Und abends etwas Liebe
hörte, sie sei zu kaufen, weil sie für den Züchter zu klein geraten ist. Bei der letzten Ausstellung fuhr ich vorbei, um sie mir anzusehen. Gestern abend stellten wir sie bei Sam ein, und ich habe sie heute morgen noch schnell herübergeholt. Schließlich sinnlos, sie hier zu haben, wo ihr beiden doch alles seht.«
Das war die aufregendste Sache seit dem neuen Auto. Tony war ganz blaß geworden. Langsam ging sie auf das Tier zu und streichelte dessen Hals. Dann warf sie Paul ihre Arme um den Hals und brach in Tränen aus. Paul war über diese Umarmung überrascht und über die Tränen erschreckt, aber er klopfte ihr dann auf die Schulter und sagte: »Na, na«, so als sei sie die kleine Prudence, und als Tony sich dann wieder gefaßt hatte, brummte Paul: »Na ja, Frauen zeigen ihre Gefühle eben auf eine komische Art. Schenkt man Susan ein Auto, dann heult sie los. Besorgt man Tony ein Pony, dann ertrinkt sie in einem Meer von Tränen. Was soll man da schon machen?«
Wir alle lachten, und im gleichen Augenblick traf Larry mit ihren Kindern ein, die kleine Geschenke überreichten.
Anschließend arbeitete niemand wirklich, und während ich gegen zehn Uhr das Frühstücksgeschirr wegspülte, spielten alle anderen mit dem Pony. Als Paul hereinkam, um mir zu helfen, sagte ich: »Weißt du, du bist ein richtiger Schatz.« Er sah etwas verlegen aus und meinte: »Das hat dir nichts ausgemacht, oder? Ich weiß, diese Stute steht eigentlich dir zu, und Tony sollte Moses haben, aber...«
»Aber unter den augenblicklichen Umständen«, sagte ich und folgte Tonys Beispiel, meinen leidenden Ehemann zu umarmen. »Unter den augenblicklichen Umständen glaube ich, hast du die Stute der richtigen Person geschenkt!«
14
Trotz der Geburtstagsaufregung und der Freude über das eigene Pony ließ Tonys Begeisterung gegen Ende des Tages etwas nach.
Es war schon Abend, und Tony zog sich gerade um, nachdem sie mit Babette ausgeritten war, als ein Ferngespräch ankam. Miss Adams sagte, der Anruf komme aus Wellington, und eine fremde Stimme, die mir nicht bekannt war, fragte: »Mrs. Russel? Hier spricht Alistair Smale.«
Alistair Smale. Zunächst wußte ich nicht, wer das sein sollte. Dann fragte ich: »Tonys Vater? Aber die Vermittlung sagte Wellington, und ich dachte, Sie seien in Australien.«
Er lachte kurz auf, so ähnlich wie Tony, und dann hatte die Stimme doch etwas Familiäres an sich. Die Stimme war der von Tony sehr ähnlich, aber natürlich erwachsener und männlich.
»Ja, normalerweise. Aber ich habe Geschäfte hier drüben und dachte, ich könnte vielleicht einmal vorbeischauen bei Ihnen und Tony. Sie hat mir sehr viel über Sie geschrieben, und ich bin Ihnen äußerst dankbar für alles. Könnte ich vielleicht ein paar Tage bei Ihnen verbringen?«
Ich war sehr angetan davon. Hier ergab sich eine wirksame Ablenkung für Tony. Ich sagte: »Aber natürlich. Wir würden uns sehr freuen, und Tony wird sicher begeistert sein.«
»Was wird Ihr Mann dazu sagen? Schließlich, Sie wissen doch...«
»Natürlich wird auch er sich freuen, Sie zu sehen. Er... er pflegt keine besonders engen Beziehungen zu Claudia!«
Während ich mit ihm sprach, fragte ich mich, ob wohl auch Alistair inzwischen wieder geheiratet hatte. Da Tony in einem regen Briefwechsel mit ihrem Vater stand, dachte ich, müßte ich das eigentlich wissen, aber vorsichtig erkundigte ich mich dann, bevor er auflegte noch, ob er alleine zu uns kommen würde. Er muß geahnt haben, welche Gedanken durch meinen Kopf gingen, denn er lachte und sagte: »Ganz alleine. Keine Sekretärinnen. Aber ich sehne mich nach Tony.«
So leise, daß Tony nichts hören konnte, sagte ich: »Haben Sie vergessen, daß Tony heute achtzehn Jahre alt geworden ist? Ja, heute!«
»Um Gottes willen, das stimmt ja.« Die Stimme klang beschämt. »Was solche Daten angeht, habe ich ein Gedächtnis wie ein Sieb. Steckt die Kleine irgendwo in der Nähe? Dann könnte ich wenigstens ein paar Worte mit ihr reden, wie früher.«
»Ich hole Tony. Aber das Gespräch kostet ja ein Vermögen.«
Er lachte. Die ganze Unterhaltung schien ihm Spaß zu machen.
Ich rief Tony und sagte: »Da ist jemand am Apparat, der dir zum Geburtstag gratulieren möchte.« Einen Augenblick lang dachte ich, vielleicht hoffe sie, Norman Craig sei am anderen Ende. »Jemand aus Australien?« Ihr Gesichtsausdruck wurde dabei eher traurig als froh. »Sag bloß, es ist Mutter, und sie kommt früher hierher, als
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