Und dann der Tod
sagte Kaldak.
»Sie ist eine Augenzeugin.«
»Seien Sie nicht so übereifrig. Wir haben noch Zeit. Habin behagt es nicht, eine amerikanische Staatsbürgerin aus dem Weg zu räumen. Ich kann warten.« Esteban lächelte auf Bess hinunter. »Aha, wieder wach? Wie fühlen Sie sich?«
Ihre Zunge war geschwollen, aber sie schaffte es zu sprechen.
»Sie Bastard.«
Sein Lächeln verschwand. »Das bin ich tatsächlich, aber es ist nicht nett von Ihnen, darüber Bemerkungen zu machen.
Vielleicht haben Sie recht, Kaldak. Vielleicht nehme ich zuviel Rücksicht auf Habin.«
»Emily … Muß Emily sehen.«
»Nicht möglich. Ich habe Ihnen bereits gesagt, daß sie noch krank ist. Sie ist allerdings erheblich höflicher und kooperativer als Sie.«
»Lügner. Sie ist – nicht – hier. Sie – ist – geflohen.«
»Glauben Sie, was Sie wollen. Kommen Sie, Kaldak.«
Dann waren die Männer wieder weg. Dunkelheit hüllte sie ein.
Sie mußte dagegen ankämpfen. Sie mußte nachdenken.
Was Esteban und Kaldak gesagt hatten, bedeutete irgend etwas.
Eine amerikanische Staatsbürgerin aus dem Weg zu räumen.
Sie hatten vor, sie zu töten.
Kaldak hatte es sofort tun wollen, aber Habin hatte Einwände
– Wer war Habin? Es spielte keine Rolle. Nur Esteban und Kaldak waren eine Bedrohung.
Wovon war sie Augenzeugin? Von einer Vertuschung?
Das spielte genausowenig eine Rolle. Am Leben zu bleiben spielte eine Rolle. Und Emily am Leben zu halten.
Esteban wollte nicht, daß sie Emily sah, sie mußte also entwischt sein. Gott im Himmel, hoffentlich war sie wirklich entwischt.
Aber wahrscheinlich würde er bereits nach ihr suchen lassen.
Sie mußte zu Emily und sie warnen, sie beschützen …
Doch sie war so schwach, sie konnte nicht mal einen Finger rühren.
Aber sie war nicht krank. Esteban hatte gelogen. Ihr Kinn schmerzte, wo Kaldak sie getroffen hatte, und sie hatte ein Heftpflaster auf dem Arm über den Einstichen. Sie wäre so stark wie immer, wenn sie nur die Beruhigungsmittel abschütteln könnte.
Gegen die Beruhigungsmittel ankämpfen.
Nachdenken. Planen.
Es war schon fast Sonnenuntergang, als Esteban wieder in ihr Zimmer trat. Schnell schloß sie die Augen.
»Es tut mir leid, daß Sie aufwachen müssen, Bess. Sie haben doch nichts dagegen, daß ich Sie Bess nenne? Ich fühle mich Ihnen sehr verbunden.«
Sie hielt die Augen geschlossen.
Er schüttelte sie.
Sie öffnete langsam die Lider.
Er lächelte. »So ist es besser. Diese Drogen sind so lästig, nicht wahr? Ich kann mir vorstellen, daß Sie sich scheußlich fühlen. Sie erinnern sich, wer ich bin?«
»Sie Bastard«, flüsterte sie.
»Ich werde diese Beleidigung überhören, da unsere gemeinsame Zeit sehr bald vorbei sein wird, und wir wollen doch nicht in einer Mißstimmung auseinandergehen. Ich benötige noch einige Informationen. Wir mußten äußerst vorsichtig dabei sein, unsere üblichen Quellen anzuzapfen, und Kaldak hat praktisch nichts Brauchbares über Sie herausfinden können. Ich habe versucht, meinem Partner Habin klarzumachen, daß diese mühsamen Methoden unnötig sind, aber er hält es für unsicher, blind draufloszuhandeln.«
Er berührte sanft ihre Wange. »Es widerstrebt mir zutiefst, Habin unglücklich zu machen.«
Sie kämpfte gegen den Impuls, in seine Hand zu beißen. Eine kurze Drehung ihres Kopfes würde sie in die richtige Position bringen. Nein, das wäre sinnlos. Das war nicht, was sie geplant hatte.
»Sie haben doch nichts dagegen, daß ich Ihnen ein paar Fragen stelle?« erkundigte sich Esteban. »Dann werde ich Sie wieder schlafen lassen.«
Sie antwortete nicht.
Er runzelte die Stirn. »Bess?«
»Wenn Sie mich … meine Schwester sehen lassen.«
Seine Stirn glättete sich wieder. »Ach, das ist alles? Nachdem Sie mir gesagt haben, was ich wissen muß.«
Verdammter Mist. »Sie … versprechen es?«
»Natürlich«, sagte er. »Also, Sie sind hierhergekommen, um einen Reisebericht zu schreiben.«
Sie nickte.
»Wer ist Ihr Auftraggeber?«
Er war fast direkt über ihr. Das ließ ihr keine Chance; er würde sie leicht überwältigen. Mach ein paar Schritte zurück, betete sie. »John Pindry.«
»Kannten Sie ihn schon vorher?«
»Ich habe vor ein paar Jahren für ihn einen Artikel über San Francisco geschrieben.« Sie achtete darauf, undeutlich zu sprechen. »Jetzt möchte ich meine –«
»Noch nicht. Erzählen Sie mir von Ihrer Familie.«
»Emily.«
»Ihre Eltern?«
»Tot.«
»Wann?«
»Schon vor Jahren.«
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