Und abends etwas Liebe
sprach er nicht einmal mit mir. Wie immer, nahm auch diesmal sein Mitgefühl praktische Formen an. Eine Woche nach dem Unfall hatte Tony Geburtstag. Wir hatten uns alle möglichen Dinge für diesen Tag ausgedacht, aber an dem Tag nach Craigs Mißgeschick meinte Tony zu mir: »Susan, keine Party bitte. Ich hatte mich sehr darauf gefreut und danke dir sehr für deine Mühen — aber, wirklich, ich fühle mich im Augenblick gar nicht danach.«
So fröhlich wie eben möglich antwortete ich: »Ach, ich auch nicht. Mr. Craig würde uns fehlen, und wir brauchen Zeit, um über alle diese schrecklichen Erlebnisse hinwegzukommen. Gut, Tony, wir verschieben die Party, bis wir uns wieder besser fühlen. Aber dann machen wir die Party ganz bestimmt. Du weißt, achtzehn Jahre wirst du nur einmal.« Mit klagender Stimme meinte sie: »Irgendwie möchte ich gar nicht achtzehn werden.« Als ich sie deswegen auslachte, sagte Tony: »Susan, du und Larry, ihr seid wirklich nett zu mir gewesen. Ebenso Paul, auch wenn er nie über diese Dinge spricht. Aber ihr alle müßt mich doch für verrückt gehalten haben, mich in einen Mann zu verlieben, der doppelt so alt ist wie ich. Aber ich liebe den Mann wirklich, Susan, und ich glaube, das wird sich niemals in meinem Leben ändern.«
Ich hätte fast lächeln müssen, aber die junge Stimme klang so traurig, und ich antwortete nur: »Auf eine gewisse Weise ja, Tony. Aber das ist nicht die wirkliche Liebe. Ich wundere mich gar nicht darüber, daß du ihn liebst, ich liebe ihn auch.« Aber es war zwecklos, Tony in diese Richtung lenken zu wollen. Tony mußte ihr eigenes, kleines Drama einfach durchstehen. Sie fuhr fort: »Natürlich, wie jeder andere auch. Das ist eben so. Aber ich meine etwas ganz anderes. Ich meine... na ja, mein Traum war, diesen Mann zu heiraten.«
Dieser Ausspruch kam so offen und ehrlich aus Tonys Mund, daß er eine ebenso aufrichtige Antwort verdiente. Langsam und
schwerfällig sagte ich: »Tony, Liebling, Norman Craig hat fast den ganzen Krieg mitgemacht. Ich weiß sein genaues Alter natürlich nicht, aber der Krieg machte ihn zum Krüppel, und er leidet ständig an starken Schmerzen. Wahrscheinlich wird er nie heiraten, und wenn doch, dann würde er nie ein junges Mädchen bitten, das mit ihm zu teilen, was von seinem Leben noch übrig ist. Das wäre nämlich sehr egoistisch, und das ist er nicht.«
»Das weiß ich doch alles«, meinte sie gedrückt. Zu meinem Entsetzen fügte sie dann noch hinzu: »Ich weiß, und ich habe ihm das auch gesagt.« Dazu konnte man nichts mehr sagen, auch nicht darüber nachdenken, außer, daß sie das Erlebnis zu verwinden schien, wenn sie schon jetzt über alles sprechen könnte. Sie sagte: »Wir sprachen darüber, als er so hilflos dalag und lächelte, um seine Schmerzen nicht zu zeigen. Er hat eine Art, mich anzulächeln, die mir sehr ans Herz geht, so, als empfinde er sehr viel für mich.«
Voller Hoffnung hielt sie ein, und ich sagte: »Ja, er mag dich. Er mag dich sehr.«
»Schon, eher aber, wie man ein Kind mag. Nicht so, wie ich für ihn empfinde. Als er so lächelte, konnte ich einfach nicht mehr an mich halten und flüsterte ihm zu, ich liebe ihn und würde gerne ein Leben lang für ihn da sein. Aber er winkte ab, lächelte und flüsterte: >Liebe, kleine Tony, das ist typisch für dich. Immer die Schwachen und Kranken. Ich werde nie vergessen, was du mir da gesagt hast, aber sieh mal...<, und dann schüttelte er den Kopf, und der Arzt erschien und sagte, die Tragbahre sei bereit, und das war alles.«
Wir saßen für eine Weile schweigend da, dann meinte Tony: »Ich glaube, ich werde mich eines Tages dieser Worte schämen. Sehr schämen, weil ich einem Mann einen Antrag gemacht habe und dieser Mann mir einen Korb gegeben hat. Aber jetzt macht es mir noch gar nichts aus.«
Ich sagte: »Du brauchst dich deswegen niemals zu schämen. Niemand außer dir, Mr. Craig und mir wird jemals davon erfahren. Warum sollte man sich schämen, einen Mann so sehr zu lieben? Selbst Larry ist sehr dafür, und du weißt doch, wie hart sie normalerweise ist.«
»Wirklich? Sogar Larry? Das macht mich irgendwie glücklich... Der Arzt muß mich für verrückt gehalten haben!«
»Ärzte sind wie Pfarrer... sie zählen nicht. Übrigens wirst du Dr. North wahrscheinlich nicht mehr begegnen, weil er Tiri aufgibt und wir einen neuen Arzt nach hier bekommen. Die Männer werden wahrscheinlich sagen, die Gegend sei dem Untergang geweiht, wenn sie einen
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