Und dann der Tod
plötzlich mit der Angst zu tun.
Was, wenn Emily sich angesteckt hatte? Was, wenn Emily bewußtlos in einem dieser Häuser lag, unfähig, um Hilfe zu rufen.
»Emily!«
»Hier.« Emily kam aus einer Tür zwei Häuser weiter die Straße hinauf. »Ich habe jemanden gefunden.«
Voller Erleichterung eilte Bess ihrer Schwester entgegen.
»Geht’s dir gut?«
»Natürlich«, erwiderte Emily ungeduldig. »Ich habe ein Baby gefunden. Alle anderen im Haus sind tot, aber das Baby lebt.
Komm schon.«
Bess folgte ihr nach drinnen. »Wieso lebt das Baby noch?«
Emily schüttelte den Kopf. »Ich bin einfach froh, jemanden gefunden zu haben, der noch lebt.« Sie führte Bess zu einem Kinderbett, das mit einem Moskitonetz verhängt war.
»Wenn die Seuche durch die Luft übertragen wird, hat das Netz das Kind möglicherweise geschützt.«
Das Baby war ein kräftiges kleines Mädchen, nicht älter als zwölf Monate, mit schwarzen Locken und winzigen goldenen Ohrringen. Sie hatte die Augen geschlossen, aber atmete tief und regelmäßig.
»Bist du sicher, daß sie nicht krank ist?«
»Ich glaube es zumindest. Vor einer Minute ist sie aufgewacht und hat mich angelächelt. Ist sie nicht hübsch?«
»Ja.« Hübsch, knuddelig und wunderbar lebendig.
»Ich glaube, es tut dir gut, sie zu sehen«, sagte Emily ruhig.
»Allerdings.« Bess schluckte schwer.
Sie standen eine Weile da und blickten auf das Baby hinab.
»Es tut mir leid, Emily«, sagte Bess. »Ich hätte dich nicht hierher mitnehmen sollen. Ich hätte mir nicht träumen lassen, so etwas –«
»Es ist nicht deine Schuld. Schließlich habe ich dir lange genug in den Ohren gelegen, bis du mich mitgenommen hast.«
Bess konnte den Blick nicht von dem kleinen Mädchen abwenden. »Und wie halten wir sie jetzt am Leben?«
»Wir müssen sie aus dem Dorf hinausbringen.« Emily runzelte die Stirn. »Aber ich möchte sie nicht anfassen, bevor ich keimfrei bin. Wir können unmöglich wissen, ob und womit wir uns angesteckt haben.«
»Vielleicht sollten wir heiß duschen? Oder unsere Kleidung auskochen?«
»Das Wasser könnte verseucht sein.« Sie zuckte die Achseln.
»Aber vermutlich haben wir keine andere Wahl.«
»Ich habe Rico losgeschickt, um von der nächstgelegenen Stadt aus die Gesundheitsbehörden zu benachrichtigen.«
»Es wird einige Zeit dauern, bis sie genug Leute zusammenstellen und hierherschicken können. Darauf können wir nicht warten«, erwiderte Emily.
Bess mußte ihr recht geben. Eher würde sie im Zentrum eines Vulkans ihr Lager aufschlagen, als in Tenajo zu bleiben.
»Wie lange brauchst du, um das, was du anhast, zu sterilisieren?«
»Vierzig Minuten.«
»Sieh zu, ob du hier irgend etwas für mich zum Anziehen findest, das du auch sterilisieren kannst. Ich bin gleich wieder da«, versprach Bess.
»Wo willst du hin?«
»Wir haben unsere Suche noch nicht beendet. Vielleicht gibt es ja noch jemanden.«
»Es sind nur noch drei Häuserblocks. Ich halte es für unwahrscheinlich.«
»Babys wissen nichts über Wahrscheinlichkeit. Vielleicht ist dieses eine hier deshalb noch am Leben.«
Emily lächelte. »Unlogisch. Sorge dafür, daß du in vierzig Minuten wieder zurück bist. Ich möchte Josie hier herausbringen.«
»Josie?«
»Wir können sie nicht einfach ›die hier‹ nennen.« Sie fing an, sich das Hemd auszuziehen.
Bess trat zur Tür hinaus und wappnete sich. Wahrscheinlich würde sie nichts als weitere Schreckensbilder finden.
Es sei denn, es gäbe noch eine Josie.
Also denk nicht darüber nach. Tu es einfach.
Sie ballte ihre Hände zu Fäusten und ging die Straße hinunter.
Keine Josies mehr.
Nur Tod. Und das Heulen der Hunde.
Auf der Veranda des letzten Hauses blieb sie stehen und holte tief Luft.
In dem Moment sah sie die Lichter den Berg herunterkommen.
Autos? Nein, die Fahrzeuge waren zu groß. Also Lastwagen, und sie kamen schnell näher. Sie mußten jeden Moment hier sein.
Gott sei Dank.
Rico mußte jemanden erreicht haben. Aber hatte er überhaupt in der kurzen Zeit Kontakt bekommen und Hilfe mobilisieren können? Eher unwahrscheinlich.
Drei Lastwagen donnerten an ihr vorbei, Armeelastwagen, die zum Dorfplatz fuhren. Angst durchzuckte sie. Auch durch Danzar waren Armeelastwagen gefahren.
Sie litt schon an Verfolgungswahn. Die Lastwagen brachten vielleicht Hilfe. Oder sie – Emily. Sie mußte zu Emily.
Sie jagte die Stufen hinunter, zum Tor hinaus und den Häuserblock entlang.
Emily sah auf, als Bess zur Tür
Weitere Kostenlose Bücher