Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Uncharted - Das vierte Labyrinth

Uncharted - Das vierte Labyrinth

Titel: Uncharted - Das vierte Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Golden
Vom Netzwerk:
die einzigen hörbaren Geräusche der Wind im Laub und die Stimme des Priesters.
    Drake stand links von Jada, Sully zu ihrer Rechten. Sie hatte geweint, so wie jede trauernde Tochter es tun würde, aber sie hielt den Kopf oben. Ihr Vater hatte nichts mehr geliebt, als die Rätsel der Geschichte zu entschlüsseln, und auch wenn er nicht versucht hätte Henriksen aufzuhalten, hätte er der Versuchung nicht widerstehen können, mehr über die wahre Geschichte von Dädalus und seinen Labyrinthen herauszufinden. Seine Absichten waren aber immer ehrenwert gewesen.
    Drake wusste, dass er und Sully ihre Ziele normalerweise nicht aus so unschuldigen Ambitionen verfolgten. Sie bewegten sich auf einem schmalen Grat, der oft nicht breiter war als eine Messerklinge. Nur ein falscher Schritt könnte zum Absturz in Kriminalität und Gier führen. Olivia war bereit gewesen zu betrügen, zu verraten, zu verletzen – und sogar zu töten – , um ihre Gier nach Gold zu befriedigen. Und ihr Talent, andere in ihre Marionetten zu verwandeln und zu manipulieren, hatte sie motiviert. Natürlich war es für Drake in Anbetracht dessen leicht sich einzureden, dass er und Sully anders waren. Wie Luka liebten sie die Geschichte und den Nervenkitzel, der sie überkam, wenn sie die Rätsel vergangener Kulturen lüfteten. Aber die Hälfte dieses Nervenkitzels rührte daher, dass diese Rätsel oft nichts anderes waren als Schätze . Sie nahmen auf ihren Abenteuern viele Risiken in Kauf, und dafür wollten sie belohnt werden. Das war ganz klar Teil ihrer Motivation.
    Wie ähnlich machte sie das also jemandem wie Henriksen? Das war die Frage, die Drake plagte, seit sie zerschlagen und erschöpft aus der Diyu entkommen waren. Er und Jada hatten Sully anderthalb Tage in einer Hotelsuite in Peking gehegt und gepflegt, wo sie unter falschem Namen eingecheckt hatten, und den Rest der Zeit hatten sie gebetet, dass nicht plötzlich Polizisten auftauchen und sie verhaften würden. Die Dosis, die man Sully verabreicht hatte, reichte nicht, um seinen Geist dauerhaft zu verändern, aber das Gift musste erst ganz aus seinem Körper verschwinden, bevor es ihm wieder besser ging.
    Während dieser Stunden hatte Drake lange über Tyr Henriksen nachgedacht. Letzten Endes war er zu der Schlussfolgerung gelangt, dass seine Philosophie sich nicht so stark von Henriksens unterschied, wie er es gerne gehabt hätte, aber doch stark genug, um nachts noch ruhig schlafen zu können. Henriksen hatte die Geschichte und das Abenteuer geliebt und nach den Schätzen der Vergangenheit gestrebt, aber obwohl er nicht so skrupellos gewesen war wie Olivia, hatte er doch die Linie zwischen Gut und Böse überschritten: Er hatte niemanden getötet und auch nicht den Befehl dazu gegeben – doch ihm war egal gewesen, wie viele Menschen ihr Leben verlieren mochten, damit er sein Ziel erreichte. Es war sein Plan gewesen, den Weißen Nieswurz an den Meistbietenden zu verscherbeln, wohingegen Drake, Sully und Jada die Pflanzen verbrannt hatten, ohne sich davon beeinflussen zu lassen, welch unermesslichen Reichtum sie ihnen hätten verschaffen können, wenn sie Henriksens oder Olivias Plan gefolgt wären.
    Drake würde nie für sich und Sully in Anspruch nehmen können, dass es ihnen nicht zumindest teilweise um den Schatz ging – um das Geld. In seinem Herzen wusste er aber, dass es auch nie nur um das Geld gegangen war, und dass es auch nie so sein würde. Dieser Unterschied musste reichen.
    Der Priester beendete seine Ansprache und nickte Jada zu. Sie wusste, was von ihr erwartet wurde, und machte einen Schritt nach vorne. Der Sarg ihres Vaters ruhte auf dem elektrischen Hebelift neben dem offenen Grab, das mit einer grünen Plane bedeckt war. Große Blumenkränze säumten den Pfad, auf dem die Trauergäste an dem Sarg vorbeischritten, und Jada ging voran. Ein Windstoß spielte mit ihrem Haar und wehte violette Strähnen in ihre Stirn, aber sie machte sich nicht die Mühe, sie wieder hinter die Ohren zu streichen, als sie eine Blume aus einem Strauß nahm und sie auf den Sarg ihres Vaters fallen ließ. Kurz stand sie mit gesenktem Kopf da, dann küsste sie die Finger ihrer rechten Hand und presste sie auf das glatte Metall. Sie atmete zitternd ein und ließ die Luft seufzend wieder entweichen. Falls sie sich von ihm verabschiedete, dann tat sie es in ihrem Herzen, ohne große Worte.
    Drake und Sully nahmen ebenfalls Blumen aus dem Gebinde und legten sie auf den Sarg, bevor sie Jada auf die

Weitere Kostenlose Bücher