Unbeugsam
und Peter Hryskanich. Sicher erinnert Ihr Euch an William Hasty aus Bishopville? In den letzten beiden Monaten waren wir auf der gleichen Stube. Es geht ihm gut.
Ich bin sicher, dass Ihr auf meine Sachen und meine Ersparnisse Acht gegeben habt. Bestimmt hat Euch die Army die Dinge, die ich zurückgelassen habe, zugeschickt.
Grüßt Bob Lewellyn und alle meine Freunde in Torrance. Zum Schluss will ich Euch noch frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr wünschen.
Euer Euch liebender Sohn Louie.
Später am selben Tag läutete im Haus der Zamperinis das Telefon. Eine Frau aus dem nahegelegenen Ort San Marino war am Apparat und berichtete, sie habe Radio gehört, als der Sender eine abgefangene Ausstrahlung der Ansprache eines amerikanischen Kriegsgefangenen im japanischen Radio gebracht habe. Die Sendequalität war schlecht und voller Rauschen gewesen, aber sie war sich sicher, den Namen richtig verstanden zu haben. Der Kriegsgefangene, der da gesprochen habe, sei Louie gewesen.
Die Zamperinis waren schockiert und ratlos. Sie kannten die Frau nicht, womöglich machte sie sich über sie lustig. Sylvia und Louise baten die Anruferin, ihnen ihre Adresse zu geben, und begaben sich dann mit dem Auto direkt zu ihr. 24 Die Frau berichtete ihnen, was sie gehört hatte. Sylvia und Louise dankten ihr und fuhren nach Hause zurück. Der Frau vertrauten sie jetzt, waren sich aber nicht sicher, ob sie die Sendung selbst für echt halten konnten. Es konnte ja auch eine Fälschung sein. Sylvia erinnerte sich, dass sie ständig dachte: Kann das wahr sein? Kann das wahr sein? 25
Nachdem Sylvia und Louise wieder daheim eingetroffen waren, kam ein Telegramm vom Leiter der Militärpolizei. 26 Darin hieß es: ES WURDE DIE FOLGENDE FEINDLICHE PROPAGANDASENDUNG AUS JAPAN ABGEHÖRT. Dann folgte Louies Ansprache entsprechend dem, was Moody mitgeschrieben hatte. Das Telegramm schloss mit einer Rechtsfloskel: SOLANGE |301| KEINE WEITERGEHENDEN BESTÄTIGUNGEN VORLIEGEN, WIRD DURCH DIESEN BERICHT NICHT SEIN STATUS ALS KRIEGSGEFANGENER OFFIZIELL FESTGESTELLT.
Jetzt kamen immer mehr Rückmeldungen herein, von Freunden wie auch von Unbekannten aus dem ganzen Land. Sie alle erzählten den Zamperinis von der Ansprache, die mehrere Radiostationen übernommen und ebenfalls ausgestrahlt hatten. Unter den Anrufern war auch Louies Onkel Gildo Dossi aus Wilmington, Iowa. 27 Als er sein Radio einschaltete, hatte er eine Stimme gehört, die er ganz sicher als die seines Neffen identifizierte.
Die Darstellungen dessen, was in Louies Ansprache thematisiert worden war, gingen naturgemäß auseinander, ein Inhalt jedoch tauchte bei den meisten auf: die Bitte Louies, seine Gewehre instand zu halten. 28 Louie war schon früh auf Jagd gegangen, hatte in den Feldern um Torrance herum und im Indianerreservat Cahuilla Kaninchen geschossen, und auf die Pflege seiner Gewehre legte er großen Wert. Für die Zamperinis war das daher das unverkennbare Indiz, das eine Detail, das die Japaner nicht kennen konnten. Louise und Sylvia brachen in Tränen aus, dann in Jubelschreie.
Pete riss den Hörer von der Gabel, wählte die Nummer von Payton Jordan und schrie drei Worte ins Telefon:
»Payt!
Er lebt!«
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Verstrickt
L ouie erfuhr nichts vom Tod des Bird. Als die Leichen auf dem Mitsumine gefunden wurden, lebte er in Hollywood, und seine gesamte Existenz ging zunehmend in die Brüche. Er trank viel, wurde in den Sog von Flashbacks gezogen und wieder ausgespien, kämpfte sich schreiend und um sich schlagend durch Alpträume, bekam aus unerfindlichen Gründen fürchterliche Wutanfälle. Den Bird zu töten war zu seiner heimlichen, fieberhaft verfolgten Obsession geworden, diesem Ziel hatte er sein gesamtes Leben verschrieben. 1 In einer Turnhalle in der Nähe seiner Wohnung brachte er Stunden damit zu, seinen Hass mit geballten Fäusten in einen Sandsack zu hämmern und so seinen Körper für die Konfrontation vorzubereiten, die ihn dann endlich, so sein fester Glaube, retten würde. Tag für Tag kreisten seine Gedanken um seine Mordpläne.
In den Jahren 1947 und 1948 ließ er sich immer wieder überstürzt auf irgendwelche dubiosen Vorhaben ein, mit denen er hoffte, das Geld zu verdienen, das er brauchte, um nach Japan zu reisen. Als Cynthias Bruder Ric zu Besuch kam, traf er auf jede Menge Schmeichler und Mitläufer, die alle versuchten, Louie auszunutzen. Einer überredete Louie, 7000 Dollar in ein Unternehmen zu stecken, das angeblich Erdbaumaschinen
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