Und das ewige Licht leuchte ihr - Granger, A: Und das ewige Licht leuchte ihr - Rattling the bones
Nikki«, antwortete er.
Ich wünschte, sie hätte anders geheißen, weil ich irgendwo eine Schwester habe, die Nicola heißt. Aber das ist eine andere Geschichte.
An mich gewandt, sagte Simon: »Kommen Sie bitte mit ins Büro.«
Wir folgten Nikki, und ich fand mich in einem überraschend gemütlichen Raum wieder. »Büro« erweckt bei mir die Vorstellung von Computern und Schreibtischen und Aktenschränken, Bergen von Akten und so weiter. Es ist eine unpersönliche Umgebung, auch wenn die Menschen, die dort arbeiten, häufig versuchen, ihre Umgebung ein wenig freundlicher zu gestalten, wie beispielsweise die Frau auf dem Sozialamt mit ihren Katzenfotos.
In diesem Raum befand sich ein kleiner Schreibtisch in einer Ecke mit einem Computer darauf, und Nikki war dorthin zurückgekehrt und saß mit dem Rücken zu uns vor dem Bildschirm. Der Rest des Zimmers war mit alten, jedoch gemütlichen Lehnsesseln ausstaffiert, die in einem Halbkreis vor dem einst sicher prachtvollen Kamin aufgestellt waren. Es gab einen eisernen Rauchfang und gemusterte, glasierte Fliesen ringsum, die meisten davon inzwischen längst gesprungen. Auf dem Feuerrost lag ein Berg großer staubiger Tannenzapfen, die golden und silbern angemalt waren, und ich hegte den Verdacht, dass sie bereits seit dem letzten Weihnachtsfest dort lagen. Es war offensichtlich, dass der Kamin nicht mehr in Benutzung war. Stattdessen diente ein altes Monster von weiß gestrichenem Heizkörper unter dem Fenster als Wärmespender während der kalten Jahreszeit. Der Kamingrill war lediglich eine Abstellfläche für einen elektrischen Wasserkessel, der an eine Steckdose in der Wand daneben angeschlossen war.
»Sie können den Hund ruhig absetzen«, sagte Nikki von ihrem Computer her, ohne sich zu uns umzublicken.
Ich setzte Bonnie ab, die sich unverzüglich daranmachte, das Zimmer abzuschnüffeln. Sie hat nicht die besten Manieren. Doch ich hatte das Gefühl, dass es keine Rolle spielte hier in diesem Heim. Es war ein hübsches Zimmer, dazu geschaffen, die verängstigten, verwirrten Menschen zu beruhigen, die hierherkamen. Ich spürte, wie meine Besorgnis wegen Sandra draußen auf der Treppe spürbar nachließ. Wenn Nikki und Simon sich um sie kümmerten, dann war ihre Lage längst nicht so schlecht, wie es im ersten Augenblick ausgesehen hatte.
»Kaffee?«, erkundigte sich Simon.
»Nein danke«, antwortete ich. Dann, ehrlicher: »Um die Wahrheit zu sagen, sehr gerne, ja.«
Er grinste. Er sah gar nicht so schlecht aus, nun, nachdem ich Gelegenheit hatte, ihn genauer zu studieren. Ich schätzte ihn auf vielleicht Mitte dreißig. Er hatte einen anständigen Haarschnitt nötig, doch in dieser Hinsicht ging es mir nicht anders. Nikki war ungefähr im gleichen Alter wie er. Ihr Haarschnitt ähnelte dem seinen, und ich fragte mich, ob sie sich gegenseitig die Haare schnitten. Keiner der beiden legte besonders viel Wert auf schicke Kleidung. Simon trug Jeans und ein verblasstes, verwaschenes T-Shirt, das längst jegliche Form verloren hatte. Doch seine Schuhe waren aus Leder und sahen trotz ihres offensichtlich hohen Alters aus, als wären sie einmal recht kostspielig gewesen. Er ging, um den Wasserkocher auf dem Kamingrill einzuschalten. »Nikki?«
»Ja, sicher. Gern«, sagte sie und hämmerte munter weiter in die Tasten.
Simon nahm Becher aus dem Sortiment, das auf dem Kaminsims aufgereiht stand, und machte uns allen Kaffee aus einem Glas billigem No-Name-Pulver. Anschließend fügte er Kaffeeweißer aus einem weiteren Glas hinzu. Das Resultat besaß keinerlei Ähnlichkeit mit dem Gebräu, das meine Großmutter Varady als Kaffee bezeichnet hatte, und sie wäre entsetzt gewesen. Doch es war heiß und trinkbar, und ich war froh darüber.
»In Ordnung«, sagte Simon, indem er mir gegenüber in einem Sessel Platz nahm. »Dann erzählen Sie mal.«
Ich nippte an meinem Kaffee, verbrannte mir die Zunge und stellte den Becher hastig zu meinen Füßen auf dem Boden ab. Ich war bereits zu dem Entschluss gelangt, dass ich Simon und Nikki die Wahrheit schuldete, oder zumindest so viel von der Wahrheit, wie ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt preiszugeben bereit war. Nicht nur, weil sie freundliche Leute waren, sondern auch, weil sie den Eindruck erweckten, erfahrene Zuhörer zu sein. Sie würden ziemlich schnell merken, wenn ich ihnen irgendeine erfundene Geschichte auftischte.
»Vor einigen Jahren habe ich in Rotherhithe gewohnt«, fing ich an. »In einem besetzten Haus. Diese
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