Wörter, die sie nicht richtig verstand, setzte sie in Klammern.
Vor genau einem Monat haben wir eine Nachricht ausgestrahlt. Die Nachricht, die über diesen selben Sender und dasselbe Programm »Postman Calls« verbreitet wurde, kam von Oberleutnant Louis (Silvie) Zamperini, United States Army Air Corps. Kürzlich erhielten wir Kenntnis von einem Bericht, in dem unter anderem erwähnt wird, dass der Oberleutnant Louis Zamperini vom Kriegsministerium der Vereinigten Staaten für tot erklärt wurde. Dem Bericht zufolge wurde Leutnant Zamperini im Mai 1943 als im Südpazifik |297| vermisst gemeldet. Die offenbar uninformierte Quelle dieser Meldung ist eine Radiostation in Kalifornien, die das Kriegsministerium der Vereinigten Staaten von Amerika zitiert. Wir hoffen, wir können diesen Fehler – auf wen auch immer er zurückgehen mag – korrigieren, indem wir feststellen, dass Louis Zamperini lebt, dass er sich hier in Tokio als Kriegsgefangener befindet und dass es ihm gut geht.
Es ist dies eines von vielen Beispielen dafür, dass Männer irrtümlich als vermisst gemeldet werden, was sich später als
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