Unbeugsam
sich ihnen ein bemerkenswerter |113| Anblick. Zwei Rettungsboote, in denen sich die gesamte Besatzung der B-25 zusammendrängte, trieben inmitten der Trümmer des abgestürzten Flugzeugs. Im Wasser um sie herum wimmelten Hunderte von Haien, von denen manche über sechs Meter lang zu sein schienen. Gierig zogen sie ihre Runden im Wasser und waren offenbar kurz davor, die Boote zum Kentern zu bringen. 3
Die Catalinas kamen vor den Haien bei den Abgestürzten an, und an diesem Abend gaben die Männer der B-25 ihren Lebensrettern einige Runden aus. Nach diesem Zwischenfall konnte sich die
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-Crew besser in die Granatenwerfer von Kanton hineinversetzen. Als die Männer bei einem späteren Flug mehrere Haie sahen, die sechs Wale angriffen, gingen sie auf Tiefflug und schossen auf die Haie, was aber nicht das erhoffte Triumphgefühl zur Folge hatte, eher im Gegenteil. 4 Und wenn sie später dann Haie sahen, ließen sie sie in Ruhe.
Nauru ist kaum ein Schnipselchen Land, 20 gottverlassene Quadratkilometer Sand mitten im Pazifik, gut 4000 Kilometer südwestlich von Hawaii. Es war ein Punkt, den der Rest der Welt vollkommen ignoriert hätte, wenn sich nicht unter den Füßen der einheimischen Bevölkerung 50 000 Tonnen hochwertigen Phosphats befunden hätten. Dieses Phosphat, ein Hauptbestandteil von Düngemitteln und Munition, war im Jahr 1900 entdeckt worden. Seither lebten auf der Insel europäische Geschäftsleute sowie chinesische Arbeiter, die das Phosphat abbauten. Mit dem Beginn des Krieges nahm die Bedeutung der Insel dann noch einmal schlagartig zu.
Die Japaner hatten Nauru im August 1942 besetzt, sie nahmen die Europäer, denen die Flucht nicht mehr gelungen war, gefangen und zwangen die Einheimischen und die Chinesen, das Phosphat zu fördern und eine Start- und Landebahn zu bauen. Sie setzten ihre Autorität mit dem Schwert durch – wer etwa einen Kürbis stahl, wurde enthauptet. Nach Fertigstellung der Rollbahn verfügten die Japaner über eine üppige Phosphatquelle und einen idealen Stützpunkt für Luftschläge. 5
Am 17. April 1943 wurde Louie, als er von seinem Lauf zurückkam, zur Einsatzbesprechung bestellt. Die USA planten einen Großangriff auf Nauru:
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und 22 weitere B-24-Bomber sollten die Phosphatwerke zerstören. Keiner aus der Staffel sah in dieser Nacht ein Bett. Sie brachen vor Mitternacht auf, legten eine Tankpause auf Kanton ein und flogen weiter nach Funafuti, einem winzigen Atoll, von dem aus sie ihren Angriff zu starten gedachten. Auf Funafuti trafen sie eine Heerschar von Journalisten an, die das Militär eingeflogen hatte, damit sie über den Angriff berichten konnten. |114| Bei einer Besprechung erhielten die Crews die Anweisung, Nauru in einer Höhe von 2500 Metern anzufliegen, was bei Louie und den anderen erhebliches Stirnrunzeln hervorrief. 6 Gerade in dieser Woche hatten sie Übungsflüge in einer Höhe von 2500 — 3000 Metern durchgeführt, und die Gefahr, bei dieser Höhe von Flugabwehrfeuer niedergemacht zu werden, hatte die ganze Crew schockiert. »Wir können nur hoffen«, so hatte Louie gerade zwei Tage zuvor in sein Tagebuch geschrieben, »dass wir in einem echten Kampf nicht aus einer derart geringen Höhe bombardieren müssen.« 7 Und Pillsbury ging etwas anderes nicht aus dem Sinn, das der Briefing-Offizier erwähnt hatte: Zehn bis zwölf Zeros erwarteten sie dort. Er hatte bei Wake eine Zero aus der Ferne gesehen, war aber noch nie von einer angegriffen worden. Die Vorstellung einer einzigen Zero war schon einschüchternd genug; die Aussicht auf zwölf dieser Killermaschinen erschreckte ihn zu Tode.
Noch vor der Morgendämmerung des nächsten Tages begab sich die
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-Crew zu ihrem Flugzeug. Bei ihnen war auch Donald Nelson, ein Leutnant. Er gehörte nicht zur Crew, hatte aber angefragt, ob er die Mannschaft begleiten dürfe, um den Kampf mitzuerleben. Um 5 Uhr morgens befand sich
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in der Luft.
Da ihr Kurs sie zunächst scharf Richtung Westen führte, damit ihr Abflugsort nicht rekonstruiert werden konnte, brauchten die Flugzeuge sechseinhalb Stunden, bis sie Nauru erreichten. 8 Niemand sprach.
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führte die Bomberstaffel an, mit jeweils einem Flugzeug am rechten und linken Flügel. Die Sonne ging auf, und die Maschinen flogen in einen klaren Morgen. Die Japaner würden sie kommen sehen.
Ungefähr um zwanzig nach elf brach der Navigationsoffizier Mitchell das Schweigen: In 15 Minuten würden sie über der Insel sein.
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