Und dann der Tod
schweifen, als Kaldak losfuhr. Er wollte sich nicht von den Männern im Lager ablenken lassen. Er war zu dem Schluß gekommen, daß es für ihn sicherer wäre, nicht nach Tenajo hineinzugehen. Er hatte die Sache in Gang gebracht, jetzt hatte er es sich verdient, diese Minuten auszukosten. Habin mit seinen politischen Motiven konnte nicht ahnen, was das hier für eine Bedeutung hatte.
Erregung packte Esteban bei dem Gedanken daran, daß es gerade jetzt im Moment geschah.
Die Nacht war klar, es lagen keine Gewitterwolken über den fernen Bergen. Dennoch konnte er fast sehen, wie der Leibhaftige über Tenajo schwebte und mit dem Dorf spielte.
Heilige Jungfrau, steh ihnen bei. Ihre unsterblichen Seelen schmoren in Satans Feuer.
Pater Juan kniete vor dem Altar und heftete verzweifelt seinen Blick auf das Kruzifix über ihm.
Er lebte seit vierundvierzig Jahren in Tenajo, und seine Schäfchen hatten immer auf ihn gehört. Warum hörten sie jetzt nicht auf ihn, in Zeiten der härtesten Prüfung?
Er konnte sie draußen auf dem Platz hören, wie sie schrien, sangen und lachten. Er war hinausgegangen und hatte ihnen gesagt, daß sie zu so später Stunde zu Hause bleiben sollten, aber es hatte nichts genützt. Sie hatten ihm nur angeboten, das Böse mit ihnen zu teilen.
Er hatte es nicht haben wollen. Er wollte lieber in der Kirche bleiben.
Und er wollte dafür beten, daß Tenajo überlebte.
»Du hast gut geschlafen«, sagte Emily zu Bess. »Du siehst erholt aus.«
»Ich werde sogar noch erholter sein, wenn wir von hier aufbrechen.« Sie erwiderte Emilys Blick. »Mir geht’s gut. Also mach schon.«
Emily lächelte. »Frühstücke erst mal. Rico packt derweil schon den Jeep.«
»Ich werde ihm dabei helfen.«
»Es wird schon alles gutgehen. Wir werden viel Spaß haben.«
»Wenn du nicht endlich aufhörst –« Ach, zum Teufel. Sie würde sich die Fahrt nicht verderben lassen. »Darauf kannst du wetten. Wir werden sehr viel Spaß haben.«
»Und du freust dich darüber, daß ich mitgekommen bin«, soufflierte Emily.
»Ich freue mich, daß du mitgekommen bist.«
Emily zwinkerte ihr zu. »Na siehst du.«
Bess lächelte immer noch, als sie beim Jeep ankamen.
»Sie sehen ja so zufrieden aus. Haben Sie gut geschlafen?«
fragte Rico.
Sie nickte und verstaute ihre Kameratasche aus Segeltuch im Wagen. Ihr Blick wanderte zu den Bergen. »Wann sind Sie das letzte Mal in Tenajo gewesen?«
»Vor fast zwei Jahren.«
»Ganz schön lange her. Lebt Ihre Familie immer noch da?«
»Nur meine Mutter.«
»Vermissen Sie sie nicht?«
»Ich rufe sie jede Woche an.« Er runzelte die Stirn. »Mein Bruder und ich verdienen sehr gut. Wir könnten ihr eine Wohnung in der Stadt besorgen, aber sie will nicht. Sie glaubt, sie würde sich nicht zu Hause fühlen.«
Sie hatte zweifellos einen wunden Punkt getroffen.
»Offensichtlich glaubt irgend jemand, daß Tenajo ein wunderbarer Ort ist, sonst hätte Condé Nast mich nicht hingeschickt.«
»Vielleicht für diejenigen, die nicht dort leben müssen. Was hat meine Mutter schon? Nichts. Nicht mal eine Waschmaschine. Die Menschen leben hier wie vor fünfzig Jahren.«
Aufgebracht warf er den letzten Beutel in den Jeep. »Schuld daran ist der Priester. Pater Juan hat ihr eingeredet, daß die Stadt voll sei von Schlechtigkeit und Gier und daß sie gut daran täte, in Tenajo zu bleiben. Alter Dummkopf. Was spricht denn dagegen, ein bißchen Komfort zu haben?«
Bess wurde klar, daß er litt, und sie wußte nicht, was sie sagen sollte.
»Vielleicht kann ich meine Mutter ja überreden, mit mir zu kommen«, fügte Rico hinzu.
»Ich hoffe es für Sie.« Die Worte kamen ihr selbst lahm vor.
Großartig, Bess. Sie überlegte, ob sie ihm auf andere Weise helfen konnte. »Möchten Sie, daß ich Ihre Mutter fotografiere?
Oder Sie beide zusammen?«
Seine Miene hellte sich auf. »Das wäre schön. Ich habe nur einen Schnappschuß, den mein Bruder vor vier Jahren gemacht hat.« Nach einer Weile fuhr er fort. »Vielleicht könnten Sie ihr ja erzählen, wie erfolgreich ich bin in Mexico City. Daß ständig Kunden nach mir verlangen?« Er beeilte sich hinzuzufügen:
»Das ist nicht gelogen. Ich bin sehr gefragt.«
Ihre Mundwinkel zuckten. »Das kann ich mir vorstellen.«
Sie stieg in den Jeep. »Vor allem bei den Damen.«
Er lächelte jungenhaft. »Ja, die Damen sind sehr nett zu mir.
Aber es wäre klüger, das nicht gegenüber meiner Mutter zu erwähnen. Sie würde es nicht verstehen.«
»Ich
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